Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Raupe Nimmersatt

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Raupe Nimmersatt

Mitglied inaktiv

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Hallo, mein Sohn ist jetzt nächste Woche 5 Monate alt und ich stille voll. Er hat im Januar und im Februar durchgeschlafen, d.h. von abends 19.00 Uhr bis morgens ca. 7.00 Uhr. Seit März wird er abends und nachts wieder wach und will gestillt werden und das so alle 4 Stunden. Das finde ich eigentlich nicht so schlimm doch er kommt auch tagsüber wieder öfter manchmal alle 2 Stunden und ich habe auch nach dem Stillen das Gefühl, daß er nicht so richtig satt ist. Er ist ziemlich unzufrieden und weint auch oft, wenn er getrunken hat. Die Stillmahlzeiten sind relativ kurz geworden. zu Beginn hat er gute 20 min. getrunken. Mittlerweile trinkt er beide Brüste in etwa 5 min. will aber auch nicht weiter trinken. Ich weiß, daß häufies Anlegen die Milchproduktion steigert aber jetzt nach über 2 Wochen habe ich das Gefühl, daß es nicht mehr reicht. Was soll ich tun? Wenn ich eine Flasche einführe, produziere ich doch noch weniger Milch. Wie ist es mit Beikost? Ich habe noch zwei andere Kinder und würde gerne wieder durchschlafen können. Manchmal glaube ich aber auch, daß er nur zu mir ins Bett möchte. Am liebsten schläft er mit der Brust im Mund ein. Typisch Mann!! Kann ich statt mit dem Mittagsbrei auch mit einem Abendbrei anfangen? Ich weiß, viele Fragen... Danke schon mal für die Antwort. Ilka


