Frage im Expertenforum Gestärkt durch die Kinderwunschzeit an Dr. Petra Thorn:

Rat wegen massiver Angststörungen

Frage: Rat wegen massiver Angststörungen

Maya1807

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Liebe Dr. Thorn ich bin momentan in der 37. SSW und erwarte demnach bald mein erstes Kind. Bereits seit Beginn der Schwangerschaft leide ich unter extremen Ängsten. Täglich denke ich manchmal stundenlang darüber nach, ob ich mich mit Toxoplasmose oder Listerien angesteckt habe, was zu übertriebenem Waschen von Gemüse und Händen führt (Fisch esse ich nicht roh, Fleisch gar nicht, Rohmilchprodukte auch nicht). Seit ein paar Wochen (da war mal ein Spritzer auf der Frauenarzttoilette, den ich erst nachher gesehen habe - könnte aber auch von Spritzwasser oder meinen eigenen ungelenken Versuchen, den Urinbecher zu treffen, stammen - lässt sich nicht nachvollziehen) rede ich mir zusätzlich ein, dass ich jetzt alle möglichen Geschlechtskrankheiten haben könnte und irgendwas davon - sei es doch die Listeriose oder unerkannter, weil symptomloser Herpes oder vom FA nicht erkannte B-Streptokokken - werde ich bei der Geburt auf mein Baby übertragen, welches dann entweder geistig behindert wird oder stirbt. Nachdem letztens meine Oma bei mir zu Besuch war und ich nachher erfahren habe, dass sie ab und zu Genitalherpesausbrüche hat, habe ich eine Woche lang mit den Tränen gekämpft. Dabei ist meine Oma so reinlich, dass sie vermutlich die Letzte ist, die Urin auf der Toilettenbrille hinterlassen würde. Mein Mann freut sich total auf unsere Kleine und ich verbiete mir diese Freude, weil ich geistig Listen anfertige, bis wann Sepsis- und Meningitis bei welcher Krankheit auftreten, auf welche Warnzeichen ich achten muss und ab ab wann ich aufatmen kann. Sowas wie: Symptome durch Herpes beim Kind bis zur X. Woche nach Geburt, Symptome durch Streptokokken bis dann und dann wahrscheinlich usw. Mir ist voll und ganz bewusst, dass ich massive Angststörungen habe, da rede ich mir nichts ein. Natürlich wären diese Ängste deutlich geringer, wenn es das blöde Internet nicht geben würde und ich nicht alles googeln würde. Trotzdem ist mir klar, dass das Problem vor allem bei mir und in meiner Persönlichkeitsstruktur begründet liegt. Ich habe auch einen Verdacht, dass das Ganze irgendwie mit meiner Mutter zu tun hat. Sie hat sehr (!) weit fortgeschrittene Multiple Sklerose. Die Diagnose kam, als ich selbst im Kindergarten war. Sie war alleinerziehend (immer), ich Einzelkind und wir wohnten in einem Mehrfamilienhaus mit meinen Großeltern. Meine Oma ist emotional eher etwas unbeholfen, mein Opa Typ krankhafter Grübler und Pessimist, dem das Schicksal seiner Tochter sehr nahe ging. Meine Mutter ist charakterlich wie er und scheinbar wurde mir das krankhafte Grübeln vererbt. Ich habe jahrelang gesehen, wie es einem Menschen immer schlechter ging und die Behinderungen stärker wurden (motorische Probleme, Rollstuhl, Inkontinenz, komplette Lähmung und Bettlägerigkeit, geringer werdende geistige Fähigkeiten) und auch, wie sehr die Menschen um sie herum litten. Vor zwei Jahren haben meine Großeltern sie schweren Herzens ins Pflegeheim gegeben, da sie einfach nicht mehr konnten. Dort „vergammelt“ sie nun. Entschuldigen Sie den Ausdruck - ich weiß, dass das Pflegepersonal sein Bestes tut, aber dank Personalmangel ist die Pflege trotzdem kaum als ausreichend zu betrachten. Ich glaube, dass ich durch die Tatsache, dass ich mit Krankheit und Behinderung (wenn auch nicht angeborener oder durch Infektionen ausgelöster Art) aufgewachsen bin und mangels Geschwistern, „richtigem“ Vater oder wirklich emotionalen Gesprächen mit meinen Großeltern wenig soziale Ressourcen hatte, irgendwie einen „Knacks“ habe, der dadurch nicht besser wird, dass das ständige negative Denken und Grübeln in der Familie liegt. Ich frage mich und Sie, ob es irgendwas gibt, was ich tun kann. Ich möchte irgendwann sicherlich ein zweites Kind, habe aber schon jetzt Angst vor der zweiten Schwangerschaft, da ich ja noch in der ersten stecke und mich diese schon verrückt macht. Ich will unbedingt, dass sich etwas ändert - dass ich mich ändere. Ich weiß aber nicht mal, welche Art von Therapeut oder Therapieform etwas für mich ist und wie hoch die Chance auf Erfolg überhaupt wäre. Ich habe auch das Gefühl, dass die Gelassenheit meines Mannes sich gar nicht auf mich überträgt. In meinem Kopf läuft sowieso immer nur: ER kann das Kind mit nichts infizieren. Wenn es behindert wird oder stirbt, ist es MEINE Schuld und damit muss ich den Rest meines Lebens leben. Trotzdem weiß ich nicht, ob es nicht vielleicht sinnvoll wäre, ihn irgendwie miteinzubeziehen, wenn ich etwas in Richtung Therapie unternehme. Er ist mit meinen Heulattacken auch völlig überfordert und findet keinen Umgang damit, vlt. würde es ihm auch etwas bringen und in professioneller Umgebung könnte vlt. auch der oft daraus resultierende Streit vermieden werden. Denn abgesehen davon ist unsere Ehe toll und ich kann mir schon vorstellen, ihn einzubinden. Haben Sie Tipps, Anlaufstellen, Ideen, einen Rat? Und entschuldigen Sie bitte den langen Roman. Viele Grüße Maya


