Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Saugbedürfniss - gern an alle

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Saugbedürfniss - gern an alle

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Hallo, ich habe eine Frage zu Saugbedürfnissen des Babys. Meine Tochter ist 7 Monate alt. Sie hat von Anfang an keinen Schnuller genommen. Bis jetzt lutscht sie ach nicht an Daumen. Manchmal lutscht sie an ihrem Pulli oder Decke, aber sehr selten und meistens dann wenn ein Zahn rauskommt (sie hat schon 3 und der 4 ist am kommen) Bis jetzt habe ich nur gestillt und habe ab dem 6 Monat 2 Stillmahlzeiten ersetzt. Jetzt fällt mir auf, dass meine Tochter an verschiedenen Gegenständen nuckelt. Da sie nicht aus dem Becher trinkt, gebe ich ihr noch ein Fläschchen mit verdünntem Saft. Meine Frage ist: Reicht ihr das Fläschchen um ihr Saugbedürfnis zu stillen oder soll ich ihr noch was anderes anbieten? Wie ist es wenn ich ganz abgestillt habe? Wie groß ist denn das Bedürfnis nach Saugen überhaupt in diesem Alter? Ich möchte nämlich nicht, dass sie am Daumen nuckelt. Den Schnuller haben wir ihr immer wieder angeboten, aber den möchte sie nicht. Was gibt es noch für Möglichkeiten? Vielen Dank


Biggi Welter

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? Liebe Lisalorain, das Saugbedürfnis kann von Kind zu Kind sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und es lässt sich für ein einzelnes Kind nicht vorhersagen, wie sehr es saugen möchte. Wenn Ihre Tochter keinen Schnuller mag, dann ist es sicher auch nicht notwendig, ihn ihr aufzudrängen und alternativ zum Schnuller bieten sich ja wirklich andere Möglichkeiten – zu denen auch der Daumen gehört – an. Die Diskussion über Schnuller und Daumenlutschen wird sehr kontrovers und teilweise sehr vehement geführt. Babys (und Kleinkinder) haben ein natürliches Saugbedürfnis. Dieses Saugbedürfnis dient dazu, dass sie die Nahrung bekommen, die sie brauchen um zu wachsen und zu gedeihen. Saugen beruhigt das Kind außerdem. Von der Natur ist es vorgesehen, dass ein Kind sein Saugbedürfnis an der Brust befriedigt und so gleichzeitig seinen Hunger und auch sein Saugbedürfnis stillt. Beim Schnuller handelt es sich um nichts anderes als um eine Brustattrappe, eine Kopie. Und nun ist es eben so, dass eine Kopie nie wirklich das Original vollständig erreicht und das gilt auch und besonders für den Schnuller. Diese Attrappe kann manchmal sinnvoll und hilfreich sein, wenn sie überlegt und wohl dosiert eingesetzt wird. Aber Eltern sollten sich auch der Nebenwirkungen des Schnullers bewusst sein: o Schnuller sind künstliche Sauger und können beim Baby zum falschen Saugen an der Brust führen. Diese so genannte Saugverwirrung kann ernsthafte Stillprobleme nach sich ziehen. o Durch Schnuller wird die Zeit, die das Baby an der Brust der Mutter verbringt eingeschränkt, was die Milchbildung der Mutter negativ beeinflussen kann. o Kinder ohne Schnuller erkranken seltener an Mittelohrentzündungen. o Schnullergebrauch kann Kieferfehlstellungen begünstigen. o Schnullergebrauch kann zu einer ungünstigen Mundatmung führen. Eine offene Mundatmung führt zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und kann Haltungsprobleme begünstigen. o Kinder, die einen Schnuller hatten, brauchen häufiger eine logopädische Behandlung Ein Aspekt, der auch nicht zu vernachlässigen ist, ist, dass Eltern dem Kind den Schnuller zunächst angewöhnen und dann (nach einer mehr oder weniger langen Zeit) wieder abgewöhnen. Das Abgewöhnen des Schnullers kann sehr nervenaufreibend für alle Beteiligten sein. Ein "schnullerabhängiges" Kind kann in der Nacht sehr oft die Eltern aus dem Bett springen lassen, weil es zum Wiedereinschlafen oder Weiterschlafen den Schnuller braucht und ihn alleine nicht findet. Im Gegensatz zum Daumen, kann der Schnuller fast ununterbrochen im Mund bleiben. Das Kind muss ihn nicht heraus nehmen, wenn es beim Spielen seine Hände braucht. Der Daumen wird daher schon aus praktischen Gründen weniger oft genommen werden. Interessante Informationen bieten die Veröffentlichungen von Gudrun von der Ohe, einer Ärztin und Still und Laktationsberaterin IBCLC "Der Schnuller und seine Auswirkungen" (in Laktation und Stillen Heft 3/1999) und "Schnuller und plötzlicher Kindstod" (in Laktation und Stillen Heft 4/2000) sowie die Facharbeit der Logopädin Caroline Schallhammer, IBCLC "Stillen als Prävention in der Logopädie" die sich ebenfalls ausführlich mit dem Schnuller beschäftigt. Wird ein Kind nach Bedarf gestillt, braucht es nur in den seltensten Fällen Schnuller oder Daumen, da es sein Saugbedürfnis vollständig an der Brust gestillt wird. Ein gestilltes Bedürfnis verschwindet. Häufig wird als Gegenargument für Schnuller oder Daumen eine mögliche Verformung des Gaumens ins Feld geführt. Ein mit uns gut bekannter Kinderarzt und Psychotherapeut sagt dazu "lieber ein verbogener Gaumen, als eine verbogene Seele". Wobei auch ein Schnuller zu Verformungen führen kann, auch wenn die Werbung vom „kiefergerechten Schnuller“ spricht. Im Interesse der Zahngesundheit Ihres Kindes sollten Sie ihm keinen, auch keinen verdünnten, Saft aus der Flasche anbieten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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