Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen und Schilddrüsenüberfunktion

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen und Schilddrüsenüberfunktion

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Liebe Frau Welter, mein Sohn ist 10 Monate und wird von mir noch nach Bedarf gestillt. Das ist vorwiegend zum Einschlafen und in der Nacht. Ich möchte das eigentlich auch beibehalten doch im Dezember wurde bei mir eine leichte Schilddrüsenüberfunktion (Basedowsche Krankheit) festgestellt. Bzw. habe ich diese Krankheit bereits seit ca. 5 Jahren. Das erste Mal ist sie nach der Geburt meiner Tochter ausgebrochen, wurde erfolgreich behandelt und ist nun aber wiedergekommen. Ich hatte mit meinem Arzt vereinbart, dass ich keine Medikamente nehme, da die Überfunktion sehr gering ist und ich zu dem Zeitpunkt noch voll gestillt habe. Mein Arzt hat mir auch gesagt, dass die Krankheit durch das Stillen nicht übertragbar ist. Meine Bedenken sind aber, dass mein Sohn zu viele Hormone von mir über die Muttermilch erhält. Hintergrund ist der, dass er sehr schlecht schläft. Am Tag manchmal nicht mal eine Stunde. Und abends bzw. in der Nacht wälzt er sich stundenlang hin und her, jammert, will sich hinsetzen/aufstehen...kommt einfach nicht zur Ruhe. In den letzten zwei, drei Wochen ist das richtig schlimm geworden. Könnte es sein, dass die Hormone daran Schuld haben, denn bei mir kann die Krankheit auch zu Schlafproblemen führen. Sollte ich dann lieber doch abstillen? Oder könnte es auch entwicklungsbedingt sein? Er lernt gerade laufen, die Zähne kommen...Ich möchte ihm gern helfen, besser zur Ruhe zu kommen. Er schläft bei uns im Elternbett, aber auch das beruhigt ihn nicht. Er ist eigentlich ein ganz fröhlicher, aufgeweckter kleiner Racker, aber abends sind wir beide immer ziemlich traurig. Vielen Dank für Ihre Hilfe - Silke


Biggi Welter

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Liebe Silke, Ihrem Kind schadet Ihre Schilddrüsenproblematik nicht. Es gibt jedoch auch Schilddrüsenhemmer, die mit dem Stillen zu vereinbaren sind, Sie müssen mit der Behandlung nicht warten oder gar abstillen. Eine Schilddrüsenüberfunktion ist eine ernsthafte Gesundheitsstörung, die das Herz, die Muskeln und das Nervensystem der Mutter belastet. Ist der Zustand der Mutter kritisch, kann eine sofortige Behandlung notwendig sein. Bestimmte Thyreostatika reichern sich nicht in der Milch an und gehen nur in minimalen Dosen auf das gestillte Baby über (Lazarus und Othman 1991, Lawrence S. 506). Damit sich Ihr Arzt über die neuesten Erfahrungen und Studien informieren kann, sollte er sich an die Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie in Berlin Tel.: 030 30308111wenden. Das Team um Dr. Schaefer verfügt immer über die neuesten Informationen zu Medikamentenfragen in Schwangerschaft und Stillzeit. Das Verhalten Ihres Kindes ist typisch für Babys in diesem Alter! In unzähligen Ratgebern und Broschüren steht, dass ein Baby mit etwa zwei bis drei Monaten nachts längere Schlafphasen haben wird und mit etwa einem halben Jahr damit zu rechnen sei, dass es "durchschlafe". Und genau diese Erwartung, die allerdings absolut unrealistisch ist, haben dann auch die Eltern. Gleichzeitig ist der Markt überschwemmt von Büchern, in denen verschiedene Strategien propagiert werden, wie ein Baby oder Kleinkind das Schlafen "lernen" könne. Würde die Mehrzahl aller Kinder tatsächlich dem immer wieder verkündeten Schema gemäß schlafen, dann bräuchte kaum jemand alle diese Schlafratgeber und dann würde es sie auch nicht in jedem Buchladen geben. Es ist also einfach so, dass eine unrealistische Erwartungshaltung auf das reale Verhalten des Babys trifft und damit machen wir Eltern uns und unseren Kindern das Leben schwer. Vermehrtes nächtliches Aufwachen ist in diesem Alter ein normales Verhalten bei Babys und zwar nicht, weil das Kind nicht mehr satt würde, sondern entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen "Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn Ihr Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (die dem Kind das nächtliche Stillen "abgewöhnen"), die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden und selbst die Verfechter sprechen sich gegen eine Anwendung in diesem Alter aus, bleibt Ihnen in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Ich hoffe, ich durfte Sie beruhigen! LLLiebe Grüße, Biggi


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