Wie finden wir den richtigen Rhythmus???

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie finden wir den richtigen Rhythmus???

Liebe Biggi, liebe Kristina, wir haben seit elf Tagen unsren zweiten Nachwuchs im Haus und sind sehr glücklich darüber. Den großen Bruder habe ich nach ein paar Startschwierigkeiten ein Jahr lang gestillt, daß heißt, die letzte Mahlzeit "zum Einschlafen" hatte er damals immer an der Brust gebraucht, sonst ging Schlafen bei ihm gar nicht. Es war für uns beide eine sehr schöne Erfahrung, die ich natürlich unsrem Jüngsten jetzt auch nicht vorenthalten möchte. Diesmal habe ich mir aber vorgenommen, ihn spätestens nach einem halben Jahr abzustillen. Ob ich überhaupt stille, habe ich lange Zeit vorab in Frage gestellt, weil ich aus gesundheitlichen Gründen selbst dringend eine neue Medikation mit Hormonen brauche, mein Arzt sich allerdings erst nach der Stillzeit da ran traut, obwohl das nach meinen Infos auch jetzt schon möglich wäre. Naja, jedenfalls strengt mich das Stillen beim zweiten Kind bisher noch mehr an, denn zum Einen habe ich mit dem Großen nebendran nicht so die Ruhe dabei und zum andren ist der Kleine ein richtiger Wonneproppen. Er kam mit 57cm und 4200g zur Welt und trinkt mich "völlig leer". Wenn er Hunger hat, ist er total hektisch, wackelt mit seinem Kopf hin und her und wenn er "angedockt" ist, saugt er richtig stark und fest seine Mahlzeit auf. Ich möchte ja, daß er satt wird und lasse ihn entscheiden, wann er fertig mit Essen ist. Bisher verhält es sich so, daß er gierig so zwanzig Minuten lang aus einer Brust trinkt, dann ist er so erschöpft, daß er darüber einschläft. Wecke ich ihn, um ihm die andre Seite anzubieten, lehnt er dankend ab. Versuche ich früher, nach der Hälfte der Trinkzeit, die Seite zu wechseln, wird er wieder richtig wild und zerbeisst mich fast. Das Ergebnis bleibt aber in beiden Fällen gleich: ich habe den Eindruck, es reicht ihm alles nicht aus, denn nach spätestens einer Dreiviertelstunde kommt er schon wieder und "fällt über meinen Busen her". Ist das so im Rahmen oder werden wir noch einen erträglicheren Rhythmus finden? Oder wird er tatsächlich nicht satt und ich sollte was dazu füttern? Ich kann die Situation noch nicht so richtig einschätzen und mache mir viele Gedanken darüber. So halte ich das komditionell wahrscheinlich nicht mal bis zum sechsten Monat aus (wobei ich mehr als genug Milch habe!) Haben Sie da Antworten und Empfehlungen für mich?! Herzlichen Dank, Hashomy

von Hashomy am 27.01.2015, 20:53



Antwort auf: Wie finden wir den richtigen Rhythmus???

Liebe Hashomy, ein so kleines Baby will durchschnittlich zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an die Brust. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Dabei ist es nun nicht unbedingt immer so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys und vor allem am späten Nachmittag und Abend kommt es verstärkt zu solchen Cluster Phasen. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Die Abstände zwischen den Stillzeiten können mit zunehmendem Alter des Kindes durchaus länger werden, doch in der Regel will ein Baby in diesem Alter im Durchschnitt mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Das Verhalten deines Babys entspricht also schon fast „lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem „non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: „Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. Du kannst dir und deinem Baby das Leben sehr viel einfacher machen, wenn Du dich auf dein Kind einlässt. Die oben erklärten Zusammenhänge machen es dir möglicherweise einfacher, dem Bedürfnis des Kindes entgegenzukommen, zumal es erwiesen ist, dass es sich langfristig auszahlt, diese Bedürfnisse jetzt zu stillen. Statt nun zu versuchen, Euer Kind zu längeren Abständen zu bringen, kannst Du es ja vielleicht mit einem anderen Ansatz versuchen: • nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ... • Vielleicht findest einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun. • Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss. • Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. • Eine Möglichkeit für die Nacht ist es, dass statt dir dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedes Mal dem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Das Verändern von Ritualen kann helfen. • Schau nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch dein Kind wird älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese „gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken und auch zu einem ruhigen Gespräch und Nähe mit deinem Mann. Vergiss dich selbst nicht: Gönne dir etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 27.01.2015



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