Frage: Verunsicherung beim ersten Kind!

Ich werde im Juni mein erstes Kind bekommen und möchte den Kleinen auch sehr gerne stillen. Da ich in einem Familienbetrieb arbeite sind meine Eltern schnell auf meine Mithilfe angewiesen. Ich habe vor nach ca. 6 Wochen, wenn es mein Wohlbefinden zuläßt, wieder zu arbeiten. Kann ich den Kleinen auch weiterhin stillen, wenn ich nicht zu Hause bin, sprich Abpumpen? Unter Umständen ist es auch mal möglich das Baby mit zur Arbeit zu nehmen, aber das möchte ich nicht einreißen lassen. Ist es ratsam, nach nur 6 Wochen schon wieder abzustillen? Wie lange dauert das Abstillen? Vielen Dank für Ihre Antwort. LG Lajana

Mitglied inaktiv - 11.03.2002, 20:47



Antwort auf: Verunsicherung beim ersten Kind!

? Liebe Lajana, jeder Tropfen Muttermilch, den Ihr Baby bekommen kann, ist wertvoll für Ihr Kind. Deshalb ist es immer sinnvoll zu stillen, auch wenn es nur eine kurze Zeit sein sollte. Doch wenn Sie es wollen, gibt es keinen Grund nicht auch nach der Wiederaufnahme der Berufstätigkeit weiterhin zu stillen. Stillen und Arbeiten schließen sich keineswegs gegenseitig aus. In den USA gibt es alle unsere Mutterschutzgesetze und finanziellen Unterstützungen, die es einer Frau erlauben, eine Zeit zu Hause zu bleiben, nicht und die Frauen müssen sehr bald nach der Entbindung wieder außer Haus arbeiten. Dennoch stillen dort viele Frauen langebzw. pumpen ab und lassen die abgepumpte Milch vom Babysitter geben. In etwa den ersten sechs bis acht Wochen sollten Sie sich nur darauf konzentrieren, sich auf das Leben mit Baby einzustellen, Ihr Kind kennenlernen und Ihnen und Ihrem Kind Zeit geben, dass ihr gemeinsam das Stillen lernt. Nach etwa sechs Wochen ist damit zu rechnen, dass sich die Stillbeziehung einigermaßen eingespielt hat, Ihr Baby das korrekte Trinken an der Brust gelernt hat und ihr die ersten Wachstumsschübe überstanden habt. In diesen ersten Wochen sollte Ihr Kind möglichst KEINE künstlichen Sauger (Flasche oder Schnuller) bekommen, damit es wirklich lernt, gut und richtig an der Brust zu trinken. Ab etwa vier bis sechs Wochen können Sie dann beginnen, das Abpumpen zu üben. Das Trinken an einer Flasche erfordert immer eine andere Technik als das Trinken an der Brust und eine Saugverwirrung kann von jedem Sauger ausgelöst werden, ganz egal, was der Hersteller behauptet. Voraussetzung für ein erfolgreiches Abpumpen ist, dass Sie erstens wissen, wie es richtig gemacht wird und zweitens eine Pumpe verwenden, die zu Ihnen passt und effektiv arbeitet. Von vielen Frauen wird die „Isis" von Avent als sehr angenehm empfunden, die jedoch für eine Handpumpe relativ teuer ist. Absolut abzuraten ist von den Handpumpen, die aus einem Glasteil und einen Gummiball (wie bei einer Fahrradhupe) bestehen. Sie sind nicht nur ineffektiv und kaum zu reinigen, sondern können auch das Brustgewebe schädigen. Da Sie voraussichtlich häufiger und regelmäßig abpumpen, ist eine elektrische Pumpe anzuraten. Da gibt es unterschiedliche Modelle. Bei den Pumpen, die sowohl am Netz als auch mit Batterie betrieben werden können, habe ich gute Erfahrungen mit der MiniElectric von Medela und der Lactaline von Ameda (jeweils um die 110 €) gemacht. Mit diesen beiden Pumpen ist es auch möglich ein Doppelpumpset zu verwenden. Von Medela gibt es dann noch die PumpInStyle, das ist eine größere Pumpe für den Privatgebrauch, die allerdings schon etwa250 € kostet. Am besten lassen Sie sich von einer Stillberaterin in Ihrer Nähe zeigen und erklären, wie eine Pumpe verwendet wird. Außerdem wäre es vorteilhaft, wenn Sie sich zeigen lassen, wie das Ausstreichen der Brust von Hand funktioniert, denn Ihre Hände haben Sie immer dabei und das Handausstreichen kann ebenso effektiv sein, wie eine Pumpe. