Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Verunsicherung Brustdrüsenentzündung

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Verunsicherung Brustdrüsenentzündung

EsraBal

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Liebe Biggi, erst einmal vielen Dank, dass es hier überhaupt die Möglichkeit gibt, dich zu kontaktieren. Ich brauche unbedingt deine Hilfe. Ich weiß gar nicht, ob ich hier so viele Fragen stellen darf, ich lege einfach mal los. Mein Sohn ist 31 Tage alt und ich bin mit dem Stillen total verunsichert. Ich hatte vor 2 Wochen eine sehr schlimme Brustdrüsenentzündung mit Milchstau und habe es nur mit der Einnahme von Antibiotikum wegbekommen. Irgendwie hat das beim Stillen alles durcheinander gebracht und jetzt habe ich diese doofe Entzündung tatsächlich seit 3 Tagen schon wieder, dieses Mal an beiden Brüsten. Fängt immer an mit extremen Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Fieber (39,4 ging mit Ibu aber runter). Wo vor einem halben Tag noch nichts war, ist auf einmal ein dicker Knoten und die Stelle ist feuerrot und heiß. Geht mega schnell. Ich war dieses Mal sofort in der Klinik und habe das gleiche Antibiotikum noch einmal bekommen (7 Tage). Ich habe extreme Angst, dass ich das ein 3. Mal bekomme. Es sind wirklich ganz schlimme Schmerzen und diese grippeähnlichen Symptome sind echt heftig. Außerdem will ich nicht ständig Antibiotikum nehmen. Ich bin extrem verunsichert, ob ich überhaupt alles richtig mache und ob meine Milchmenge in Ordnung ist. Zuvor hat die Milch wegen der Brustdrüsenentzündung nicht ausgereicht, er hat nur geschrien und wir waren total verzweifelt. Ich habe den Fehler gemacht, dass ich ständig abgepumpt hatte, um meine Milchmenge zu kontrollieren, ich glaube, das hat dann noch zusätzlich eine Saugverwirrung ausgelöst, durch die er nicht mehr richtig an der Brust getrunken hatte. Ich habe das Gefühl, dass es heute mit den Bockshornklee-Kapseln besser läuft, die ich den 3. Tag nehme. Er saugt wieder richtig und länger als 2 Minuten und schreit nicht mehr die Brust an. Aber darf ich die Kapseln überhaupt nehmen mit dem Milchstau und der Entzündung?! Nicht, dass ich dann zu viel Milch produziere und den 3. Milchstau begünstige? Ich mach mir auch totale Sorgen, ob die Trinkabstände okay sind, oder was ich besser machen kann. Aktuell meldet er sich tagsüber alle 2 bis 3 Stunden und nachts schläft er 5 bis 6 Stunden durch. Sind die 2 bis 3 Stunden okay? Ich habe Angst, weil er nachts so „lange“ schläft und stelle mir deshalb nach 3 Stunden den Wecker und pumpe ab. Ist das falsch oder während des Milchstaus okay? Was muss ich tun, damit sich nichts staut, wenn ich das Abpumpen nachts plötzlich sein lasse? Außerdem weiß ich nicht, wie lange ich ihn trinken lassen soll. Er trinkt pro Seite so 10 bis 15 Minuten. Ist das okay? Ist es schlimm, wenn er mal nur eine Seite trinkt, oder muss ich ihn immer mit allen Tricks sanft wecken und zum Weitertrinken animieren? Hast du eine Idee, was ich tun kann, um die Baktierien, die Brustdrüsenentzündungen auslösen, fern zu halten? Kann ich meine Brustwarzen mit Antiseptikum desinfizieren und danach abwaschen? Meine Brustwarzen sind immer mal wieder wund, je kürzer die Brustabstände sind. Sooo viele Fragen und ich freue mich auf deine Antwort!! Vielen herzlichen Dank! Liebe Grüße, Esra


