Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

superunruhig beim Stillen

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: superunruhig beim Stillen

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Hallo Biggi, Mein Sohn ist jetzt 5 Wochen alt und die Stillmahlzeiten werden für uns beide von Mal zu Mal unbefriedigender. Er kam mit 4.340 g zur Welt und hatte "Anpassungsschwierigkeiten" d.h. die ersten Tage eine zu hohe Atemfrequenz und zu niedrigen Puls. Die nervöse Atmung hat er beibehalten, er hat Phasen da "hechelt" er stundenlang und ist einfach durch nichts zur Ruhe zu bringen. Schaukeln, herumtragen, diverse Positionen, nichts hilft. Nicht dass er die ganze Zeit weinen würde, aber er ist einfach nervös, würde ich sagen. Gestern z.B. hat er vormittags 3 Stunden geschlafen und war dann von 14 Uhr bis 21 Uhr wach. Das finde ich für so einen kleinen Mann ziemlich lange... Sein großer Bruder war von Anfang an von seinem Schnulli begeistert, der Kleine spuckt diverse Modelle aber sofort wieder aus. Die Unruhe hat er auch beim Stillen: er verschluckt sich ständig, läuft knallrot an, schluckt Luft, muss husten etc. (für einen Tipp wie ich ihn halten kann, damit er am schnellsten wieder Luft bekommt wäre ich übrigens auch dankbar...) Er atmet ein paarmal schnell, dann tinkt er ein paar schnelle Züge, usw. Seit ein paar Tagen ist es, als wäre ein unsichtbarer Dritter bei unseren Stillstündchen dabei, plötzlich lässt er die Brust los, fängt an zu brüllen, um sich die nächste Minute wieder gierig draufzustürzen und loszutrinken, als hätte er Schmerzen, oder die Milch würde ihm nicht schmecken (Du ahnst es sicher - natürlich verschluckt er sich dann...) und so geht das die ganze Zeit. Oder er ist dann erschöpft und berührt nur mit den Lippen etwas die Brust und muss dann erst wieder dazu gebracht werden, weiterzutrinken. Erst war es nachts und wenn wir ungestört waren noch besser, aber in der Zwischenzeit ist es auch chaotisch, wenn wir ganz alleine sind. Ich hatte zu Beginn ziemlich viel Milch, das hat sich aber einigermaßen reguliert und ich habe auch Euren Tipp mit Baby liegt höher als Brust versucht - trotzdem verschluckt er sich und lässt die Brust abwechseld los und schnappt gierig wieder danach. Ich lasse ihn auch immer ausgiebig Bäuerchen machen, aber meistens kommt doch noch mehrmals etwas zurück, sobald ich ihn flacher halte. Mein großer hatte Hautprobleme und ich möchte auf jeden Fall 6 Monate voll und bis zum 1. Geburtstag teilstillen, aber SO schaffen wir das nicht... schon im Voraus tausend Dank für Deine Hilfe!


