Frage: Stillen vorenthalten nach OP

Hallo Frau Henkes, bei unserer 11-monatigen Tochter steht kurzfristig eine kleine OP an, leider in Vollnarkose. Sie isst unterschiedlich viel Beikost, stillt aber noch regelmäßig am Tag und im der Nacht und darf normalerweise immer an die Brust (kennt es also nicht, dass ihr das verwehrt wird). Der Ablauf laut der Narkoseärztin ist, dass sie einen Beruhigungssaft erhält und dann (ggf. noch nicht ganz eingeschlafen) an das OP-Team übergeben werden soll. Dort dann Narkose mit Gas, Zugang legen, tiefere Narkose darüber, OP. Beim Aufwachen muss sie angeblich eine halbe Stunde (ohne Eltern) noch im OP beobachtet werden, bevor sie in den Aufwachraum darf, wo wir dann sein dürfen. Das alleine finde ich schon furchtbar und traumatisierend, angeblich erinnern sich die Kinder aber durch den Saft vorneweg nicht daran! 4 Stunden vorher (obwohl neuere Empfehlungen 3 Stunden ausreichend finden) darf sie nicht mehr stillen. Das wird schon schwer sein, bekommen wir aber mit Anfahrt und ggf. Betreuung nur durch den Papa hin. Nun aber zu dem was mich sehr beschäftigt: Soll ich danach im Aufwachraum sein, auch wenn sie noch 2 Stunden lang nicht stillen darf? Oder lieber nur der Papa, weil es sonst noch mehr Stress und Trauma ist, wenn ich da bin aber die Brust verweigere?! Sie ist gerne bei Papa und lässt sich auch trösten, außer sie ist völlig außer sich, dann will sie immer zu mir. Ich tröste normalerweise ohne Brust zu geben. Diese ist für sie aber auch Beruhigung bei Unsicherheit und Aufregung und ich bin sicher, sie wird sie dann suchen. Ihr die dann vorzuenthalten ist ja auch blöd, auch wenn das erstmal so sein muss? Vielen Dank für Ihre Einschätzung!

von fruitpunch am 03.10.2022, 22:32



Antwort auf: Stillen vorenthalten nach OP

Liebe fruitpunch, ein Kind darf zwar vor einer Vollnarkose acht Stunden nicht mehr essen, aber für das Stillen gelten im Allgemeinen andere Regeln! Da Muttermilch sehr schnell verdaut wird, wird es in vielen Kliniken so gehandhabt, dass bei kleineren Kindern nur eine dreistündige Pause eingehalten werden muss und das lässt sich vor allem wenn der Termin der Narkose günstig gelegt wird meist einigermaßen problemlos überbrücken. Ich zitiere dir hierzu aus dem "Handbuch für die Stillberatung" Mohrbacher, Stock, 2001: "Muss ein Baby operiert werden, sollte die Mutter nachfragen, bis zu welchem Zeitpunkt vor der Operation sie stillen darf und wie lange es nach der Operation dauern wird, bis sie wieder zu ihrem Kind darf und es stillen kann. Einige Ärzte verlangen, dass ein Patient acht Stunden vor einer Operation nichts mehr oral zu sich nehmen darf. Doch diese Richtlinien sind in Veränderung begriffen. Kürzlich durchgeführte Untersuchungen (Litman 1994; Schreiner 1994) weisen darauf hin, dass es sinnvoll ist, die folgenden Zeitabstände zwischen letzter Nahrungszufuhr und Operation einzuhalten: sechs Stunden für künstliche Säuglingsmilch (Spear 1992), drei Stunden für Muttermilch und zwei Stunden für klare Flüssigkeiten. Die Mutter sollte die Frage der Wartezeiten mit dem Chirurgen und dem Anästhesisten bereits im Vorfeld abklären. Viele Ärzte sind bereit, sich den Bedürfnissen eines gestillten Babys anzupassen. Außerdem sollte sich die Mutter überlegen, wie sie ihr Baby in den Stunden unmittelbar vor der Operation, wenn es nicht gestillt werden darf, ablenken und trösten kann. Wenn die Mutter vorher danach fragt, kann sie eventuell unmittelbar nach der Operation wieder zu ihrem Baby und kann es im Aufwachraum stillen. Für viele Babys und Mütter ist das Stillen in dieser Zeit sehr beruhigend." Dr. Nicole Ritsch, Anästhesistin und Stillberaterin hat einen schönen Artikel geschrieben mit dem Titel „Anästhesie in der Stillzeit“ Du findest den Artikel unter https://www.stillkinder.de/wp-content/uploads/ls-3_2008-nuechtern-betrachtet.pdf und er wird dir wertvolle Informationen liefern, kann aber auch für deinen Anästhesisten gut sein, um euch vielleicht einen individuellen Spielraum zu öffnen. In der Regel klappt es aber viel unkomplizierter, als wir Mamis das immer fürchten!! Und dein Kind ist anfangs sicher noch benommen und wird sich auch ohne Brust trösten lassen. Ich würde mich wirklich freuen, wenn du dich nach der OP noch einmal melden würdest und berichtest, wie es war. Liebe Grüße, ich denke an euch! Biggi

von Biggi Welter am 04.10.2022



Antwort auf: Stillen vorenthalten nach OP

Vielen Dank für die schnelle Antwort. Die OP verlief gut und es hat sehr gut geklappt, dass der Papa vorher betreut hat. Unser Baby hat kurz vor der OP ein Beruhigungsmittel rektal erhalten (anders als angekündigt). Das hat sie zwar aufgeregt, sie hat sich aber vom Papa beruhigen lassen. Es wirkte recht schnell und sie war zwar wach aber wie betrunken und hat nicht protestiert, als sie übergeben wurde. Nach der Narkose hat es auch nur wenige Minuten gedauert, bis er gerufen wurde. Da hat sie sich jedoch nicht ganz beruhigen lassen, vermutlich auch weil sie dann hungrig war. Sie durfte dann aber doch direkt Milch trinken, weshalb ich ihn ablösen konnte. Ich hatte extra drauf bestanden (vom Standard abweichend, hat Dank des netten Personals zum Glück geklappt), dass wir beide am Vortag von der Klinik einen PCR-Test gemacht bekommen, sonst wäre das nicht gegangen. An der Brust hat sie sich sofort beruhigt und dann auch nochmal geschlafen. Die Ärztin war froh dass es so ging, so musste keine Beruhigungsmedikation mehr erfolgen. Insgesamt hat es, wie Sie geschrieben haben, besser geklappt als befürchtet :-)

von fruitpunch am 05.10.2022, 15:31



Antwort auf: Stillen vorenthalten nach OP

Liebe fruitpunch, danke für die Rückmeldung, wie schön, dass alles gut geklappt hat! Ich hoffe, ihr könnt euch jetzt alle erstmal erholen! Ganz liebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 05.10.2022