Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Probleme bei Stillen abends

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Frage: Probleme bei Stillen abends

Mitglied inaktiv

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Hallo, erst einmal vielen Dank für die ausführliche Antwort weiter unten! Meine Tochter ist 5 einhalb Monate alt und bis jetzt wurde sie bis auf Tee manchmal voll gestillt. Seit einiger Zeit hat sie immer abends entweder keine Geduld oder Probleme damit, den Milchspendreflex anzuregen, oder nicht genug Hunger, oder ... (keine Ahnung?!) Dazu muß ich sagen, daß früher die Milch wie bei einer Dusche herausgeschossen kam, als sie mal die Brust loslies und die jeweils andere Brust lief nebenher wie ein Wasserfall... Jetzt habe ich den Eindruck, daß sie ziemlich kräftig pumpen muß, ehe etwas kommt, die Brust kommt mir auch nicht mehr so straff vor und die andere Seite tröpfelt ganz wenig nebenher. Vor allem abends schreit sie dann und ist dermaßen frustriert, so daß mein Mann schon zweimal etwas zugefüttert hat. Wir wissen schon, daß das für die Milchbildung Gift ist, aber wir wußten uns absolut nicht mehr zu helfen. Morgens und am Tag besteht dieses Problem nicht. Gibt es Methoden, diese offensichtliche Abendflaute zu verhindern? (Habe nichts an mir verändert; kein Deo, kein anderer Tagesablauf, ect...) Danke für die Antwort Tina


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe Tina, dass die Milch nicht mehr heraus spritzt, bedeutet sicherlich nicht, dass Du zu wenig Milch hast, wahrscheinlich hat sich die Stillbeziehung einfach eingespielt. Es könnte sein, dass dein Baby am Abend einfach gereizt und müde ist und vielleicht gar keinen Hunger hat. Das Nervensystem eines Babys ist ständigen Reizen ausgesetzt und während des Tages sind das viel mehr Reize als in der Nacht. So ist es nicht erstaunlich, dass sich bis zum späten Nachmittag oder frühen Abend einiges aufgestaut hat und das Kind dann "über" reizt ist und sich wieder abreagieren und beruhigen muss. Dazu kommt, dass auch die Mutter nach einem langen Tag ebenfalls mehr oder weniger stark belastet und gestresst ist und sich die Gefühle und Stimmung der Mutter auf das Kind übertragen. Babys in diesem Alter haben oft eine geradezu "klassische" Unruhephase am Abend. Nicht immer ist Stillen dann die Lösung. Diese unruhige Zeit ist so verbreitet, dass es im englischen Sprachraum sogar einen Ausdruck dafür gibt: Omastunde, d.h. dass jetzt eine liebevolle Großmutter gebraucht wird, die nichts Dringenderes vorhat, als das Baby zu wiegen und im Arm zu halten, bis seine Unruhe vorbei ist. Leider ist so eine Großmutter nicht immer verfügbar und der Vater des Babys ist auch nicht unbedingt zu diesen Zeiten zuhause. Doch es kann für dich und das Baby eine große Erleichterung bedeuten, wenn jemand anderes dann einspringt. Der Wechsel in andere liebevolle Arme und eine andere liebevolle Stimme bewirken oft, dass sich ein aufgebrachtes Baby beruhigt. Vielleicht kannst Du dann in Ruhe unter die Dusche gehen, einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft machen oder sonst etwas für dich tun. So schwer es auch fällt, es ist wichtig, in dieser Situation nicht in Hektik und Aufregung zu verfallen. Je mehr Du versuchst um das Kind zu beruhigen und je hektischer Du wirst, um so aufgedrehter kann auch das Baby werden und dann ist man schnell in einem Kreislauf, der nur mehr schwer zu durchbrechen ist. Weniger ist hier oft mehr. Der Punkt ist, dass der Fokus vom Kind genommen wird, dass sich nicht mehr alle Anspannung auf das Kind konzentriert und es so die Gelegenheit bekommt, sich wieder zu entspannen und zu beruhigen. Der Teufelskreis der Anspannung, die sich auch bei den Eltern aufbaut und so das Kind immer unruhiger werden lässt, muss durchbrochen werden. Das kann manchmal auch dadurch erfolgen, dass das Baby auf eine Decke gelegt wird und die Mutter oder der Vater es durch unaufgeregtes, leises Sprechen und sanftes Streicheln beruhigt. Manche Eltern setzen sich in dieser Situation sogar mit ihrem Kind ins Auto und fahren ein paar Kilometer : ). Wenn Du das Gefühl hast, dass dein Kind saugen möchte, aber keine Milch mehr mag, kannst Du entweder über einen längeren Zeitraum immer die gleiche Brust anbieten (aus der die Milch dann nicht so stark fließen wird) oder aber Du bietest ihm einen Finger (das muss nicht unbedingt dein Finger sein, Väter haben auch Finger und können Babys tragen) zum Saugen an. Wenn Du Ersatzmilch füttern möchtest, gib diese bitte nicht mit der Flasche! Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Nun kann ein verhängnisvoller Kreislauf beginnen: da das Kind mit der falschen Technik an der Brust trinkt, wird es an der Brust hektisch, saugt an, lässt wieder los, dreht den Kopf hin und her schluckt viel Luft (die wiederum führt möglicherweise zu Bauchproblemen) und da es die Brust nicht mehr richtig stimuliert kommt es zu einem Rückgang der Milchmenge und damit zu weiterem Zufüttern, wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird. Am besten wäre es, wenn Du abends mehr anlegst, denn nur so wirst Du ausreichend Milch für dein Kind haben. Die Vorstellung, dass die Brust (ähnlich wie eine Flasche) nach dem Stillen leer ist und erst wieder aufgefüllt werden muss, ist so nicht richtig. Zwar wird zwischen den Stillmahlzeiten Milch produziert, der Hauptanteil der Milch wird jedoch erst während des Stillens gebildet. Das Saugen des Kindes gibt das entsprechende Signal zur Milchbildung, der Milchspendereflex wird dann ausgelöst. Deshalb ist es auch falsch zwischen den Stillmahlzeiten eine längere Pause einzulegen, damit sich die Milch in der Brust sammelt, sondern es muss häufiger angelegt werden, um die Milchmenge zu steigern. Ich wünsche euch, dass euer Baby bald aus dieser anstrengenden Phase herauswächst. LLLiebe Grüße Biggi


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