Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Verstehe es immer noch nicht

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Verstehe es immer noch nicht

Mitglied inaktiv

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Hallo Frau Welter, mein Kind ist jetzt schon 8 Monate alt und die ganze Geschichte schon eine Weile her, aber ich will doch noch mal fragen (es wurmt mich immer noch). Ich konnte meinen Sohn, nach einer schoenen und schnellen Wassergeburt direkt anlegen, habe ihn dann auf dem Zimmer gehabt und konnte nach 2 Tagen nach Hause. Er hat immer gut gesaugt (haben alle bezeugt: Kinderaerztin, Stillberaterin von LLL und Frauenarzt) leider ist er aber nie satt geworden ..ich habe also die ersten 6 Wochen seines Lebens (und meines Mutterschutzes) damit verbracht, ihn zu stillen: normalerweise war es fast die ganze NAcht durch (teilweise 12 h am Stueck) und den ganzen NAchmittag lang (6h am Stueck) , morgens gings immer ganz gut. Einen Milcheinschuss habe ich nie bekommen und auch keine "vollen Brueste" wenn ich mal nicht gestillt habe. Nach 6 Wochen hat dann selbst die Kinderaerztin (die absolut fuers Stillen ist) geraten zuzufuettern, da er nicht zugenommen hat und den ganzen Tag vor Hunger geweint hat. Wir haben dann noch ein paar Wochen so weiter gemacht (von der beruehmten Saugverwirrung keine Spur - er fand Brust und Flasche gut). Als ich dann wieder anfing halbtags zu arbeiten, ging die eh schon nicht vorhandene Milch ganz weg und wir sind bei der Flasche geblieben ..leider .. Es ist jetzt schon mehr als 4 Monte her , aber ich moechte es doch gerne verstehen...gibt es tatsaechlich Frauen, die nicht stillen koennen? Was kann ich beim naechsten Kind anders machen ?? Vielen Dank im Voraus fuer Ihre Meinung.


Biggi Welter

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Liebe Iroedig, etwa 98 % aller Frauen können stillen, vorausgesetzt, sie bekommen die richtigen Informationen, werden korrekt unterstützt und wollen stillen. Der Umkehrschluss von dieser Aussage lautet: zwei Prozent aller Frauen können tun und lassen was sie wollen, können die beste Unterstützung der Welt erhalten und werden dennoch nicht (voll) stillen können. Gründe für eine zu geringe Milchbildung oder gar ein Ausbleiben der Milchbildung können in unterentwickeltem Drüsengewebe, aber auch bei Stoffwechselproblemen liegen (so hat eine Schilddrüsenunterfunktion möglicherweise einen gravierenden Einfluss auf die Milchbildung). Auch extrem starke Blutungen nach der Geburt können dazu führen, dass die Frau eine Art Hypophyseninfarkt erleidet und keine oder nur sehr wenig Milch bilden kann (Sheehan Syndrom). Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch das Stillmanagement in der Zeit unmittelbar nach der Geburt. Nicht immer, lässt sich alles, was in diesem Zeitraum nicht optimal gelaufen ist, wieder korrigieren. Es gibt die "Prolaktin Rezeptoren Theorie", die besagt, dass das häufige Saugen des Babys in den ersten Tagen der Stillperiode die Entwicklung der Prolaktinrezeptoren im Brustdrüsengewebe fördert. Bleibt die Förderung dieser Entwicklung durch zu wenig Stimulation aus, ist es nicht immer möglich die Milchmenge später entsprechend zu steigern. Im Tierversuch ist diese Theorie bereits belegt. Ein ganz anderer Gesichtspunkt, der keinesfalls so augenscheinlich ist, ist die Psyche der Frau. Wenn wir eine Frau mit Stillproblemen vor uns sehen, kennen wird nur sehr selten die Geschichte dieser Frau. Wir wissen in der Regel nicht, ob sie zum Beispiel als Kind oder Jugendliche missbraucht wurde und deshalb die Nähe, die das Stillen unwillkürlich mit sich bringt, nicht ertragen kann. Diese Frau will vielleicht wirklich stillen, versucht auch vieles und schafft es nicht, weil ihre Psyche es nicht zulässt. Leider ist dieser letzte Punkt viel häufiger die Ursache für Stillprobleme, als wir es uns oft vorstellen. Auch andere psychische Ursachen sind nicht gerade selten. Bei vielen Frauen ist es aber nach wie vor so, dass es schlicht und ergreifend an der mangelnden Betreuung und falscher Information liegt. So wird zum Beispiel immer noch geraten, dass stillende Frauen extrem viel trinken müssten, um die Milchbildung zu fördern, obwohl bewiesen ist, dass eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr zu einer Verringerung der Milchmenge führen kann. Es wird immer noch viel zu wenig Augenmerk auf das korrekte Anlegen und richtige Saugen des Kindes gelegt, beides Faktoren, die nicht nur wegen der wunden Brustwarzen sondern auch für die optimale Stimulation der Brust extrem wichtig sind. Viele Frauen werden immer noch angehalten das Stillen sowohl was die Häufigkeit als auch die Zeit an der Brust betrifft einzuschränken obwohl letztlich der wichtigste Faktor für die Milchbildung das häufige Anlegen bzw. Anregen der Brust ist. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, woran es bei Ihnen gelegen hat. Lassen Sie Ihre Gefühle der Trauer zu, aber bleiben Sie nicht dort stehen. Sie haben viele Möglichkeiten, Ihrem Kind Liebe, Nähe, Geborgenheit und Trost zu geben, auch wenn Sie nicht mehr stillen. Nicht nur stillende Mütter sind gute Mütter. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Vielen Dank fuer Ihre Antwort ja, dann war es wohl die extreme Schilddruesenunterfunktion, die ich nach der Geburt bekommen habe - nur leider wurde die bei mir erst 5 Monate spaeter entdeckt, als ich zu anstatt ab genommen habe. Tja, schade , bei all der Beratung, die ich hatte ... Gruss iroedig


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