Biggi Welter

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Liebe Ilka, das ist nicht "typisch Mann", sondern typisch Baby :-). Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser "Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du noch die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst. Vermehrtes nächtliches Aufwachen ist ab etwa vier bis sechs Monaten ein normales Verhalten bei Babys und zwar nicht, weil das Kind nicht mehr satt würde, sondern entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen "Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn dein Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (die dem Kind das nächtliche Stillen "abgewöhnen"), die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden und selbst die Verfechter sprechen sich gegen eine Anwendung in diesem Alter aus, bleibt dir in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und dir die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Ob dein Kind gedeiht kannst Du bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen: o mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass "nass" ist, kannwst Du sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). o in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) o eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht (mit zunehmendem Alter verringert sich die durchschnittliche Gewichtszunahme), o eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, o Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs o ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein. Wenn nicht, musst Du tatsächlich vermehrt anlegen. Wird in dieser Situation zugefüttert, so kann das zu einem ungewollt frühen Abstillen führen. Oberste Regel: Häufiges Anlegen und ein gut saugendes Kind stimulieren die Brust zu mehr Milchbildung. Deshalb solltest Du deine Babys in den nächsten Tagen oft anlegen. Um das Interesse des Babys an der Brust wachzuhalten, kannst Du es mit Wechselstillen versuchen. Dabei legst Du Dein Baby an und stillst es, solange es wirkungsvoll saugt, d.h. es schluckt nach jeder oder jeder zweiten Saugbewegung. Sobald es seltener schluckt, nimmst Du es sanft von der Brust (vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und läßt es aufstossen, streichelst seine Fußsohlen oder massierst es sanft entlang der Wirbelsäule, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Dann wird es an der anderen Brust angelegt und wieder gestillt, so lange es wirkungsvoll saugt. Schluckt es wieder seltener, wird es zurück an die erste Brust gelegt, nachdem Du es wieder etwas ermuntert hast. Dieses "Wecken und Wechseln" wird zwanzig bis dreißig Minuten lang ausgeführt, tagsüber alle zwei Stunden und nachts mindestens alle vier Stunden. Richte dich mit deiner Flüssigkeitszufuhr nach deinem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Milch, da sie dazu führt dazu, dass das antidiuretische Hormon (ADH) zurückgeht, die Frau erfährt dann eine vermehrte Wasserausscheidung ("schwemmt aus") und die Milchbildung verringert sich. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit (davon höchstens zwei bis Tassen Milchbildungstee) sind im Allgemeinen ausreichend. Wenn der Urin dunkelgelb wird und die Menge gering ist, trinkst Du zu wenig Schwarzer Tee, Matetee und Kaffee sollten nur mäßig genossen werden. Auf Limonaden oder Colagetränke sowie künstlich gesüßte Getränke sollte möglichst verzichtet werden. Auf die (angebliche) milchflussfördernde Wirkung von Bier oder Sekt sollte verzichtet werden. Alkohol geht bereits in kleinen Mengen in die Milch über und belastet den Stoffwechsel des Babys. Achte darauf, dass DU ausreichend und möglichst ausgewogen isst. Kohlenhydratreiche Nahrung hat einen positiven Einfluss auf die Milchbildung. Ruhe dich oft aus und entspanne dich. Arbeite für eine Weile so wenig wie möglich. Die Hausarbeit läuft dir nicht davon! Stress wirkt sich ungünstig auf den Milchspendereflex und auf die Milchbildung aus. Vielleicht kannst Du ja ein paar "Stilltage" einlegen, das heißt Du legst dich mit deinem Baby ins Bett und kümmerst dich ausschließlich um dein Baby und das Stillen. Du schreibst, dass dein Baby an der Brust oft weint. Besonders unruhige Babys, die sich an der Brust steif machen und nach hinten überstrecken, können auch gebündelt werden. Beim Bündeln wird das Baby gut in eine Decke eingewickelt, so dass seine Schultern nach vorne geneigt und die Arme unterhalb der Brust gekreuzt sind. So kann es den Kopf nicht zurückwerfen. Bei manchen Babys bewährt es sich, wenn die Decke unten offen bleibt, so dass die Füße frei bleiben. Wenn ein Kind auf diese Weise eingepackt ist, sieht es wie ein "C" aus, mit dem Kinn auf der Brust und angezogenen Beinchen. Häufig reicht diese Maßnahme aus, das Baby zu beruhigen und es trinkt dann besser an der Brust. Manche Babys brauchen Halt im wahrsten Sinne des Wortes um weniger zappelig zu sein. Eine weitere Möglichkeit ist, dass dein Baby saugverwirrt ist. Bekommt dein Baby die Flasche (mit Wasser, Tee oder künstlicher Säuglingsnahrung) oder einen Schnuller? Der Flaschensauger kann die Ursache dafür sein, dass er sich an der Brust so irritiert benimmt. Das Trinken an einem künstlichen Sauger unterscheidet sich grundlegend vom Trinken an der Brust und viele Babys kommen mit diesem Wechsel der Trinktechniken nicht zurecht und reagieren mit einer "Saugverwirrung", die sich in einem Verhalten wie es dein Sohn zeigt äußern kann. Versuche alle künstlichen Sauger (Flasche, Schnuller) wegzulassen. Alles Saugen deines Kindes sollte an deiner Brust stattfinden. Bei der Einführung der Beikost sollte der Ausdruck Bei Kost wörtlich verstanden werden. Die Bei Kost soll die Muttermilch nicht ersetzen sondern ergänzen.Du solltest dir von einem Abendbrei nicht zu viel erhoffen: entgegen der weitverbreiteten Meinung wird durch die Einführung eines Abendbreies das Schlafverhalten des Babys nicht positiv beeinflusst. Es wird empfohlen neue Nahrungsmittel nicht am Abend einzuführen, da dann eventuelle Unverträglichkeitsreaktionen in die Nacht fallen können. Es wäre bestimmt auch für dich hilfreich, wenn Du ein Stilltreffen besuchen würdest. Der Austausch mit anderen stillenden Müttern und der direkte Kontakt mit einer Stillberaterin kann dir sehr viel mehr geben, als die ausschließlich schriftliche Beratung. Wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst suche ich dir gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Hallo nochmal und danke für die ausführliche Antwort. An einem Stilltreffen wäre ich sehr interessiert. Meine Postleitzahl ist 47539. Vielleicht kennst Du jemanden in dem Raum der mir helfen kann. Vielen Dank nochmal und schöne Ostern Ilka


Biggi Welter

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Liebe Ilka, bitte wende dich an Frau BERGMANN Nicola, Tel.: 02152 2756, sie kann dir sagen, wer die nächste Beraterin für dich ist. LLLiebe Grüße Biggi


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