Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

nur alle 4 Stunden stillen?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: nur alle 4 Stunden stillen?

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Liebe Frau Welter, beim Lesen der Tipps zum Thema "wie oft anlegen" in diesem Forum bin ich nun total verwirrt. Meine Tochter ist 17 Tage alt und voll gestillt. Ich habe sehr viel Milch, so dass die Kleine sehr gut zunimmt (in den letzten 10 Tagen über 400g, ihr Geburtsgewicht von 3330g hatte sie nach 6 Tagen bereits leicht überschritten). bisher habe ich sie 8-9mal gestillt, wobei sie nachts immer einmal für 5 Stunden schläft, dann noch zweimal je drei Stunden. Tagsüber ist sie ca. alle zwei, max. drei Stunden gekommen. Da sie zusätzlich sehr stark unter Blähungen litt, hat mir die Hebamme vor zwei Tagen gesagt, das Kind sei überfressen und ich solle nur noch 6x am Tag stillen. Nachts ist das kein Problem, da sie ja super schläft, aber tagsüber schreit sie nun wie am Spiess, wenn ich ihr nichts gebe und lässt sich kaum beruhigen. Für kurze Zeit lässt sie sich mit dem kleinen Finger beruhigen, Schnuller bekommt sie nicht. Sie schreit dann so lange, bis sie vor Erschöpfung einschläft. Die hebamme meinte, ich solle sie fest einwickeln, dann würde sie sich schon beruhigen. Hilft aber auch nur für kurze Zeit. Wenn sie dann wieder aufwacht, schreit sie sofort wieder los. Ich selber hatte das Gefühl, dass die Blähungen besser geworden sind, als sich bei mir der Milchfluss reguliert hatte. Durch die längeren Stillpausen ist nun der Busen wieder prall, und die Blähungen sind wieder viel schlimmer geworden. was soll ich tun? wie erkenne ich, ob sie wirklich Hunger hst? Würde sie trinken, auch wenn sie keinen Hunger hätte? Sie trinkt nicht mehr bei den längeren Stillpausen als wenn ich sie tagsüber doppelt so oft stille - reicht also die Menge bei den längeren Stillpausen aus und sie war tatsächlich überfressen?. Ich nöchte mein Kind nicht mästen, aber hungern soll sie auch nicht. Vielen Dank Inken - mit einem schreienden Baby im Arm und selber am verzweifeln


Biggi Welter

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Liebe Inken, bitte nehmen Sie Ihr Kind und STILLEN es, wann immer Ihr Kind das möchte!!!! Zunächst einmal gibt es keinen Grund, dass Sie zwischen zwei Stillzeiten einen Mindestabstand einhalten. Es ist ein Ammenmärchen, dass ein Mindestabstand notwendig ist, um Bauchprobleme zu vermeiden oder sie zu beseitigen. Es gibt keinen Beweis, für die "Frische Milch auf halbverdaute Milch" Theorie. Irgendjemand hat damit angefangen zu behaupten, dass dadurch Probleme entstünden und seither geistert diese Theorie durch Deutschland und im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen.. Interessanterweise sagen aber selbst die Anhänger dieser Theorie, dass bei einem Wachstumschub selbstverständlich häufiger angelegt werden darf und muss. Alle Stillexperten propagieren das Stillen nach Bedarf und ohne irgendeinen Mindestabstand. Muttermilch ist außerdem innerhalb von längstens 60 bis 90 Minuten vollständig verdaut. Legen Sie Ihr Kind an, wenn es nach der Brust verlangt, ganz gleich ob die letzte Stillzeit vier Stunden oder eine Viertelstunde her ist. (Den Abstand zwischen zwei Stillzeiten berechnet man übrigens vom Beginn des letzten Anlegens bis zum Beginn des nächsten Anlegens). Es ist sehr wichtig, dass das Baby korrekt angelegt ist und richtig saugt. Ein gut angelegtes Baby, das korrekt saugt schluckt weniger Luft beim Trinken und Luft, die nicht verschluckt wird, muss auch nicht wieder nach oben befördert werden. Blähungen sind leider in vielen Fällen durch eine nicht richtige Anlegetechnik und/oder ein falsches Saugen des Babys verursacht . Ein Baby, das länger hingehalten wurde, trinkt in der Regel auch nicht gut an der Brust, so dass wir auch hier wieder bei einem Problem sind, das "hausgemacht" ist. Es ist deshalb auch immer wieder schade, dass Mütter mit solchen Ratschlägen wie dem des Mindestabstands verunsichert und zu neuen Problemen gebracht werden. Ich denke es wäre wirklich gut, wenn Sie sich mit einer Stillberaterin in Ihrer Nähe in Verbindung setzen würden. Sie kann Ihnen ganz gezielte Tipps geben und Ihnen vor allem auch zeigen, wie Sie sehen, ob Ihr Baby richtig angelegt ist und gut saugt. Wenn Sie mir Ihrern Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächste LLL Stillberaterin heraus. Die Abstände zwischen den Stillzeiten können mit zunehmendem Alter des Kindes durchaus länger werden, doch in der Regel will ein Baby in diesem Alter im Durchschnitt mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Am besten lassen Sie sich von Ihrem Kind leiten. Ein gesundes, voll ausgetragenes Kind weiß im Normalfall selbst am besten, wieviel und wann es etwas braucht. Es ist selbstverständlich nicht so, dass alle voll gestillten Babys gleich aussehen und es gibt durchaus auch schwerere Stillkinder. Ein Stillkind mag in den ersten Monaten überdurchschnittlich zunehmen und wie ein kleiner Buddha aussehen, langfristig ist es jedoch so, dass dieses Kind ein verringertes Risiko für Übergewicht hat. Das Fett, das sich zunächst eventuell ansammelt, wird aufgebraucht, sobald das Kind mobiler ist und das Kind wird von alleine "schlank".Mit Muttermilch kann ein Baby nicht überfüttert werden! Ich hänge Ihnen auch noch einen interessanten Artikel einer Kolegin an. LLLiebe Grüße Biggi Woher kommt der Mythos vom "Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC "Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." "Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" "Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede Stillberaterin ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten "damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die "Frische Milch auf halbverdaute Milch Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 - 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung "Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch "Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde - wie so oft - einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Babys.


