Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nächtlicher Stillmarathon

Frage: Nächtlicher Stillmarathon

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hallo, mein sohn ist jetzt 2 monate und 16 tage alt und wird voll gestillt.das funktioniert auch ohne probleme,nur kommt er seit einiger zeit vor allem nachts immer häufiger und will trinken.anfangs waren es nachts alle 3 std.,vor etwas drei wochen kam er dann alle 2 std. und seit einigen tagen bringt er es auf 1,5 ,manchmal sogar jede stunde(nachts). ich bin mir jetzt nicht sicher was ich machen soll,meine milch ist eigentlich nicht zu knapp,er trinkt auch immer nur an einer brust und ist dann satt.trinkt er nachts vielleicht nicht genug,so dass er schneller wieder hungrig wird?ich lasse ihn aber immer so lange an der brust,bis er von alleine loslässt.lege ich ihn vielleicht immer zu schnell an?ich wache nämlich beim kleinsten mucks auf,warte dann zwar noch eine kurze weile ob er sich wirklich meldet und lege ihn dann aber auch gleich an.ich dachte,es ist besser,nicht so lange zu warten bis er vor hunger schreit,oder sehe ich das falsch?länger warten mit dem anlegen ist allerdings schwierig,wenn ich nachts wach werde weil er schmatzt,grummelt,usw.,kann ich sehr schlecht wieder einschlafen,weil ich immer denke,das er sowieso gleich richtig wach wird(was sich auch als richtig herrausgestellt hat).also warte ich nie lange und hole ihn zu mir,sonst bekäme ich ja noch weniger schlaf und ihn scheint es auch nicht zu stören;nach dem trinken schläft er sofort wieder ein.so,das war jetzt leider etwas lang,ich hoffe du kannst mir helfen! lg,julia


Biggi Welter

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? Liebe Julia, nächtliches Aufwachen und auch das nächtliche Stillen sind nicht unbedingt immer mit körperlichem Hunger gleichzusetzen, denn Stillen ist mehr als reine Nahrungsverabreichung. Schlafen und Ernährung stehen lange nicht in dem Zusammenhang, der immer wieder hergestellt wird. Es gibt Babys, die nachts `durchschlafenA, aber es gibt auch sehr viele Babys und Kleinkinder, die nachts nun mal nicht durchschlafen. Warum glauben Sie, dass es so viele Bücher gibt, die sich damit beschäftigen, wie Eltern ihre Kinder zum Durchschlafen bringen können? Sicher nicht, weil die Mehrzahl der Babys und Kleinkinder die ganze Nacht schläft, denn wenn dies so wäre, dass bräuchte ja kaum jemand so ein Buch. Es würden nur wenige dieser Bücher verkauft und damit würde kein Verlag Gewinn machen. Ohne Gewinnaussicht veröffentlicht aber normalerweise kein Verlag ein Buch. In unzähligen Ratgebern und Broschüren steht, dass ein Baby mit etwa zwei bis drei Monaten nachts längere Schlafphasen haben wird und mit etwa einem halben Jahr damit zu rechnen sei, dass es `durchschlafeA. Und genau diese Erwartung, die allerdings absolut unrealistisch ist, haben dann auch die Eltern. Gleichzeitig ist der Markt überschwemmt von Büchern, in denen verschiedene Strategien propagiert werden, wie ein Baby oder Kleinkind das Schlafen `lernenA könne. Würde die Mehrzahl aller Kinder tatsächlich dem immer wieder verkündeten Schema gemäß schlafen, dann bräuchte kaum jemand alle diese Schlafratgeber und dann würde es sie auch nicht in jedem Buchladen geben. Es ist also einfach so, dass eine unrealistische Erwartungshaltung auf das reale Verhalten des Babys trifft und damit machen wir Eltern uns und unseren Kindern das Leben schwer. Vermehrtes nächtliches Aufwachen ist ab etwa vier bis sechs Monaten ein normales Verhalten bei Babys und zwar nicht, weil das Kind nicht mehr satt würde, sondern entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen `RückschrittA zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn dein Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (die dem Kind das nächtliche Stillen `abgewöhnenA), die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden und selbst die Verfechter sprechen sich gegen eine Anwendung in diesem Alter aus, bleibt Ihnen in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Als stillende Mutter haben Sie den ungeheuren Vorteil, dass Sie Ihr Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten können, ohne dass Sie richtig wach werden und aufstehen müssen. Genießen Sie dieses Privileg, sich einfach nur umdrehen zu müssen und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen können. Spannen Sie auch Ihren Partner (wenn Sie einen haben) ein. Väter können sehr wohl auch einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin bekommen können. Haben Sie ein wenig Geduld mit sich und Ihrem Kind und versuchen Sie sich den Alltag so einfach wie möglich zu machen, damit Sie genügend Ruhe für sich bekommen. Es kommen auch wieder einfachere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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