Biggi Welter

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Liebe Esra, ja, eine richtige Brustentzündung ist schrecklich und ich kann es gut verstehen, dass Du da Angst bekommst! Immer wiederkehrende Milchstaus können oft ein Hilferuf sein, denn der Körper reagiert an seinem schwächsten Punkt und der ist bei einer stillenden Frau häufig die Brust. Es muss noch nicht einmal so sein, dass die Mutter den Stress, der auf ihr lastet als solchen wahrnimmt, aber er kann dennoch existieren. Deshalb könnte es Dir helfen einen Gang zurückschalten, in Dich hinein hören, wie Du Dich fühlst und ob Dich etwas belastet oder bedrückt. Und ganz wichtig: regelmäßig etwas für sich selbst tun, Möglichkeiten der Erholung finden und nicht vergessen, dass eine Mutter auch ein MENSCH ist. :-). Es gibt Frauen mit immer wiederkehrenden Milchstaus oder Brustentzündungen, bei denen es hilft, wenn sie ihre Ernährung umstellen und auf gesättigte Fettsäuren so weit wie möglich verzichten und stattdessen auf (mehrfach) ungesättigte Fettsäuren achten. Zusätzlich kann die Einnahme von flüssigem Lecithin und Vitamin C helfen. Sprich einmal mit dem Arzt oder dem Apotheker darüber. Außerdem ist es wichtig auf die allerersten Anzeichen eines Staus zu achten und gleich zu handeln. Um einen Milchstau oder eine Brustentzündung in ihren Anfängen zu überwinden oder um zu verhüten, dass sich ein Milchstau zu einer Brustentzündung entwickelt, sollte sich die Mutter ein bis zwei Tage mit ihrem Baby ins Bett legen, um sich auszuruhen und sich zu erholen. Idealerweise sollte ihr jemand während dieser Zeit die Hausarbeit ganz abnehmen. Ruhe für die Mutter ist mit das Wichtigste bei der Behandlung einer Brustentzündung. Vor jedem Stillen sollte feuchte Wärme auf die Brust einwirken. Ist das Stillen schmerzhaft, kann zuerst an der nicht betroffenen Seite und nach dem Einsetzen des Milchspendereflexes an der kranken Brust gestillt werden, und zwar solange, bis die Brust wieder weicher wird. Die Stillmahlzeit sollte dann an der ersten Brust beendet werden. Manche Frauen empfinden auch Quarkwickel als angenehm. (Bitte darauf achten die Brustwarze und den Brustwarzenhof beim Anlegen eines Quarkwickels auszusparen). Es gibt Frauen, die auf Quark allergisch reagieren, dann sollten keine Quarkwickel gemacht werden. Du kannst die Brust auch mit zerstoßenen Eiswürfeln, die in einen Waschlappen gepackt werden kühlen. Um eine gestaute Stelle zu entleeren, sollte jede Stillmahlzeit auf der betroffenen Seite beginnen, bis der Knoten und die Schmerzen vergangen sind. Es sollte alle eineinhalb bis zwei Stunden angelegt werden und dabei das Baby so gehalten werden, dass sein Kinn gegen die schmerzende Stelle gerichtet ist (erfordert manchmal etwas Akrobatik). Die Milch wird auf diese Weise besser herausgesogen und dadurch löst sich die Blockierung besser. Sanfte Massage kurz vor oder während des Stillens kann ebenfalls hilfreich sein. Häufiges Stillen (oder abpumpen) rund um die Uhr ist nötig, damit die Milch in der erkrankten Brust am Fließen gehalten wird. Abstillen musst Du sicher nicht! Und nochmals: Ganz wichtig ist Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe. Sobald Symptome wie Schüttelfrost, Fieber, Gliederschmerzen oder Kopfschmerzen usw. dazu kommen, sollte unverzüglich eine Ärztin/Arzt hinzugezogen werden. Auch wenn sich die Verhärtung nicht innerhalb von ein bis zwei Tagen bessert, sollte die Brust ärztlich untersucht werden (Frauenärztin/arzt oder Hausärztin/arzt). Lass Dein Baby ruhig schlafen, im Moment kannst Du schon kurz abpumpen, um einen Stau zu vermeiden. Ein voll ausgetragenes, gesundes und gut gedeihendes Kind kann schlafen, so lange es will. In der Regel weiß das Baby selbst am besten, was es wann braucht, gleich ob es sich dabei um Nahrung oder Schlaf handelt. Die einzige