Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillproblem an der 2. Seite

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillproblem an der 2. Seite

Mitglied inaktiv

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Hallo, mein Junge (8,5 Wochen alt; Geburtsgewicht 3.710) hat von Anfang an kräftig gesaugt und getrunken. Ich musste anfangs zusätzlich abpumpen und sogar ein paar Mal Zufüttern um ihn satt zu bekommen. Die ersten Wochen hat er ziemlich lange an jeder Seite getrunken (ca. 30 Min pro Seite); nach einigen Wochen hat es dann ein paar Tage lang wunderbar geklappt mit ca. 20 Minuten auf der einen Seite und dann nochmal ca. 10 auf der anderen. Seit 1 Woche trinkt er jedoch nicht mehr so richtig. Die erste Brust nimmt er noch ganz brav - allerdings meist nur ca. 7 Minuten (wobei er dabei während dem Trinken kaum Pausen macht) - dann lässt er los. Manchmal gehe ich ihn dann wickeln, weil er müde ist; manchmal ist er dann aber noch so unruhig, schlägt den Kopf hin und her; stößt sich mit seinen Beinen ab und biegt den Körper durch. Also nehme ich an, dass er noch Hunger hat. Wenn ich ihn dann aber wieder auf die Seite zum Trinken lege, fängt er meist schon zum Schreien an und nimmt dann die Brust nicht mehr (auch wenn ich ihm die zweite Seite anbiete). Manchmal nimmt er die Warze zwar noch in den Mund saugt dann aber nicht, sondern fängt zum Schreien an. Meist kann ich ihn dann nur mit Schnuller beruhigen; manchmal kann ich den dann "ziehen" und ihn ganz schnell an der Brust anlegen, dann trinkt er nochmal. Ist aber auch während dem Trinken dann häufig unruhig; lässt die Warze nicht los, bewegt aber ständig den Kopf hin und her. Anfangs dachte ich, dass er dann vielleicht einfach keinen Hunger mehr hat. Wenn ich ihm dann aber keinen Schnuller gebe, bleibt er so unruhig. Außerdem hat er dann oft nach 1,5 Stunden wieder Hunger und das Spiel geht von vorne los... Woran kann das liegen? Mein Mann schlägt dann der einfachheithalber vor, ihm noch eine Flasche zu geben; die würde er dann vielleicht sogar noch trinken. Aber eigentlich will ich ihn ja gerne voll stillen. Inzwischen graut es mir allerdings schon immer ein bißchen vor dem Theater und es ist traurig, dass fast jedes Stillen mit Schreien und Tränen endet... Grüße, Veronika


Biggi Welter

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Liebe Veronika, für dieses Verhalten kann es eine Vielzahl von Gründen geben und ohne weitere Angaben und ohne euch sehen zu können, bin ich auf's Raten angewiesen. Eine Möglichkeit ist die, dass der Kleine gelernt hat schnell zu trinken und schlicht satt ist. Bekommt der Kleine einen Schnuller oder eine gelegentliche Flasche? Dann könnte eine Saugverwirrung vorliegen. Dazu zitiere ich aus dem "Handbuch für die Stillberatung" von La Leche Liga: "Viele Stillexperten haben beobachtet, dass ein Neugeborenes auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren kann (Neifert, 1995). Diese Verwirrung kann dadurch verursacht werden, dass das Baby seine Zunge, seinen Kiefer und seinen Mund beim Stillen anders bewegt als beim Saugen an einer Flasche, einem Beruhigungssauger (chnuller) und den meisten Formen der Stillhütchen (Newman, 1990). In einer Studie zeigte sich, dass 30 % der Mütter, deren Babys im Krankenhaus Flaschen erhalten hatten, von ernsthaften Stillproblemen berichteten, gegenüber 14 % der Mütter, deren Babys keine Flasche erhalten hatten (Cronenwett, 1992). Kittie Frantz, eine frühere LLL-Stillberaterin, Kinderkrankenschwester und Ausbilderin für Stillberatungskurse an der Universität von Kalifornien, Los Angeles, schätzt, dass künstliche Sauger während der ersten drei bis vier Wochen bei 95 % der Babys zu einer Saugverwirrung führen. Manche Babys reagieren nach einer Woche, während der sie mit der Flasche gefüttert wurden, mit einer Saugverwirrung, andere bereits nach ein oder zwei Flaschen - oder anderen künstlichen Saugern. Ein Baby, das in den ersten drei oder vier Wochen gut an der Brust trinken gelernt hat, ist weniger anfällig für eine Saugverwirrung. ... Dr. Ruth Lawrence warnt vor dem Gebrauch eines Beruhigungssaugers während der ersten Lebenswochen, weil die Möglichkeit besteht, dass das Baby auf den Sauger "geprägt" werden kann. Diese "Prägung" kann dazu führen, dass das Baby eine Vorliebe für feste und unnatürlich geformte Sauger entwickelt. Der Begriff "Prägung" wird auch benutzt, um die Bindung zu beschreiben, die manche Tiere zu dem ersten Objekt oder Lebewesen aufbauen, das sie zu Gesicht bekommen. "Das Saugen am Daumen oder Beruhigungssauger stellt eine Ersatzhandlung dar für etwas, was normalerweise zu einer Prägung auf die mütterliche Brustwarze führt. ... Auch wenn der Begriff ›Saugverwirrung‹ noch keinen Eingang in die medizinische Literatur gefunden hat, gibt es eindeutige psychosomatische Beweise dafür, dass die Prägung eines Menschen durch die Einführung eines Fremdobjektes während der Prägephase verändert werden kann" ." Manche Kinder reagieren auch so auf einen starken Milchspendereflex. Dann schießt die Milch geradezu aus der Brust und damit kommen nicht alle Kinder zurecht. Es kann auch sein, dass das Kind sehr leicht ablenkbar ist. Bei Babys, die in einer der Phasen sind, in denen sie besonders leicht ablenkbar sind, hat sich bewährt, sich zum Stillen mit dem Baby in eine ruhige und ablenkungsarme, "langweilige", eventuell auch abgedunkelte Umgebung zurückzuziehen. Am besten wenden Sie sich einmal an eine Kollegin vor Ort und besprechen Ihre Situation in aller Ruhe mit ihr. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi


