Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen mit vier Monaten

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen mit vier Monaten

jbfl22

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Guten Abend, ich weiß gar nicht so genau, wo ich anfangen soll und wo ich inzwischen hin möchte oder noch kann. Mein Baby ist inzwischen vier Monate alt und ich habe den Stillstart leider komplett vermasselt. Eigentlich war ich gut vorbereitet und wusste sehr genau Bescheid über Angebot und Nachfrage, die Wichtigkeit des richtigen Anlegens usw. Mein Baby kam leider sehr rasant und drei Wochen zu früh auf die Welt, ich hatte einen vorzeitigen Blasensprung, direkt danach setzten die Wehen ein und 1,5 Std. später wurde es per Kaiserschnitt geholt, als der Muttermund bereits komplett offen war. Wir waren also beide sehr geschafft. Mein Baby hatte viel geschlafen, war nur schwer wach zu bekommen und ich fürchte, ich habe es am Anfang zu wenig und zu kurz angelegt. Es nahm sehr viel ab und war mit der Gelbsucht an der Grenze. Der Milcheinschuss kam erst nach 7 Tagen. Das Anlegen hat sehr weh getan, ich hatte wunde Brustwarzen und hatte irgendwann Angst vor jedem weiteren Anlegen. Meine Hebamme hat mir verschiedene Stillpositionen gezeigt, aber auch keinen Fehler im Andocken feststellen können, nur einen sehr starken Saugreflex. Nach einem Clustertag bekam ich einen Vasospasmus und entschied, für einige Tage nur noch abzupumpen. Als die Brustwarzen verheilt waren, habe ich versucht, mein Baby wieder anzulegen. Mit der Zeit regulierte sich das starke Saugen und trotzdem wurde der Milchspendereflex ausgelöst, aber die Milch hat halt nie wirklich gereicht. Ich schätze durch die Schmerzen und die anfänglichen Probleme wurde die Milchbildung stark beeinträchtigt. Ich schaffe es aber immer noch nicht, das Stillen loszulassen. Ich habe es mir so sehr gewünscht und mache mir große Vorwürfe, dass ich es nicht geschafft habe. Ich weiß, dass hier wahrscheinlich eine Stillberatung nötig wäre, habe aber ehrlich gesagt aktuell das Geld dafür nicht. Wir sind kurz vor der Geburt in unser Haus umgezogen und direkt ist die Heizung kaputt gegangen. Ich arbeite zurzeit auch schon wieder im Home Office, um die Kredite stemmen zu können. Meine dringendste Frage ist: können wir überhaupt wieder zum Stillen zurück? Kann mein Baby das jetzt noch lernen? Oder wären alle Versuche verlorene Liebesmüh und würden mein Kind nur durcheinander bringen? Ich habe heute früh versucht, es anzulegen, aber es kam damit überhaupt nicht zurecht. Vor ein paar Tagen hat es immerhin noch kurz angedockt und auch den MSR ausgelöst. Ich habe auch noch ein vierjähriges Kind zu Hause, das natürlich auch Zeit und Aufmerksamkeit braucht, daher überlege ich, wie lange ich hier noch rumprobieren sollte und ja irgendwie alle um mich herum mit beeinträchtige. Das war jetzt ein langer Text, bitte entschuldige, aber ich wusste nicht, welche Informationen relevant sind. Ganz lieben Dank für die Arbeit hier!


Biggi Welter

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Liebe jbfl22, zunächst möchte ich dir sagen, dass wir LLL-Beraterinnen ehrenamtlich arbeiten, dir entstehen keine Kosten. Aber auch die Kosten für Laktationsberaterinnen werden meist von den Kassen übernommen, ruf dort einfach mal an! Es wäre möglich die Milchproduktion auch jetzt noch wieder zu steigern und an den Bedarf des Babys anzupassen. Du könntest theoretisch relaktieren, allerdings ist dein Baby bereits vier Monate alt. Eine Relaktation (so heißt eine Wiederaufnahme des Stillens) ist prinzipiell auch noch nach Monaten möglich. Eine Faustregel besagt, dass es etwa so viele Wochen dauert, die Milchproduktion wieder in Gang zu bringen, wie es Monate seit dem letzten Stillen her ist. Theoretisch ist ein Ingangbringen der Milchbildung jetzt also möglich, ob es sich aber auch in der Praxis umsetzen lassen wird, kann niemand vorhersagen. Das grundlegende Vorgehen bei einer Relaktation besteht darin, das Baby dazu zu bringen so oft wie möglich an der Brust zu saugen. Dadurch werden die Brüste wieder zur Milchbildung angeregt. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch mit einer guten Milchpumpe erreichen. Häufig ist auch zusätzliches Pumpen neben dem Anlegen des Kindes sinnvoll, um die Milchproduktion zu steigern. In manchen Fällen wird die Relaktation zusätzlich mit Medikamenten unterstützt.   Gut beschrieben wird der Vorgang der Relaktation in dem Buch "Stillen eines Adoptivkindes und Relaktation" von Elizabeth Hormann (ISBN 3-932022-02-5), das im Buchhandel oder bei La Leche Liga Deutschland und bei jeder LLL-Stillberaterin (auch hier im Still-Shop) erhältlich ist. Allerdings verlangt eine Relaktation sehr viel Durchhaltevermögen und möglichst die Unterstützung einer darin erfahrenen Stillberaterin. Ein wesentliche Rolle spielt auch das Kind, das die Brust wieder annehmen muss. Du musst dir wirklich überlegen, ob du das in deiner Situation stemmen kannst, denn eine Relaktation bedeutet Stress für Mutter und Kind und du brauchst auch viel Geduld. Herzlichen Gruß Biggi  


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