Biggi Welter

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Liebe Mathismum, eine ganz wichtig Lektion, die wir Mütter alle lernen müssen lautet: Wir können unsere Kind nicht immer glücklich machen, selbst wenn wir uns dafür auf den Kopf stellen würden oder uns selbst restlos aufopfern würden. Es steht nicht immer in unserer Macht, unsere Kinder stets glücklich zu machen, aber deshalb sind wir keinesfalls schlechte Mütter (Eltern). Babys sind von Geburt an (bzw. bereits im Mutterleib) eigene, individuelle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, Temperament und auch mit eigener Stimmungslage. Ob eine Mutter ein ruhiges, zufriedenes, (fast) immer lächelndes Baby hat oder ein Kind, das als "Schreibaby" bezeichnet wird, das hängt nicht zwingend von ihren Fähigkeiten als Mutter ab. Vieles ist einfach angeboren. Wenn dein Kind sehr unruhig und unzufrieden ist, dann kann es sein, dass es ein Baby mit erhöhten Bedürfnissen ist, ein High Need Baby, wie diese Kinder von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. William Sears genannt werden. Ein High Need Baby braucht sehr viel mehr Einsatz von seiner Mutter/Eltern. Es ist kein "pflegeleichtes" Kind. Oft zeigen sich die Erfolge der Bemühungen der Mutter erst nach längerer Zeit und die Mutter zweifelt an sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter/Eltern wissen, dass es High Need Babys gibt und wissen, dass sie keine "Schuld" haben. Sehr gut beschrieben sind Hig Need Babys in dem Buch "Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears und Dr. Sears gibt auch Anregungen und Erklärungen, was Eltern tun können, um zu einem einfacheren Alltag mit ihren Kindern zu kommen. Das Buch ist im Buchhandel, bei der LLL, jeder LLL Stillberaterin und im Stillshop auf dieser Seite erhältlich. Gerade wenn dein Baby so unruhig ist, solltest Du auf alle künstlichen Sauger unbedingt verzichten! Der Schnuller ist nicht die einzige Möglichkeit, ein aufgebrachtes oder sonst wie unruhiges Kind zu beruhigen, es gibt auch Alternativen. Du (bzw. dein Mann) kannst dein Kind tragen. Durch das Tragen wird das Bedürfnis des Kindes nach Körperkontakt, Geborgenheit, Wärme und Nähe gestillt und mit einem gut gebundenen Tragetuch hast Du mindestens eine Hand frei, um andere Dinge zu tun. Ihr könnt ein Nest bauen. Auch hier ist die Begrenzung der springende Punkt, der dem Kind Geborgenheit vermittelt. Massage, eine warmes Bad oder auch ein warmes Körnerkissen können beruhigend wirken. Schaukelbewegungen (Wiege, Hängematte, Schaukelstuhl, mit Tragetuch spazieren gehen, Kinderwagen), monotone Geräusche (Staubsaugen, Auto fahren), beruhigende Musik, Singen und Tanzen mit dem Baby und auch der Schutz vor Überreizung (viele Besucher, Fernseher) helfen einem Kind sich zu beruhigen. Als Saugersatz bietet sich ein Finger (von Kind oder Vater oder Mutter) oder eventuell auch ein Lutschetuch an. Sicher ist es nicht immer der leichteste Weg, wenn die üblichen "ausgetretenen" Pfade verlassen werden, aber ich denke, es lohnt sich, andere Alternativen zu versuchen. Wenn ein Schnuller eingesetzt wird, dann wirklich absolut sparsam, so wie ein Medikament. Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (leg dir eine Windel zum Auffangen der Milch hin und vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das "Berg auf Stillen". Dazu hältst Du dein Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als deine Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnst Du dich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützt Du dein Baby von unten mit zwei Kissen in deinem Schoß und lehnst dich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Weitere Möglichkeiten einem starken Milchspendereflex zu begegnen sind: erhöhe die Häufigkeit der Stillmahlzeiten. Dadurch verringert sich die Menge der gestauten Milch in den Milchseen und damit die Milchmenge, die während des Milchspendereflexes freigegeben wird. Wenn Du die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten vergrößerst , verschlimmert sich das Problem noch weiter. biete nur eine Brust pro Mahlzeit an. Diese Vorgehensweise kann durchaus hilfreich sein, obwohl es nicht zu dem passt, was üblicherweise gesagt wird. Aber das Ziel ist es die Brust weniger zu stimulieren. Wenn dein Baby quengelt und oft trinken möchte, kann es nötig sein, dass Du ihm mehrere Male dieselbe Brust über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden anbietest, bevor Du die Seite wechselst. Wenn sich die zweite Brust zwischendrin zu voll anfühlt oder spannt, solltest Du gerade soviel Milch ausstreichen, dass Du dich wohl fühlst, um die Milchproduktion nicht zu sehr anzuregen. stille dein Baby wenn es gerade wach geworden ist. Es wird dann eventuell nicht so stark saugen, wie wenn es richtig wach und hungrig ist. Wenn das Baby weniger intensiv saugt, ist häufig auch der Milchspendereflex weniger stark. versuche verschiedene Stillpositionen (auch das oben beschriebene Berg auf Stillen) Eventuell kann dein Baby auch schon an deiner Brust trinken während es auf deinem Bauch liegt. So könntest Du dann im Liegen stillen und das Baby anschließend auf deinem Bauch einschlafen lassen.) lass das Baby oft aufstoßen. vermeide den Gebrauch von künstlichen Saugern und Schnuller. Mit dem Schnuller lässt sich ein Baby vielleicht hinhalten, aber es bleibt hungrig. Die Milch wird dann um so mehr mit Macht herausschießen, vor allem je mehr das ausgehungerte Baby kräftig saugen wird Besonders unruhige Babys, die sich an der Brust steif machen und nach hinten überstrecken, können auch gebündelt werden. Beim Bündeln wickelst Du dein Baby gut in eine Decke ein, so dass seine Schultern nach vorne geneigt und die Arme unterhalb der Brust gekreuzt sind. So kann es den Kopf nicht zurückwerfen. Bei manchen Babys bewährt es sich, wenn die Decke unten offen bleibt, so dass die Füße frei bleiben. Wenn Du dein Kind auf diese Weise eingepackt hast, sieht es wie ein "C" aus, mit dem Kinn auf der Brust und angezogenen Beinchen. Häufig reicht diese Maßnahme aus, das Baby zu beruhigen und es trinkt dann besser an der Brust. Manche Babys brauchen Halt im wahrsten Sinne des Wortes um weniger zappelig zu sein. Ganz allgemein kann ich dir nur wärmstens empfehlen, dich an eine Stillberaterin vor Ort zu wenden und in einem direkten Gespräch mit einer Kollegin, die verschiedenen Möglichkeiten, warum dein Kind sich an der Brust so unruhig verhält durchzusprechen. Im direkten Kontakt lässt sich sehr viel einfacher eine Lösung finden. Wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst, suche ich dir gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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