Frage: bindung (sehr lang)

lieber dr. posth! ich habe ihre beiträge zum emotionalen bewußtsein gelesen und bin jetzt sehr verunsichert was die bindung meines sohnes und mir angeht. gehört er zur dritten gruppe? johannes ist gerade 9 monate alt geworden. er kam mit einer notsectio zur welt, da ich den ks gut "vertragen" habe konnte ich mich aber gut um ihn kümmern (habe auch rooming in gemacht). als johannes 10-20 wochen alt war hatte ich einen panikanfall und vielleicht wochenbettdepressionen und hatte angst das alles nicht zu schaffen. jedenfalls habe ich eine stationäre therapie gemacht. der kleine wurde in dieser zeit von seinem papa versorgt. ich habe ihn fast täglich mehrere stunden gesehen, auch die meisten wochenenden. die ersten 10 wochen habe ich voll gestillt, dann weitere 6 wochen abgepumpt und gestillt wenn johannes bei mir war oder ich zu hause. die therapie hat mir sehr geholfen und ist für mich abgeschlossen. ich mache mir aber manchmal sorgen ob das meinem sohn geschadet haben könnte und ob unsere bindung dadurch beeinträchtigt wurde. ich will ihn mal beschreiben. johannes ist ein "motorischer frühstarter". er hat sich sehr früh in beide richtungen gedreht, das robben hat er mit 6,5 monaten begonnen und wenige tage später hat er damit angefangen, die wohnung zu erkunden und die regale auszuräumen. seitdem krabbelt er, zieht sich seit dem 7. monat überall hoch, läuft an der couch und am gitter. er ist ein sehr neugieriges kerlchen, besonders abends aber aucu verschmust. er kann gut alleine spielen und ist dann völlig versunken, wenn er etwas neues entdeckt. ich habe ihn nie schreien lassen. die ersten wochen hatte ich ihn sehr viel im tragetuch, auch während der therapiezeit, danach kaum, seit 4 wochen wieder häufig zum rausgehen. johannes mag das gerne. er hat am anfang, da er in seiner wiege nicht schlafen wollte, bei uns im bett geschlafen. eine weile hat er im eigenen bett geschlafen, war da aber nicht so zufrieden mit, seit 6 wochen haben wir einen babybalkon und das tut uns allen dreien gut. manchmal ist er anhänglich oder weint wenn ich den raum verlasse. wenn er wach wird und ich ins zimmer komme lacht er mich an. neulich mussten wir für eine stunde einen freund als babysitter holen weil wir dringen wegmussten. johannes hat geschlafen, als er wach wurde hat er geschrieen und erst ruhe gegeben als wir wieder dawaren(ca. 30 minuten geschrien). als er uns sah krabbelte er strahlend auf mich zu und hörte auf zu weinen. ich kann ihn i.d.r. schnell trösten wenn etwas ist.er krabbelt mir hinterher, wenn ich zu etwas leise nein sage hört er meistens und versteht auch so viel (das merke ich an seinen reaktionen). fremdeln tut er gar nicht. neulich hat er meine freundin mitten im spiel ganz komisch angeshaut und angefangen zu schreien; war das fremdeln? ich habe ihn da ich noch studiere an der uni in der kinderbetreuung (bislang x), ich gehe weg wenn er nicht schaut er hat bislang nicht geweint. wenn ich wiedergekommen bin war er ins spielzeug vertieft. ich habe ihn ein paarmal leise angesprochen da hat er aufgeschaut, hat gegrinst udn kam angegrabbelt. ist das ganz "gesund" oder entspricht das dem typ 3 der bindungen? beim arzt hat ihn ein ca. 12jähriges mädchen auf den arm genommen, er hat geschaut was ich dazu sage, ich habe nur geschaut weil das mädchen sehr sicher mit ihm umging, da hat er sich nicht gemeldet und ist dann auch mit ihr zur murmelbahn. ich bin gerade ziemlich verunsichert, denn einerseits habe ich den eindruck dass es gut läuft zwischen uns und besonders die letzten beiden situationen im hinblick auf ihren beitrag verwirren mich. bitte geben sie mir doch ihren blick auf unsere situation danke und lg, stephanie

Mitglied inaktiv - 16.10.2003, 16:04



Antwort auf: bindung (sehr lang)

Hallo, zunächst einmal kann auch ich an Ihrem Sohn nichts besonders Auffälliges finden. Alle seine Reaktionen erscheinen recht normal und zeugen, soweit ich es herauslesen kann, von einer sicheren Bindung. Die Tatsache, daß er Ihr verlassen in der Kinderbetreuung nicht mit Weinen quittiert hat, kann auch bedeuten, daß es ihm ganz einfach gut erging. Das gibt es ja auch noch. Man setzt solche Beurteilungskriterien eigentlich nur dann an, wenn ein Konflikt entsteht. so ist auch die Testsituation von M. Ainsworth gestaltet. Ergibt sich für das Kind keine Konflikt, vielleicht weil ihm das ganze Geschehen irgendwie sympathisch ist, dann erübrigt sich die weitere Betrachtung. Offenbar hat Ihr Sohn Ihr Verscheinden , vetieft in sein Spiel, auch gar nicht richtig bemerkt. Wäre ihm aber jetzt etwas auf den Kopf gefallen oder hätte ihn jemand unvorsichtigerweise erschreckt, hätte er wahrscheinlich furchtbar geweint und wäre im Falle der sicheren Bindung auf Ihrem Arm beim Zurückkehren sehr schnell zur Ruhe gekommen. Hätte er dann aber so getan, als ginge ihn das alles gar nichts an, hätte man den Verdacht auf eine vermeidende Bindung geäußert. Das alles ist immer dann interessant und wichtig, wenn im weiteren Verlauf der Selbstentwicklung Störungen in Erscheinung treten und man wissen will, woher kann das eigentlich gekommen sein kann. Wichtig auch deswegen, weil daraus handlungweisen ableiten kann, wie man der Störung am besten begegnet. Das von Ihnen beschriebene Fremdelphänomen wird eins gewesen sein, und es werden sicher verschiedene andere sehr versteckte Fremdelerscheinungen aufgetreten sein. Viele Grüße und alles gute weiterhin für Sie