Ausnahme wäre ein schlecht zunehmendes Baby. Diese Kinder müssen unter Umständen von der Mutter geweckt und zu häufigerem Stillen angeregt werden. Es müssen auch nicht unbedingt beide Seiten gegeben werden, so lange ein Baby gedeiht. Wichtig ist das Gedeihen. Ob Dein Kind gedeiht kannst Du bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen: • mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, können Sie sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). • in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) • eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 150 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht (mit zunehmendem Alter verringert sich die durchschnittliche Gewichtszunahme), • eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, • Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs • ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein. Ob Du die Bockshornklee-Kapseln weiterhin nehmen sollst, kann ich nicht beurteilen, sprich einmal mit dem Arzt darüber. Wunde und/oder schmerzende Brustwarzen werden fast immer durch falsches Anlegen verursacht und auf Dauer hilft da auch keine Salbe oder Öl. Ein Antiseptikum kann die Haut sehr austrocknen, reines Wasser reicht eigentlich aus. Es wäre sinnvoll, wenn Du einmal versuchen würdest, einen schnellen Termin mit einer Kollegin vor Ort auszumachen, die Dir dann genau zeigen kann, wie Du Dein Baby korrekt anlegen musst. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Solange nicht die Ursache der wunden Brustwarzen beseitigt ist, sind alle Tipps wirklich nur Kosmetik und bringen keine langfristige Lösung! Hier trotzdem erstmal noch Tipps für eine Verbesserung der Heilung: o vor dem Stillen etwas Milch ausstreichen, um den Milchspendereflex auszulösen, bevor das Baby an die Brust anlegt wird. o an der weniger wunden Seite (so es eine gibt) zuerst anlegen o nach dem Stillen etwas Muttermilch ausstreichen und auf den Brustwarzen trocknen lassen (dies wird nicht empfohlen, wenn das Wundsein durch eine Soorinfektion verursacht wird, da Soor auf Milch gute Wachstumsbedingungen findet). o ausreichend hochgereinigtes Lanolin (unter den Handelsnamen Lansinoh, Purelan oder Lanosin erhältlich) auf die Brustwarze auftragen, um sie zwischen den Stillmahlzeiten feucht zu halten (aber nicht zu viel Lanolin verwenden, sonst wird die Brustwarze glitschig und das Baby kann beim Stillen abrutschen). Es hat sich herausgestellt, dass dadurch der Heilungsprozess bei wunden, offenen und blutenden Brustwarzen beschleunigt wird, wenn diese durch schlechte Stillhaltung, falsche Anlegetechnik oder Saugprobleme entstanden sind. o zwischen den Stillmahlzeiten Brustwarzenschoner mit großen Öffnungen und Löchern zur Luftzirkulation im Büstenhalter tragen, um die Brustwarzen zu schützen. Es können auch mehrere Einmalstilleinlagen aufeinandergeschichtet und in der Mitte ein Loch, das als Aussparung für die Brustwarze dient, hineingeschnitten werden. In manchen besonders schlimmen Fällen kann eine vorübergehende Stillpause, während der die Milch von Hand ausgestrichen oder mit einer guten Pumpe vorsichtig abgepumpt wird, sinnvoll sein. Das Baby wird während der Stillpause am besten mit einer alternativen Fütterungsmethode gefüttert. Auch über das Handausstreichen, Abpumpen und alternative Fütterungsmethoden kann dich eine Kollegin vor Ort genau informieren. Oder du schaust dir die Infoblätter von La Leche Liga Deutschland an, die du hier findest: http://lalecheliga.de/downloads Außerdem ist es sinnvoll, dass Du dein Kind so anlegst, dass die Wunde genau in seinen Mundwinkel zu liegen kommt, dann kommt nicht so viel Spannung drauf und sie wird weniger belastet. LLLiebe Grüße, ic hoffe, ich konnte Dir erst einmal etwas weiterhelfen. Biggi


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