Mein Sohn ist 9 Monate alt und hat einen Zahn. Er ist mit viel Vergnügen seine Breimahlzeiten und bekommt noch Muttermilch.
Interesse an unserem Essen wird immer stärker.
Wie gestalte ich den Übergang zum Familientisch?
Darf er von allem mal probieren, auch leicht gesalzenes Essen und blähendes in Teelöffel-großen Portiönchen? Ab wann sollte er Brot essen?
Wie sieht es mit der Verschluckungsgefahr aus, also wie klein sollten Nudeln beispielsweise für ihn sein?
Was koche ich denn, wenn er 12 Monate alt Ist? Darf er dann wirklich Linsensuppe und Curry essen? Wie viel Fleisch sollte ein Kleinkind Essen? Bei uns gibt es sehr selten Fleisch, aber unser Sohn soll bitte alle Nährstoffe erhalten, die er braucht.
Ich kann mir gerade ein Leben mit einem kleinen "Mitesser" noch gar nicht vorstellen, ich koche gern italienisch und asiatisch, das ist doch ein totaler Bruch zum Kartoffel-Gemüse-Fleisch-Brei, den er gewöhnt ist.
von
Clumsi
am 20.03.2017, 15:14
Antwort auf:
Wir führe ich an den Familientisch heran?
Hallo Clumsi
mit Brot kannst du beginnen. Bestreiche zum Frühstück etwa eine halbe Scheibe Brot dünn mit Butter/Maragrine, schneide die Rinde weg und schneide das Brot in kleine Stückchen. Fertig ist das Fingerfood.
Du kannst deinem Sohn jetzt mittags ruhig weiterhin seine gewohnten Breie geben, diese Breie kannst du variieren. Dazu kannst du Fingerfood und Familienkost anbieten.
Familienkost am besten immer so anbieten, dass diese häppchenweise erkundet werden kann. Dein Baby sollte die Speisen gefahrenfrei essen und schlucken können.
Lass ihn einfach immer und immer wieder kleine Mengen bei euch probieren, so wie du es auch vorhast. Das ist gut. Eure übliche Familienkost kannst du vorübergehend einfach weniger salzen und vor allem gesund und reichhaltig gestalten. Dein Baby kann damit erste lustige Erfahrungen sammeln und neue Lebensmittel kennen-und lieben lernen. Er kann sich mit kleinen Probiermengen einfach und langsam an die neue Aromen und Konsistenzen gewöhnen ohne überfordert zu werden.
Jetzt geht es in Ernährungsfragen um Vielfalt und Geschmack, um das Erlebnis von Gemeinsamkeit bei Tisch, um Esskultur sowie um das Erleben von neuen und auch einmal von außergewöhnlichen Geschmackserlebnissen (bspw saure Gurke, Zitrone, Olive). Du kannst vermehrt kleinkindtaugliche Familienkost zum Probieren anbieten. Diese Familienkost darf bereits schon gewürzt (sparsam) sein und auch Kuhmilch enthalten. Besonders gut eignen sich als Basis vor allem ganz einfache Speisen wie Kartoffeln, kleine Nudeln, weiche Gemüsesorten, weiches Obst, Brot. Im Rahmen der Familienkost sollte dein Sohn die Gelegenheit bekommen alles (kleinkindgeeignete) zu probieren.
Orientiere dich an den Bedürfnissen deines Kindes. Beobachte deinen Sohn und mache Angebote- Lass ihn mit Essen und Geschmack sowie verschiedenen Konsistenzen experimentieren. Esst zusammen, damit er euch genussvoll essen sieht und euch nachahmen kann.
Dein Kleiner sollte stückige Nahrung möglichst immer selbständig essen.- So kann er die Nahrung mit allen Sinnen erfahren und erleben (bspw zuerst mit den Fingern fühlen) und in seinem Tempo kennen und akzeptieren lernen.
Das Kennen lernen und die Gewöhnung an neue Familienspeisen funktioniert i.A. so:
Kinder untersuchen die neuen Dinge i.d.R. zuerst mit den Händen, dann erst mit dem Mund. Manches wird in den Mund genommen und nach kurzen Kaubewegungen geschluckt und manches aber durchaus wieder ausgespuckt. Es geschieht alles nur soweit, wie deine Kleine mit der Nahrung umgehen kann und will. Die angebotenen Speisen sollten darum etwas weich sein, damit sie mit dem Gaumen und der Kraft auf den Kauleisten zerdrückt werden können.
Du kannst also beginnen und die Zeit nutzen, um deinem Kleinen möglichst viele Lebensmittel, Speisen, Gerichte, einschließlich ihrer typischen Aromen anzubieten, damit er sich daran gewöhnen kann.
Biete eine große Vielfalt an Speisen und esst immer zusammen, weil du (und Papa und andere Esser bei Tisch) das beste Vorbild bist. Familienkost solltest du so zubereiten, dass dein Baby gefahrenfrei mitessen kann. Beim Fleisch ist es hilfreich bspw Hack anzubieten oder das Fleisch so kleinzuschneiden, dass er es gut schlucken kann. Gut und weich ist bspw Gulaschfleisch, Hühnchenschenkel oder Pute, Bratenfleisch oder Würstchen. Hackfleisch kann man auf vielerlei Arten zubereiten. Neben der klassischen Frikadelle gibt es noch weitere Möglichkeiten wie bspw in Sossen (Bolognese, Lasagne, Moussaka, Börek) oder als Füllungen.