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Liebe Biggi, Danke für die schnelle Antwort. Zu Deiner Frage: Ja, der Kleine hat und zu die Flasche bekommen (weil ich anfangs nicht genug Milch hatte) und hat auch ab und zu einen Schnuller. Nun habe ich aber noch ein paar Fragen zu Deiner Antwort: 1. Wenn es wirklich eine Saugverwirrung wäre, warum nimmt er dann die erste Seite ohne Probleme? 2. Sollte es tatsächlich eine Saugverwirrung sein, wie geht man dann damit um? Wirklich konsequent Schnuller und Flasche weglassen? Auch, wenn es dann sicherlich (vielleicht anfangs) mehr Geheule gibt? 3. Machst Du auch Stillberatung vor Ort? Ich wohne nämlich in Augsburg... Grüße, Veronika


Biggi Welter

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Liebe Veronika, manchmal ist es so, dass ein Kind gut trinkt, so lange die Milch fast von alleine sprudelt und erst schimpft, wenn es an der Brust "arbeiten" muss. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Nun kann ein verhängnisvoller Kreislauf beginnen: da das Kind mit der falschen Technik an der Brust trinkt, wird es an der Brust hektisch, saugt an, lässt wieder los, dreht den Kopf hin und her schluckt viel Luft (die wiederum führt möglicherweise zu Bauchproblemen) und da es die Brust nicht mehr richtig stimuliert kommt es zu einem Rückgang der Milchmenge und damit zu weiterem Zufüttern, wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird. Eine Saugverwirrung ist alles andere als lustig und Stillberaterinnen wissen aus Erfahrung nur zu gut, warum sie künstlichen Saugern wie Schnuller und Flasche kritisch gegenüberstehen, denn beide bescheren uns immer wieder eine Menge "Beschäftigung". Du solltest in den nächsten Tagen wirklich ganz konsequent auf alle künstlichen Sauger verzichten, vielleicht löst sich das Problem von ganz alleine. Der Schnuller ist nicht die einzige Möglichkeit, ein aufgebrachtes oder sonstwie unruhiges Kind zu beruhigen, es gibt auch Alternativen. o Das Kind kann getragen werden. Durch das Tragen wird das Bedürfnis des Kindes nach Körperkontakt, Geborgenheit, Wärme und Nähe gestillt und mit einem gut gebundenen Tragetuch hat man mindestens eine Hand frei, um andere Dinge zu tun. o Das Kind kann gebündelt werden. Das Bündeln gibt dem Baby das Gefühl von Geborgenheit und lässt es seinen Körper und seine Grenzen spüren. Das Gefühl von Begrenzung hilft dem Kind sich sicher zu fühlen. o Man kann ein Nest bauen. Auch hier ist die Begrenzung der springende Punkt, der dem Kind Geborgenheit vermittelt. o Massage, eine warmes Bad oder auch ein warmes Körnerkissen können beruhigend wirken. Schaukelbewegungen (Wiege, Hängematte, Schaukelstuhl, mit Tragetuch spazieren gehen, Kinderwagen), monotone Geräusche (Staubsaugen, Auto fahren), beruhigende Musik, Singen und Tanzen mit dem Baby und auch der Schutz vor Überreizung (viele Besucher, Fernseher) helfen einem Kind sich zu beruhigen. Als Saugersatz bietet sich ein Finger (von Kind oder Vater oder Mutter) oder eventuell auch ein Lutschetuch an. Ich selbst wohne nicht in Augsburg, sondern auf dem Lechfeld, Du kannst dich an Frau WITTMAIR, Susanne, Tel.: 090 78 - 91 27 81 wenden, sie arbeitet in Augsburg. LLLiebe Grüße, Biggi


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