Frage im Expertenforum Gestärkt durch die Kinderwunschzeit an Dr. phil. Dipl-Psych. Almut Dorn:

Wie gehe ich mit psychischer Belastung während der Kinderwunschbehandlung um?

Frage: Wie gehe ich mit psychischer Belastung während der Kinderwunschbehandlung um?

toga88

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Hallo Frau Dr. Dorn, ich (32) und meine Frau (31) sind seit ca. 9 Monaten in einer Kinderwunschbehandlung nachdem wir es vorher schon einige Zeit so versucht hatten. Bei mir wurde im Februar letzten Jahres Azoospermie diagnostiziert, nachdem ich im Jahr 2014 eine Hodenkrebserkrankung hatte. Trotz der Krebserkrankung haben wir auch wegen der Angaben des Arztes nicht mit einer Azoospermie gerechnet. Die Kinderwunschbehandlung betreiben wir jetzt mit vor der Krebsbehandlung kryokonservierten Spermien. Wir haben zwei gescheiterte ICSIs hinter uns und stehen gerade, wenn alle gut geht, ca. 1,5 Wochen vor dem Transfer von zwei kryokonservierten Embryonen. Wir stehen gerade beide enorm unter Anspannung und haben enorme Angst davor, dass es wieder nicht klappt. Seit der Diagnose Azoospermie fühle ich mich wirklich schlecht und habe leider das Gefühl, dass es immer schlimmer wird. Ich kann ganz schlecht schlafen, nehme bereits ein leichtes, vom Hausarzt verschriebenes Antidepressivum (Mirtazapin) und habe das Gefühl, dass sich bei mir alles um dieses Thema dreht und mir alles andere unwichtig ist. Ich habe auch enorme Angst, dass es mit dem Kinderwunsch gar nicht klappt und Schuldgefühle gegenüber meiner Frau, weil wir das alles wegen mir erleiden müssen und weil ich sie nicht gut unterstützen und aufmuntern kann, sondern selbst total angespannt bin. Hinzu kommt, dass gefühlt alle unsere Freunde gerade Kinder bekommen (am Wochenende haben wir es von drei Freunden, u.a. von der besten Freundin meiner Ehefrau erfahren). Das versetzt uns jedes Mal einen Stich, erhöht den Druck, dass es bei uns auch endlich klappen muss und führt dazu, dass wir den Kontakt zu Freunden auch abbrechen. Wir haben (teilweise anderes als unsere Freunde) eigentlich unser ganzes Leben auf ein Leben mit Kind ausgerichtet, sind schon ewig zusammen (und 4 Jahre verheiratet) und haben das Gefühl dass uns unsere Freunde alle "überholen". Haben Sie einen Tipp um die Anspannung jetzt gerade vor dem Kryoversuch etwas zu mindern und um mit den Schwangerschaftsnachrichten unserer Freunde umzugehen? Vielen Dank für eine Antwort. Mit freundlichen Grüßen


Dr. Almut Dorn

Dr. Almut Dorn

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Ich finde Ihre Anspannung sehr sehr nachvollziehbar. Es handelt sich beim Kinderwunsch ja um ein sehr zentrales Lebensthema, wie man in ihrem Freundeskreis auch sehen kann. Vor dem Embryotransfer dürfen Sie beide aufgeregt sein, das wirkt sich zumindest nach bisherigen Kenntnissen nicht auf die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit aus. Trotzdem brauchen Sie vielleicht auch einen Plan B. Was, wenn eine negative Nachricht kommt, mit wem reden Sie dann, können Sie sich eine gemeinsame Auszeit nehmen? Was kann sie auch ablenken (ich weiß, das ist gerade jetzt während der Lockdown Zeit extrem erschwert). Der Rückzug von Freunden hilft nur im Moment, um den Schmerz nicht zu spüren, dass die anderen Sie "überholen" - auf Dauer führt es zu Einsamkeit und nicht weniger schlechten Gefühlen. Hier gibt es eine Broschüre extra für Männer: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/unerfuellter-kinderwunsch/152970. Auch könnte ich mir vorstellen, dass Ihnen eine Paarberatung zu dem Thema sehr gut tun würde. Hier finden Sie extra geschulte Berater*innen: https://www.bkid.de/fuer-ratsuchende/beratungsfachkraefte-in-ihrer-naehe/


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