Zu meiden sind im 1. Lj bspw:
Kernchen bei Himbeeren können im Mundraum stören und irritieren, beim Verschlucken ggf Probleme machen. Es ist empfehlenswert, solche Kernchen vor Verzehr zu entfernen (Marmelade, Eis, Joghurt besser ohne). Es sollte aber kein Problem sein, wenn deine Tochter ein paar Himbeeren pur isst - da kommt es einfach darauf an, wie sie individuell das empfindet.
Leinsamen und Chiasamen sind wegen des enormen Quellvermögens noch nicht optimal.
Betreffs Rohmilchkäse (und Listeriengefahr i.A., sowie Toxoplasmose, Salmonellen) ist es ähnlich wie bei Schwangeren - Kinder sind kleiner und dadurch schneller anfällig, und ihr Immunsystem ist noch nicht gut ausgereift. Nicht jeder Rohmilchkäse hat Listerien - die Wahrscheinlich ist hierbei nur höher. Vorsicht auch bei Rohkost - diese immer super gut waschen, waschen, waschen!
Wenn du Rohmilchkäse durcherhitzt, besteht keine Gefahr mehr und dein Kind kann mitessen.
Bei Weichkäse wie Brie oder Camembert kannst du die Rinde wegschneiden, dann verringerst du das Risiko enorm Listerien wachsen nicht ins Käseinnere.
Salami ist sehr würzig und eignet sich für die tägliche Ernährung noch nicht optimal. Schinken ist ebenfalls noch nicht geeignet.
Fischgerichte (auch bei Filet) immer genau auf Gräten prüfen. Fischstäbchen (können nach dem Garen von der Panade befreit werden) sind i.d.R. grätenfrei und eignen sich deshalb besonders gut.
Hirse, Quinoa und Amaranth sollten regelmäßig und in größeren Mengen besser erst ab dem 3. Lj auf den Tisch kommen. Kleine Mengen und das mal ab und zu sind kein Problem. Ausnahme: (Baby-)Hirseflocken.
Zwiebel, Knoblauch sind individuell unterschiedlich verträglich und deshalb gibt es keine Empfehlung :-)
Chili (ggf in Currypulver oder anderen Gewürzmischungen enthalten) unbedingt meiden.
Fertiggerichte sind häufig sehr würzig und deshalb nicht optimal. In reichlich Fett gebratene Speisen sind etwas schwerer verdaulich, weshalb sie für die Kleinsten vor allem abends weniger gut bekömmlich sind. Besonders Fleisch sollte deshalb schonend gebraten werden.
Rohe Möhre(Kohlrabi) und roher Apfel in Stücken der ganz sind noch zu hart und größere Stücke könnten abbrechen. Diese eher härteren Obst/Gemüsesorten eignen sich als Rohkost, wenn sie fein geraffelt oder im Multizerkleinerer zerkleinert, angeboten werden.
Paprikahaut ist schwer verdaulich, weshalb Paprika (am besten nur rot = süß) meist gut akzeptiert wird, wenn sie geschält angeboten wird.
Heidelbeeren kannst du ggf zerdrücken, bevor sie dein Kleine aufnimmt und sich in den Mund steckt. Die Gefahr der Aspiration ist bei Kleinkindern etwas höher und so ein kleines rundes Obststückchen könnte in die Luftröhre gelangen. Das sind alles Horrorszenarien - ich weiß - aber ich versuche einfach nur die vielfältigen Warnhinweise etwas zu erklären. Aus diesem Grund sind auch Nüsse nicht geeignet - nur gemahlen.
Keinen rohen Fisch (kein Sushi). Mit evtl Schwermetallen belastete Fische (Tunfisch bspw) eher selten geben
Keine rohen Eier. Kein Chili u. ähnliche scharfe Sachen.
Nicht zu viel Zimt, Quark nur im Rahmen der Familienkost.
Etwas Vorsicht bei der Speisenauswahl ist durchaus angemessen, aber übertreiben musst du es nicht. Kleinkindgerechte Speisen sollten gut kau - und schluckbar sein, mild gewürzt und nur zaghaft gesalzen sein. Wenn du dir bei etwas unsicher bist, dann gib deinem Kind erst mal nur wenig davon und nicht täglich.
Satt essen sollte sich dein Kind vorerst noch mit Baby/Kleinkindkost. Nimm darauf vorübergehend einfach etwas Rücksicht und gewöhne deinen Kleinen sanft an eure Lieblingsspeisen. Intensiv schmeckende Speisen kannst du bspw abmildern, in dem du eine Extraportion Gemüsebrei unterrührst oder für euch Großen erst am Tisch nachwürzst. Oder in dem du für deinen Kleinen vor dem Würzen eine Portion abnimmst und sanfter würzst, bspw weniger salzst oder Chili weglässt.
Grüße
Birgit Neumann
P.S.*
Hier kannst du noch ein paar Tipps und Infos zur Speisenplangestaltung für die Zeit nach dem 1. Geburtstag nachlesen:
http://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=42723&suche1=hauch+aroma+ahnung&seite=1
von
Birgit Neumann
am 22.03.2017