von Dr. med. Rüdiger Posth am 17.10.2003



Antwort auf: bindung (sehr lang)

ich liebe meinen sohn, und wenn etwas nicht stimmen sollte, wie kann ich ihm helfen?!?

Mitglied inaktiv - 16.10.2003, 16:40



Antwort auf: bindung (sehr lang)

Hallo! Wenn ich mal was zu dir sagen darf.Ich habe jetzt aufmerksam einige Postings von dir gelesen.Du scheinst mehr auf Bücher zu hören also Fachliteratur.Kinder sind keine Maschinen.Sie funktionieren nicht nach Plan.Es gibt solche und solche.Manche sind frühreif manche nicht.Wußtest du das es sogar Babys gibt die sprechen können? Also wieso sollen Babys nicht schon ziemlich früh ihren Kopf durchsetzen wollen.usw zu deinem letzten Posting.Einige wollen nur ein paar tipps und sich austauschen, oder sicher gehen.Deswwegen ist nicht gleich jeder überfordert.Zu deiner Frage wieso hörst du nicht auf dein Gefühl.Du mußt doch merken, ob alles in Ordnung ist. Margot Das sollte kein Angriff sein ist nur meine Meinung

Mitglied inaktiv - 16.10.2003, 16:53



Antwort auf: bindung (sehr lang)

Hallo, sag mal, warum machst Du Dir eigentlich Sorgen. Das klingt doch prima, wie es mit Deinem Sohn läuft. Jedes Baby ist halt verschieden und Du hast anscheinend ein selbständiges neugieriges Baby. Mein Sohn ist auch mit seinen 5 Monaten sehr mobil, neugierig und auch selbstständig. Ich interpretiere sein Verhalten einfach so: er fühlt sich so wohl und geliebt bei uns, so das er die Welt entdecken kann und will. Und ich habe nicht den Eindruck wir hätten eine gestörte Bindung. zliche Grüße Nieke

Mitglied inaktiv - 17.10.2003, 09:30



Antwort auf: bindung (sehr lang)

Liebe Csillie, auch ich kenne von mir die fatale Neigung, mich (vor allem als Mutter) an solchen Standards zu messen und mir dann selbst Schuldgefühle einzureden. Ich denke, diese Neigung ist umso größer, wenn man von Haus aus etwas unsicher ist und dann in der so wichtigen ersten Zeit mit dem Baby etwas "dazwischenkommt", so wie in deinem Fall die Wochenbettdepression. Zunächst einmal: Was du über deinen Sohn schreibst, hört sich für mich völlig normal an. Nach meiner Erfahrung sind die "Herren der Schöpfung" bereits im ersten Lebensjahr im Durchschnitt deutlich mobiler und selbständiger als Mädchen. Neuere Studien weisen auch darauf hin, dass es tatsächlich solche "angeborenen" geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt. So, aber jetzt noch einmal grundsätzlich zu dem Bindungsmodell nach Ainsworth: Ich habe kürzlich eine Serie über Entwicklungspsychologie in den ersten Lebensjahren für ARTE übersetzt, und in einer Folge ging es auch um diese Theorie. Studien haben ergeben, dass nur rund 55-60% aller Kinder nach dem ersten Lebensjahr ein Verhalten zeigen, dass eindeutig einer so genannten "sicheren Bindung" zugeordnet werden kann. Ich denke, daraus darf man aber nicht den Umkehrschluss ziehen, dass 40 - 45 % aller Kinder später Sozialversager, psychisch gestört oder verhaltensauffällig sein werden. Was ich damit sagen will: Wie alle anderen psychologischen Modelle ist auch dieses zunächst einmal nur ein theoretisches Konstrukt, um bestimmte Verhaltenskonstellationen einordnen zu können. An anderer Stelle hat Doc Posth einmal (wie ich fand) sehr vernünftigerweise daran erinnert, dass solche Einteilungen keine "Normal-Unnormal"-Wertmaßstäbe sind, sondern lediglich ein wissenschaftliches Hilfsmittel, um bei möglicherweise (wohlgemerkt!) später auftretenden Schwierigkeiten einen Ansatzpunkt zu haben, um damit umzugehen. Solche Theorien sollen also nicht prinzipiell dazu dienen, Menschen in Kategorien von falsch/richtig oder optimal/suboptimal einzuteilen. Also, lange Rede, kurzer Sinn: Versuche, die ganze Sache ein wenig entspannter anzugehen, vor allem dein eigenes Selbstbewusstsein aufzupolieren und dich nicht selbst unnötig unter Druck zu setzen. So wichtig die erste Zeit auch sein mag: Es gibt später immer noch viele Möglichkeiten, später vieles gut und richtig (und viele vermeintlichen Versäumnisse wett-) zu machen. Liebe Grüße Nicole

Mitglied inaktiv - 17.10.2003, 15:16



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