Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

nicht-stillen als strafe

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: nicht-stillen als strafe

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

hallo biggi, ich weiß grad nicht, was ich tun soll. felix (wird im juni 3) hat mal wieder ziemliche wutanfälle. er rastet manchmal wegen nichts und wieder nichts (zumindest für mich, für ihn ist es ja schon was) total aus. er heult und schreit und sabbert herum. z.b. wenn er seinen kleinen bruder (3 monate) haut und ich ihm dann sage, das geht nicht und den kleinen wegnehme (ich hab es da noch nichtmal besonders laut gesagt, obwohl ich da manchmal auch ziemlich sauer werde). oder wir haben besuch von einem anderen kind und er möchte absolut gar nichts von seinem spielzeug abgeben. nach mehreren versuchen, erklärungen etc. reißt er dem anderen immer noch alles was der grad hat aus der hand. da hab ich ihn auf den schoß genommen und festgehalten. das ergebnis war wieder ein anfall. oder kürzlich bin ich mit beiden kindern mit dem zug gefahren. der kleine lag im autositz, der stand auf felix autositz und der war auf dem kinderwagen befestigt. felix hat ein fürchterliches theater gemacht, weil er auch in den kinderwagen wollte. ging ja aber leider nicht. so, das waren die beispiele, jetzt zu meinem problem. wenn er dann so austickt möchte er nach kurzer zeit auch stillen. einerseits denke ich, es ist für ihn nicht einfach und er würde mit stillen dann besser klarkommen. andererseits möchte ich weder das verhalten an sich (ich denke das sind alles dinge, die ein kind in seinem alter verstehen könnte) noch den anfall belohnen. nicht daß er dann auf die idee kommt, er muß nur heftig genug toben oder seinen bruder hauen und darf dann öfter stillen (ich versuch es etwas einzuschränken, ich würde gern eigentlich noch weniger stillen, es macht mich irgendwie kribblig und nervös, ganz anders als bei dem baby; ganz abstillen würd ich zwar nicht ungern, aber dazu braucht er das stillen einfach noch zu sehr, das möchte ich ihm nicht verwehren, ich versuch eben kompromisse zu finden. es fällt mir schon schwer, es abzulehnen, aber ich kann mich auch nicht immer nur überwinden). dazu kommt, daß ich dann auch nicht unbedingt lust und auch nicht die ruhe habe zu stillen. wie gesagt, es fällt mir sowieso nicht ganz leicht und ich muß dazu auch ein bißchen in der richtigen stimmung sein. und genervt geht es einfach schlecht, da werd ich dann nur noch genervter. von daher wäre es ja auch eine logische konsequenz, daß er dann nicht stillen darf. in den arm nehmen tu ich ihn natürlich, damit hab ich ja keine probleme. aber das reicht ihm dann nicht und er heult weiter nach seinem nunu (stillen). andererseits finde ich es aber auch nicht richtig, das stillen als "strafe" oder als "belohnung" einzusetzen. es sollte ja einfach etwas schönes sein, was von herzen gegeben wird. und weil ich finde, du bist so eine warmherzige frau hätte ich einfach mal gerne deine gedanken dazu. liebe grüße susanne


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

? Liebe Susanne, vielen Dank für das nette Kompliment. Als dreifache Mutter, kann ich nur zu gut verstehen, was in dir vorgeht, doch ich habe inzwischen ja auch schon dreimal Dreijährige erlebt und kann einigermaßen nachvollziehen, was in ihnen vorgeht. Dein Sohn ist nicht mit Absicht „ungezogen", „trotzig" oder „bockig" oder mit welchen negativen Bezeichnungen man das Verhalten eines Kindes in dieser Situation auch immer bezeichnen will. Er ist ein kleiner Junge, der hilflos seinen Gefühlen ausgeliefert ist. Diese Gefühle kann er nicht wohlformuliert ausdrücken nach dem Motto „ich bin jetzt gerade überfordert und brauche deshalb dringend etwas Ruhe, Unterstützung, Zuwendung ..." (hier kannst Du viele Dinge einsetzen). Deshalb bleibt ihm nichts anderes als in seiner Hilflosigkeit zu schreien oder auch um sich zu schlagen. Auch wenn viele Menschen es nicht glauben: das Kind leidet selbst unter dieser Situation und es braucht dringend die Versicherung, das es geliebt und angenommen wird. Deshalb finde ich es nicht gut, wenn Du ihm das Stillen nach einer solchen Begebenheit verwehrst, denn dann fühlt sich dein Sohn zurückgewiesen. Er kann noch nicht unterscheiden, dass Du ihm „nur" die Brust entziehst und nicht dich selbst und deine Liebe. Mein Vorschlag mag jetzt für manche Menschen seltsam anmuten: Lass deinen Großen zwischendurch wieder „klein" sein. Dem älteren Kind erlauben, wieder klein zu sein, eben auch ein Baby, und es, wenn das Baby schläft, ein bisschen herumtragen, mit ihm ausgiebig kuscheln usw. Der oft geäußerte Spruch „Du bist jetzt schon so groß" führt bei manchen Kindern gerade zum Gegenteil dessen, was man erreichen wollte, denn „groß sein" bedeutet nach Auffassung des Kindes, dass es jetzt nicht mehr so wichtig ist. (Ich weiß, dass dies objektiv nicht so ist, aber das Kind kann es so empfinden). Probier es mal aus, möglicherweise entspannt es eure Situation. Viel Kraft und LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