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Liebe Biggi, vielen, vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort. Sie haben mir sehr geholfen. Ich werde den Artikel auch der Hebamme zukommen lassen - ohne diesen falschen Tipp wären meiner Tochter und mir viele Tränen in den letzten Tagen erspart geblieben. Gerne setze ich mich mit einer Stillberaterin in Verbinung. Meine Postleitzahl ist 81379 - München. Ich selber habe das Gefühl, dass meine tochter bei den prallen Brüsten viel Luft verschluckt -die Mich spritzte nur so aus den Warzen heraus-, sie verschluckt sich auch öfter. Als sich meine Milch dem Bedarf angepasst hatte, kam die Milch "dosierter", meine Tochter hat dann - für mich als Laien - langsamer getrunken (war aber nach 15 min satt, die Milch floss danach noch aus der Brustwarze, so dass ich immer davon ausgegangen bin, dass sie genung bekommt). Aber mit einer Stillberaterin kann ich das Problem dann noch mal ganz in Ruhe angehen. Ich freue mich auf kompetente Hilfe! Nochmals vielen Dank uns schöne Pfingsttage. Inken


Biggi Welter

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Liebe Inken, ich denke, dass Sie mit einem starken Milchspendereflex zu kämpfen hatten. Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (legen Sie sich eine Windel zum Auffangen der Milch hin) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen". Dazu halten Sie Ihr Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als Ihre Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnen Sie sich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützen Sie Ihr Baby von unten mit zwei Kissen in Ihrem Schoß und lehnen sich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Weitere Möglichkeiten bei einem starken Milchspendereflex sind: erhöhen Sie die Häufigkeit der Stillmahlzeiten. Dadurch verringert sich die Menge der gestauten Milch in den Milchseen und damit die Milchmenge, die während des Milchspendereflexes freigegeben wird. Wenn Sie die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten vergrößern, verschlimmert sich das Problem noch weiter. bieten Sie nur eine Brust pro Mahlzeit an. Dieser Vorschlage passt nicht zu dem, was üblicherweise gesagt wird. Aber das Ziel ist es die Brust weniger zu stimulieren. Wenn Ihr Baby quengelt und oft trinken möchte, kann es nötig sein, dass Sie ihm mehrere Male diesselbe Brust über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden anbieten, bevor Sie die Seite wechseln Wenn sich die zweite Brust zwischendrin zu voll anfühlt oder spannt, sollten Sie gerade soviel Milch ausstreichen, dass Sie sich wohlfühlen, um die Milchproduktion nicht zu sehr anzuregen. stillen Sie Ihr Baby wenn es gerade wach geworden ist. Es wird dann eventuell nicht so stark saugen, wie wenn es richtig wach und hungrig ist. Wenn das Baby weniger intensiv saugt, ist häufig auch der Milchspendereflex weniger stark. versuchen Sie verschiedene Stillpositionen (auch das Berg auf Stillen, dazu halten Sie Ihr Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als Ihre Brustwarze. Beim Stillen im Rückengriff lehnen Sie sich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützen Sie Ihr Baby von unten mit zwei Kissen in ihrem Schoß und lehnen sich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Eventuell kann Ihr Baby auch schon an ihrer Brust trinken während es auf Ihrem Bauch liegt. So könnten Sie im Liegen stillen und das Baby anschließend auf Ihrem Bauch einschlafen lassen.) lassen Sie das Baby oft aufstoßen. vermeiden sie den Gebrauch von künstlichen Saugern und Schnuller. Mit dem Schnuller lässt sich ein Baby vielleicht hinhalten, aber es bleibt hungrig. Die Milch wird dann um so mehr mit Macht herausschießen, vor allem je mehr das ausgehungerte Baby kräftig saugen wird. Falls Ihr Baby eine Flasche oder einen Schnuller bekommt, kann es auch sein, dass es mit dem Wechsel zwischen den beiden Saugtechniken nicht zurecht kommt und nun deshalb an der Brust frustriert reagiert. In jedem Fall ist es empfehlenswert, dass Sie sich mit einer Stillberaterin in Ihrer Nähe in Verbindung setzen und sich beim Stillen zuschauen lassen. Aus dem, was die Kollegin sieht, kann sie Rückschlüsse ziehen und Ihnen dann gezielte Tipps geben. Sie können sich in München an Frau ZELLER SEITZ Edith, Tel.: 089 4485365 wenden, sie ist eine ganz liebe Kollegin (bitte richten Sie ihr doch liebe Grüße von mir aus) und wird Ihnen sicherlich zur Seite stehen. Auch ich stehe Ihnen jederzeit und gerne zur Seite, wenn Sie Fragen haben (am Wochenende bin ich telefonisch erreichbar). Ich wünsche Ihnen schöne Pfingsttage, llliebe Grüße Biggi


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