Stillen beim zweiten auch wenn es beim ersten nicht ging?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Stillen beim zweiten auch wenn es beim ersten nicht ging?

Hallo zusammen, ich bin wieder schwanger in der 13 SSW. Ich weiß, ich bin noch ganz am Anfang, aber es gibt ein Thema dass mich sehr beschäftigt: Das Stillen. Bei meiner Tochter konnte ich nicht stillen. Ich hatte zwar Milch aber nur sehr sehr wenig. Nachdem der Milcheinschuss auch nicht richtig kam (ich hatte zwar auch pralle Busen aber keinerlei Schmerzen oder extremen Druck oder sowas) bin ich dazu über gegangen zuzufüttern. Gleichzeitig habe ich abgepumpt. Das Resultat war: 1 Flasche Muttermilch am Tag. Der Rest kam von Hipp. Anfangs habe ich dann alle 4 Stunden abgepumpt. Tag und Nacht. Meine Tochter hatte allerdings einen 3 Stunden Rythmus und war ein regelrechtes Schreikind. Das heißt, wurde sie nicht gefüttert, im Kinderwagen geschoben oder hat geschlafen, hat sie geschriehen. Nach zwei Wochen habe ich dann (mit einer Kanne Pfefferminztee) abgestillt weil es mir einfach zu viel wurde nachts auch noch zum abpumpen aufzustehen und dann noch tagsüber fit zu sein für das schreiende kleine Bündel. Tagsüber schlafen ging leider nicht, da ich 4x am Tag mit ihr spazieren gegangen bin dass sie schlafen kann. Nachts habe ich sie durch stundenlanges hin und her tragen und wiegen (auf dem Arm) zum schlafen gebracht. Jetzt die Frage: Kann ich mir Hoffnung machen, dass ich diesmal Stillen kann bzw. gibt es irgendwas, was ich aktiv dafür tun kann, dass die Chancen zumindest höher sind dass es funktionier? Ganz liebe Grüße Hannah

von fian03 am 29.05.2012, 13:51



Antwort auf: Stillen beim zweiten auch wenn es beim ersten nicht ging?

Liebe Hannah, es tut mir leid, dass Ihre erste Stillerfahrung nicht so war, wie Sie es sich gewünscht haben. Das muss sich beim zweiten Kind aber nicht zwangsläufig wiederholen. Es ist ein sehr guter Gedanke von Ihnen, sich bereits vor der Geburt deines nächsten Kindes mit einer Stillberaterin in Verbindung zu setzen. Die wichtigste Vorbereitung für eine erfolgreiche Stillzeit ist, sich bestmöglichst zu informieren und sollte es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen, haben Sie gleich eine kompetente Ansprechpartnerin an der Hand. Etwa 95 bis 98 % aller Frauen können stillen, vorausgesetzt sie wollen und haben die richtige Unterstützung. Ganz kurz kann man die wichtigsten Punkte für den Grundstein einer erfolgreichen Stillbeziehung auf die folgenden Schlagworte zusammenfassen: Bald stillen oft stillen uneingeschränkt stillen keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen. Das Baby sollte so bald wie möglich nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden und dann jederzeit und ohne zeitliche Einschränkung an die Brust dürfen, wenn es das will. Bei eher schläfrigen Kindern oder Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht muss die Mutter unter Umständen den Takt angeben und dafür sorgen, dass das Kind mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust trinkt. Tee, Glukoselösung oder Wasser sind überflüssig und vor allem bei einer eventuell verstärkten Neugeborenengelbsucht sogar kontraproduktiv. Das Bilirubin (der gelbe Farbstoff, der für die Gelbfärbung der Haut bei der Neugeborenengelbsucht verantwortlich ist) wird nur zu zwei Prozent über den Urin ausgeschieden, der Rest wird durch den Darm ausgeschieden. Daher ist es unsinnig, die Gelbsucht "ausschwemmen" zu wollen. Wichtig ist, dass der Darm mit Nahrung versorgt wird und die Verdauung angeregt wird, das Mekonium möglichst rasch ausgeschieden wird. Das Kolostrum, die wichtige erste Milch wirkt abführend und begünstigt damit die Ausscheidung des Bilirubins. Der Organismus eines Neugeborenen ist auf viele, kleine Mahlzeiten eingestellt. Sein Magen hat etwa die Größe eines Teebeutels. Kleine Mengen an Muttermilch sind also absolut richtig und in Ordnung. Wichtig ist, dass Ihr Baby ab dem zweiten, dritten Tag mindestens drei bis vier Darmentleerungen hat und ausreichend Urin ausscheidet. Eine Gewichtsabnahme von etwa sieben Prozent des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten Tage ist normal, bis zehn Prozent sind bei einem ansonsten gesunden Kind tolerierbar. Spätestens mit drei Wochen sollte Ihr Baby sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben. Milchbildungstee ist nicht notwendig und es hat keinen Sinn ihn bereits während der Schwangerschaft zu trinken. Wenn überhaupt Milchbildungstee getrunken wird, dann bitte auch nicht mehr als höchstens zwei bis drei Tassen täglich, da mehr zu Bauchproblemen beim Kind führen kann. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen können Sie am besten dadurch vorbeugen, dass Sie sich informieren. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Deshalb ist es entscheidend, dass Sie sich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informieren. Nochmals: Ganz wichtig ist dass Sie wissen, wie korrekt angelegt ist und woran Sie erkennen, dass das Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. "Stillen gesund und richtig" von Denise Both und Gabi Eugster, "Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, "Stillen einfach nur stillen" von Gwen Gotsch) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe treffen Sie nicht nur andere stillende Mütter, sondern Sie lernen auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Erkundigen Sie sich auch einmal, vielleicht gibt es in Ihrer Nähe ein stillfreundliches Krankenhaus, dort verläuft der Start der Stillbeziehung oft sehr viel besser und es gibt echte und gute Unterstützung nach der Geburt. Ich wünsche Ihnen schöne restliche Schwangerschaftswochen, eine gute Geburt und diesmal eine problemlose und schöne Stillzeit. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 29.05.2012