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Der Schlüssel zum erfolgreichen Abpumpen ist das Auslösen des Milchspendereflexes. Um den Milchspendereflex anzuregen hilft es, wenn die Frau sich in eine angenehme Umgebung zurückziehen kann, in der sie so wenig wie möglich gestört wird und sich entspannen kann. Das Einhalten eines Rituals beim Abpumpen und Konzentration auf das Baby (vor einem Foto des Babys oder neben dem Kind abpumpen) tragen dazu bei, den Milchspendereflex auszulösen. Wärmeanwendungen und Massage der Brust stimulieren den Milchspendereflex ebenfalls. Es hat sich bewährt, nach dem Schema 7 Minuten pumpen - unterbrechen zum Massieren der Brust - 5 Minuten pumpen - massieren der Brust - 3 Minuten pumpen, vorzugehen. Eine Brustmassage kann auch dazu beitragen den Fettgehalt der abgepumpten Milch erhöhen. Die Milch, die Sie beim Üben zusammenbekommen, können Sie aufheben und schon einmal einen Vorrat damit anlegen. Milch die über einen Zeitraum von 24 Stunden hinweg abgepumpt wird kann gesammelt, zusammengeschüttet und dann eingefroren werden. Es hat sich bewährt die Milch in kleinen Portionen (etwa 50 bis 60 ml) einzufrieren. Diese kleinen Mengen sind schnell aufgetaut und erwärmt und es muss nicht so viel Milch weggeworfen werden, wenn das Baby nicht alles trinkt. Es ist möglich frisch abgepumpte Milch auf bereits gefrorene Milch zu geben, vorausgesetzt die Milch wurde zunächst gekühlt und es ist nicht mehr frische Milch als bereits gefrorene Milch. Bei einem reif geborenen und gesunden Baby gelten die folgenden Zeitangaben zur Aufbewahrung von Muttermilch: Bei Raumtemperatur Reife Muttermilch • 24 Stunden bei 15 ° C (Hamosh 1996) • 10 Stunden bei 19 bis 22 ° C (Barger und Bull 1987) • 4 bis 6 Stunden bei 25 ° C (Hamosh 1996, Pittard 1985) Im Kühlschrank Reife Muttermilch • 8 Tage bei 0 bis 4 ° C (Pardou 1994) Im Tiefkühlgerät • 2 Wochen in einem Tiefkühlabteil in einem Kühlschrank • 3 bis 4 Monate in einem Tiefkühlabteil eines Kühlschranks mit eigenständiger Kühlung (unterschiedliche Temperatur, weil die Tür häufig geöffnet und geschlossen wird) • 6 Monate und länger in einem separaten Tiefkühlgerät bei konstant - 19 ° C. (Quelle: The Breastfeeding Answer Book Ausgabe 1997) Gefrorene Muttermilch ist schonend aufzutauen (keine Mikrowelle!!!). Entweder sehr langsam über 24 Stunden im Kühlschrank bei +4°C oder bei Raumtemperatur. Im Notfall kann die Milch auch schnell unter fließendem kaltem oder lauwarmen Wasser (max. 37°C) aufgetaut werden. Flaschenwärmer ist auch möglich, aber bitte das Wasser immer wechseln. Beim Füttern sollte die Milch etwa Körpertemperatur haben. Ist die Milch aufgetaut, muss sie sofort bis zum Verbrauch wieder in den Kühlschrank. Aufgetaute Muttermilch kann für 24 Stunden ungeöffnet bei +4°C aufbewahrt werden. Nach dem Öffnen des Gefäßes muss aufgetaute Muttermilch bei +4°C aufbewahrt und innerhalb von 12 Stunden verbraucht werden. Reste einer erwärmten Muttermilchmahlzeit müssen weggeworfen werden. Während Ihrem Arbeitstag werden Sie in etwa so oft abpumpen müssen, wie Ihr Kind trinken würde, in jedem Fall jedoch spätestens dann, wenn Ihre Brust zu spannen beginnt. Wenn Sie einen Kühlschrank zur Verfügung haben, können Sie die Milch aufbewahren und für Ihr Kind verwenden. Unter Umständen reicht auch eine Kühlbox mit Kühlelementen, um die Milch aufzubewahren. Gerade, wenn Sie in einem Familienbetrieb arbeiten und die Möglichkeit haben, Ihr Baby mitzunehmen, würde ich diese Möglichkeit nutzen, zumindest in den ersten Monaten. Die Ausgabe 2/2000 (März) des „buLLLetin - die andere Elternzeitschrift für den Still- und Erziehungsalltag" (die deutschsprachige Zeitschrift der La Leche Liga) beschäftigt sich unter dem Titel „Beruf und Berufung" mit dem Thema Stillen und Berufstätigkeit. Neben praktischen Tipps (Abpumpen, Aufbewahren von Muttermilch usw.) finden Sie in diesem Heft auch Erfahrungsberichte. Vielleicht ist der Inhalt dieses Heftes auch interessant für Sie. Das buLLLetin kann sowohl im Abonnement (unter der Adresse Fotorotar, Administration buLLLetin, Gewerbestraße 18, CH8132 Egg (ZH)) als auch als Einzelheft (buLLLetin Versand, Simone Kamer, Neumattstraße 20, CH3053 Münchenbuchsee oder auch beim Stillshop auf dieser Seite) bezogen werden. Falls Sie sich für das Abstillen nach den ersten Wochen entscheiden sollten, sollten Sie möglichst langsam vorgehen und nicht mehr als eine Stillzeit pro Woche ersetzen, damit sowohl Ihr Kind als auch Sie Zeit haben, sich an die Umstellung zu gewöhnen. Ein realistischer Zeitraum zum vollständigen Abstillen sind etwa sechs Wochen. Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben, wenn noch etwas offen geblieben ist, melden Sie sich einfach nochmals. Eine schöne restliche Schwangerschaft und eine gute Geburt. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 12.03.2002