Frage im Expertenforum Gestärkt durch die Kinderwunschzeit an Dr. phil. Dipl-Psych. Almut Dorn:

Weg wieder zurück zum Leben finden

Frage: Weg wieder zurück zum Leben finden

Tauchmausmama

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Liebes Team, Wo fange ich an….. wir haben zusammen schon zwei tolle große Kinder (19 und 22) . Da die Schwangerschaften damals schon nicht so einfach waren (vorzeitige Wehen, Frühgeburt) hatten wir beide sehr lange unseren weiteren Kinderwunsch unterdrückt. Vor 1,5 Jahren dann gemeinsame Entscheidung- ja wir probieren es- die Medizin ist ja soviel weiter und mit 40 ist man heute ja auch nicht „zu alt“. Sofort klappte es im zweiten Zyklus, alles sah super aus dann plötzlich in SSW 11 kein Herzschlag mehr. Zweite Fehlgeburt dann 9SSW. Naja ein dritter Versuch - genetisch kann ja ü40 immer mal was sein. Positiv waren wir immer eingestellt - das schwanger werden war ja kein Problem. Dann hat es tatsächlich ebenfalls schnell wieder geklappt- alles sah super aus. Vor 3 Wochen Bei 23+2 Kontrolle in Uniklinik mittags um 3- alles gut, nur zu klein gewachsen, wöchentliche Kontrolle empfohlen- großer Bluterguss an der Plazenta (sei schon alt). Dann an dem Tag ging alles so schnell- plötzlich hatte ich gegen 5 starke Bauchschmerzen, um sieben Blutungen. Im Krankenhaus kam die Entwarnung, den Kind ginge es gut. Ich müsste nur 24h durchhalte zwecks Lungenreife. 11 Stunden später Notsectio bei totaler Plazentalösung- ich hatte 3l Blut in der Gebärmutter- Verbrauchskoagulopathie und nach 2 Operationen nur knapp überlebt. Unsere kleine konnte nicht gerettet werden, sie hatte zu schlechte Werte, musste reanimiert werden und mein Mann und ich entschieden uns, dass sie gehen darf (auf Empfehlung der Ärzte der Kinderintensiv) Auf der einen Seite bin ich dankbar dass ich leben darf, aber es quält mich so versagt zu haben vom Körper her- nur ein paar Stunden mehr Zeit…… Meine ganze Familie hatte Angst auch mich zu verlieren, aber zwischendurch ist es so schwer, wieder nach vorne zu schauen- wo ist der Sinn meines Lebens? Nach 3 unglücklichen Schwangerschaften halte ich kein Gesunde Baby im Arm- dabei sehne ich mich gerade jetzt so sehr danach- ich war so glücklich die Kleine noch so lange halten zu dürfen und fühle jetzt nur noch Leere. Und die traurige Gewissheit jetzt für immer den Kinderwunsch abschließen zu müssen…. Dabei würde ich am liebsten gleich wieder schwanger werden wollen…. Wir waren doch auch vorher glücklich und haben zwei tolle Kinder (hatte früher immer gesagt wir haben das Schicksal zweimal gefordert und Glück gehabt) Diese Gefühle sind so ambivalent….. Die Ärzte sagten eine erneute Schwangerschaft würde ich kaum überleben- das klingt so endgültig und hart- und irgendwie verliere ich dadurch aus Gefühl „Frau“ zu sein…. Meinen Patienten konnte ich immer irgendwie versuchen zu helfen (bi. Hausärztin), aber jetzt habe ich selbst den Glauben an die Medizin (hätte man mittags es schon erkennen müssen was passiert? Hätte die kleine dann eine Chance gehabt?) und an mich verloren. Medizinisch weiß ich das ich Symptome einer Anpassungsstörung mit beginnender depressiver Episode zeige - und ich versuche meine Resourcen wieder zu nutzen um herauszukommen- auch eine Therapie ist geplant… Danke fürs einfache „Zuhören“


Dr. Almut Dorn

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Es tut mir so leid, von Ihren Verlusten und dem Tod Ihrer kleinen Tochter zu hören. Die starke Trauer ist nachvollziehbar und zur Trauer gehören auch Selbstzweifel und Schuldgefühle. Durch die Schwangerschaft ist alles in Ihnen auf Muttersein ausgerichtet und jetzt fehlt das Kind, das gestillt, gepflegt, umsorgt und gehalten werden will - das ist extremst schmerzhaft - körperlich wie psychisch! Sie haben anscheinend die richtigen Hilfen schon auf den Weg gebracht. Eine Gruppe mit verwaisten Müttern/Eltern, die Kinder rund um die Schwangerschaft verloren haben, könnte noch hilfreich sein. Auch mache ich immer wieder gute Erfahrung damit, alle Geschehnisse in ein kleines Büchlein detailliert aufzuschreiben - denn auf der einen Seite möchte man Abstand zu dem Verlust finden, auf der anderen Seite möchte sich jede Faser daran erinnern. Nach dem Aufschreiben ist klar, dass keine Erinnerung verloren geht, dann darf der Kopf auch mal wieder etwas anderes denken. Das sind aber nur Anfänge der Bewältigung, gut dass Sie eine Therapie planen. Sie brauchen jetzt liebevolle Begleiter, Zeit und auch viel Verständnis für sich selber!


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