Soziale Angst Dreijähriger

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Soziale Angst Dreijähriger

Sehr geehrter Dr. Nohr, über Ihre „Ferneinschätzung“ freue ich mich und danke sehr. Unser dreijähriger Sohn, wir haben noch einen Einjährigen, ist ein eher ängstliches Kind. Seine Ängste finden sich vermehrt im sozialen Bereich: Er hat Angst und weint öfters, wenn andere Kinder oder Erwachsene lachen(!) oder weinen. Das ist auch selbst manchmal bei den primären Bezugspersonen so und bei weiteren Kontakten sehr ausgeprägt. In der Kita hält er sich phasenweise und sehr, sehr oft die Ohren zu, teilweise schon in Voraussicht, selbst wenn es leise ist. Er hat auch Spass in der Kita, aber aktuell überwiegt das Thema, Tränen am Morgen, dass er nicht hin möchte. Er sagt er mag es nicht, wenn andere laut lachen oder Kinder in seiner Gruppe weinen. Aber er ist gestresst und irritiert, selbst, wenn jemand angemessen „leise“ lacht. Grundsätzlich ist er nicht geräuschempfindlich. Wie können wir ihm helfen? Sind dies übliche Themen oder sollten wir uns Sorgen machen? Besten Dank für Ihre Rückmeldung.

von Nia82 am 30.11.2020, 00:02



Antwort auf: Soziale Angst Dreijähriger

Hallo, manchmal frage ich mich, warum nicht alle Menschen bei dieser Unmenge an input und Einflüssen viel mehr verunsichert sind. Es gibt wohl Systeme, die Reizüberflutung zu begrenzen, Unangenehmes auszuschliessen, sich vor zu viel zu schützen. Diese Systeme sind aber nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt. Für Ihren Sohn scheint es "Informationen" zu geben, die er noch nicht ausreichend entschlüsseln kann und die ihn deshalb ängstigen. Das bedeutet natürlich, dass soziale Kontakte für ihn viel anstrengender und evtl. auch bedrohlicher sind, als wir das annehmen.(Daher auch unsere Kommentare:" Ist doch nicht so schlimm...., macht doch nichts....., passiert doch nichts...." usw.) Für ihn ist das Erleben anders. Hilfreich könnte sein, wenn er in ruhigen Momenten (z.B. Einschlafsituation) Ihnen offen darüber erzählen könnte, ohne dass Sie gleich Tips und Hilfen vorschlagen. Dass er merken kann, dass Sie seine besondere Situation überhaupt verstehen. Wenn das so ist, kann man gemeinsam versuchen Ideen zu entwickeln, was in solchen Momenten helfen könnte. Dabei ist es am besten, wenn er das als seine Leistung ansehen kann, die Erfahrung macht, selbst Auswege und Lösungen finden zu können. Es geht also um Ermutigung auf dem Boden des Verstehens und Akzeptierens (also nicht die Korrektur von etwas Falschem). Dieser Weg ist langsam und langwierig, aber er kann langfristig helfen mit solchen "Bedrohungen" umzugehen. Nehmen Sie sich Zeit und geben Sie Zeit. Besonders hilfreich ist, wenn auch der Vater seinen ängstlichen Sohn akzeptieren und fördern kann. Alles Gute und genügend Gelassenheit dabei. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 30.11.2020



Antwort auf: Soziale Angst Dreijähriger

Hallo, könnte es sein, dass Dein Sohn hochsensibel ist? Unter dem Stichwort findest Du einiges bei Google. Wenn Du denkst, dass das zutreffen könnte, wäre vielleicht das Buch „So viel Freude, so viel Wut“ von Nora Imlau was für Dich. Viele Grüße!

von Curcuma am 30.11.2020, 23:23



Antwort auf: Soziale Angst Dreijähriger

Dankeschön, Herr Dr. Nohr. Das ist ein guter Ansatz, tatsächlich habe vor allem ich, immer viele Tipps gegeben, den Fokus mal nur aufs Verständnis zu legen, finde ich sehr gut. Danke Curkuma: Ich persönlich glaube nicht an das „Konzept“ Hochsensibilität. Ich glaube, unser Sohn ist sehr schlau und empfindsam. Wir hörten schon aus der Kita, sie vermuten Hochbegabung und Hochsensibilität. Wir sehen große Stärken und daneben Entwicklungsfelder: Seine Sensibilität fokussiert sich schon sehr auf den sozialen Bereich. Aber eben auch nicht nachvollziehbar. Manchmal ist er sehr kontaktfreudig und extrem aufgeschlossen. Tatsächlich ist wirklich der Tipp von Dr. Nohr an dieser Stelle Gold wert. Ich bin von meiner Persönlichkeit eher ein „Macher“ und sollte im Umgang mit meinen Kindern Dinge auch mal fließen lassen.

von Nia82 am 01.12.2020, 22:53



Antwort auf: Soziale Angst Dreijähriger

Danke für Deine Rückmeldung! Super, dass Du einen für Dich hilfreichen Gedankenanstoß bekommen hast. :) Viele Grüße!

von Curcuma am 02.12.2020, 00:50



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