liebe biggi, vielen dank erstmal. tja, das problem ist "wenn das baby schläft". denn das baby schläft tagsüber ohne körperkontakt eigentlich nur mal kurz. also schläft es dann eben auf dem arm oder im tuch. und mit baby im tuch ist es einfach auch für felix nicht dassselbe. dazu kommt, daß die beschützerinstinkte gegenübr so einem kleinen baby schon sehr ausgeprägt sind. wenn mats schreit, auch wenn er beim papa oder bei der oma ist, dann hab ich das dringende bedürfnis, ihn zu mir zu nehmen. und muß mich manchmal wirklich beherrschen nicht hinzugehen und auch nicht nervös und hasselig zu werden wenn ich grad mit felix was mache. selbst wenn mats eigentlich friedlich daliegt hab ich das bedürfnis ihn bei mir zu haben und versuch das eben manchmal zu unterdrücken, damit felix mich mal für sich hat. nun ja, irgendwie werden wir das schon schaffen. aber das baby geht eben doch meistens irgendwie vor, vor allem bei stillen (beide gleichzeitig macht mich wahnsinnig und ich mach das nur in absoluten notfällen). es hat ja doch die dringenderen bedürfnisse. es ist schon faszinierend, wie sich auch meine eigene sichtweise auf felix verändert hat. vor de geburt kam er mir so klein vor und jezt auf einmal so groß. aber ich versuch auch, in ihm das kleine kind zu sehen. ich sag mir dann, daß er im herzen eben manchmal noch ein baby ist. vielen dank, es tut einfach gut mal ein paar aufmunternde worte zu hören. susanne


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe Susanne, von mir auch noch etwas Aufmunterung... Du bist mein Vorbild, und auch Vorbilder haben mal schwache Minuten! Mir leuchtet alles ein, was Biggi Dir rät - mehr weiss ich leider - schon mangels Erfahrung - auch nicht, aber ich bin sicher, Du wirst (Ihr werdet) den richtigen weg finden! auch von mir alles liebe Doro


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Mach ich wirklich nicht oft, jemanden nahe zu legen ans Abstillen zu denken!!! Und ich hoffe Biggi verzeiht mir das in dieser Situation. Aber an manchen Stellen Deiner Beschreibung der Situation habe ich auch mich viel zu deutlich wiedererkannt. Ich denke dabei an die Tage, wo meine Zoe kurz vor dem 3. Geburtstag war. Immer oefter ertappte ich mich dabei, wie mir das Stillen bzw. der Entzug der Brust im Zusammenhang mit "Strafe" in den Sinn kam, wie mich selbst ruhiges stillen nur noch nervte. Wenn sie wieder mal ankam, ich nur dachte, mensch, Du bist doch schon sooo gross, *muss* das denn noch sein, musst Du mich schon wieder so nerven? Hab's nicht laut zu ihr gesagt, aber dann eben die Zaehne zusammengebissen und gestillt. Auch wenn ich gleichzeitig dran *dachte* sie lieber an die Wand zu klatschen :-( Letztendlich merkte ich, dass ich an einem Punkt angelangt war, wo das stillen mir eine ruhige und wirklich enge Beziehung mit dem Kind nicht mehr ermoeglichte. Endgueltiges Abstillen war dann eigentlich nur die einzige Loesung. Es fiel mir sehr schwer mich dazu durchzuringen. Denn irgendwo hatte ich immer gehofft, ein Kind solange stillen zu koennen bis es selber nicht mehr wollte. Und trotz 2- bzw. 3-jaehriger Stillzeiten hab ich es meinen Kindern nie erlauben koennen. Mir half uebrigens in der Situation auch eine Gespraech mit einer Stillberaterin, die mir sagte, dass ich als Mutter genauso das Recht habe das Stillen aufgeben zu wollen, wie mein Kind das Recht hat das Abstillen zu betrauern. Ich kann die Trauer nicht unbedingt verhindern, aber dem Kind helfen damit umzugehen. Und was soll ich sagen: das Abstillen war dann als ICH mir endlich drueber klar war sehr leicht. Bis dato hat Zoe bei jedem Versuch das stillen zu verweigern Riesenradau gemacht. Als ich ihr dann aber endgueltig nein sagte, und obendrein noch ein Pflaster wegen eines "au-ies" auf der Brust hatte, da kam Akzeptanz, ein wenig Mitgefuehl fuer mein "au-ie" und das war's. Und seitdem wurden die gemeinsamen Kuschelmomente wieder viel entspannter und weniger nervig. Es ist manchmal nicht leicht zu sehen, ob man mitten in einer voruebergehenden Stillkrise steckt, das Kind gerade mal wieder eine schwierige Phase mitmacht - oder doch abstillen fuer beide die bessere Loesung sein kann. Das ist eine Frage, die nur Du selber entscheiden kannst. Gruss aus Calgary, Canada Beatrix


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.