Dr. Petra Thorn

Dr. Petra Thorn

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Liebe Maya, ich würde Ihnen auf jeden Fall zu einer Therapie raten, vermutlich ist eine Verhaltenstherapie erst einmal die richtige Wahl, um Ihre Ängste einzudämmen. Ich würde Ihnen auch empfehlen, dies bald anzugehen, denn die Wartezeiten auf einen Therapieplatz mit Krankenkassenerstattung sind lange. Viellicht könnten Sie in der Übergangszeit einen Therapeuten aufsuchen, dessen Honorar Sie selbst zahlen, damit Sie vorankommen. Alle Krankenkassen haben in der Regel Listen von zugelassenen Therapeuten, die Sie anfordern können. Sicherlich rentiert isch auch ein Telefonat mit der Kasse, um Ihre Dringlichkeit zu schildern und einen Weg zu finden. Ich drücke Ihnen die Daumen und wünsche Ihnen trotz Ihrer Situation schöne Feiertage, Petra Thorn


IzzyP

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Es gibt neben den geringen Kapazitäten bei Therapeut*innen mit Kassensitz auch noch das Erstattungsverfahren, mit dem du die selbst bezahlten Sitzungen bei Therapeut*innen ohne Kassensitz erstattet bekommen kannst. Dafür musst du idR nachweisen, dass du innerhalb der nächsten Monate (6-12) bei ca 8-10 Therapeut*innen mit Kassensitz keinen Platz bekommen wirst (Was ja traurigerweise meist der Fall ist, falls nicht, herzlichen Glückwunsch, dann kann es ja los gehen :) ) Die telefonisch erfragten Wartezeiten zusammen mit Adresse der Therapeut*in und dem Datum des Anrufs zusammen mit deinem Schreiben mit Bitte auf Kostenerstattung sollte zumindest für die ersten probatorischen Sitzungen erst mal genügen, damit du erst mal eine passende Therapeut*in findest. Das Erstattungsverfahren kann dann auch für die Therapiestunden beantragt werden, wenn die Therapeut*in den Antrag stellt. Die Bearbeitungszeiten sind zwar auch ein bisschen länger, aber immer noch besser als die Wartezeiten auf einen Platz bei einer Kassentherapeut*in Ich drück die Daumen, dass du bald Hilfe findest


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