Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillmüdigkeit

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillmüdigkeit

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Liebe Biggi, ich gehöre zu den Frauen, die gerne stillen, aber doch auch ihre Grenzen haben. Mein Kind ist nun 4 Monate alt und ich fühle mich sehr erschöpft durch das Stillen und würde gerne weniger oft stillen müssen. Was ist in dieser Situation besser: das Ersetzen einiger MuMi Mahlzeiten durch Pulvermilch oder langsames Zufüttern? Ich finde das mit den 6 Monate voll stillen immer so ein Dogma, denn was soll ich in meiner Situation tun? Das Stillen soll doch kein Zwang sein, oder?


Biggi Welter

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? Liebe Mara, Stillen ist kein Dogma, auch nicht die Zeitdauer, die empfohlen wird. Es ist einfach so, dass in unzähligen Studien belegt wurde, dass es für das Kind und die Mutter gut und sinnvoll ist zu stillen und dass eine Vollstillzeit von sechs Monaten und anschließendes Weiterstillen mit angemessener Beikost anzustreben ist. Sowohl Mutter als auch Kind profitieren vom Einhalten dieser Empfehlung, doch das bedeutet selbstverständlich nicht, dass jede Frau gezwungen wird, sich daran zu halten. Wohl jede Frau, die etwas länger stillt, kennt das Gefühl stillmüde zu sein. Bei manchen Frauen führt dies zum Abstillen, andere hingegen überwinden diese „Krise" und stillen dann noch lange mit erneuter Freude weiter. Was dich müde macht und auslaugt ist jedoch nicht das Stillen, sondern die Tatsache, dass Du Mutter bist. Mutter sein ist ein 24 Stunden Job, sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr, ohne Urlaubsanspruch. Kein „normaler Mensch" würde einen solchen Arbeitsvertrag unterzeichnen. Diese Arbeit ist anstrengend, auch wenn nicht gestillt wird. Im Gegenteil, durch das Stillen bekommt die Frau oft die Gelegenheit, sich auch am Tage einmal hinzulegen oder zumindest sich hinzusetzen, die Füße hoch zu legen und ein paar ruhige Minuten mit dem Kind zu verbringen und die Einführung von Beikost oder künstlicher Säuglingsnahrung ist keine Garantie für ruhigere Nächte oder was auch immer Du dir davon erhoffst. Statt nun das Stillen einzuschränken oder gar abzustillen, kannst Du es ja vielleicht mit einem anderen Ansatz versuchen: • nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ... • Vielleicht findest einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Baby zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun. • Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss. • Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. • Schau nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch dein Kind wird älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Falls Du in jedem Fall mit anderer Nahrung beginnen willst, dann dürfte dein Kind noch zu jung für Beikost sein. Schau dir dein Baby doch einmal in Hinblick auf die folgenden Punkte an: • es ist in der Lage aufrecht zu sitzen, • der Zungenstreckreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, • es zeigt Bereitschaft zum Kauen, • es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken und interessiert sich dafür, • es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen lässt. Wenn diese Punkte noch nicht erfüllt sind, ist es noch zu früh für Beikost und Du solltest auf künstliche Säuglingsnahrung ausweichen. Besprich mit deiner Kinderärztin, ob eine HA-Nahrung sinnvoll wäre. Ich wünsche dir viel Kraft und dass Du dich bald wieder besser fühlst. LLLiebe Grüße Biggi


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