Frage: "Komplizierter Stillstar"

am 3. Februar 2009 kam meine Tochter Sophia per Notsectio, 10 Wochen zu früh, zur Welt. Auf Station sollte ich alle 4 Stunden abpumpen, was leider nicht möglich war, da sich auf Station mehrere Mütter eine Milchpumpe teilen mussten. Da Sophia im Inkubator lag, durfte ich sie auch nicht anlegen. Zu Hause habe ich mit der Medela Symphonie weiter abgepumpt, wie Stillberaterin auf Station sagte, alle 4 Stunden wechselpumpen 15-7-3min, jedoch wurde die Milch immer weniger und dann sollte ich alle 2 Stunden und zum Schluss jede Stunde abpumpen. Leider half das auch nicht. Schon beim abpumpen habe ich mich um so viel Ruhe wie möglich bemüht. Auf der Frühchenstation wurde mir dann gesagt, die kleinen Mengen Kolostrum bräuchte ich nicht vorbei bringen, sie würden nur unnötig Platz in ihrem kleinen Kühlschrank wegnehmen. Ich war heilfroh, als Sophia endlich nach Hause durfte. Dort habe ich auch versucht sie anzulegen. Sie saugt zwar an der Brust, aber irgendeine Veränderung kann ich bisher nicht feststellen. Ich lege sie so oft wie möglich an und wenn sie schläft, pumpe ich ab, obwohl nichts kommt. Meine Hebamme riet mir von einer Waage ab, das würde mich nur unnötig verrückt machen, wenn sie nach dem Anlegen nicht mehr wiegt. Ich versuche Stress zu vermeiden und es mir beim Anlegen mit ihr möglichst gemütlich zu machen. Nun weiß ich nicht, ob überhaupt Milch kommt, denn beim abpumpen kommt nichts und wenn ich versuche sie mit der Hand auszustreichen, bilden sich nur zwei kleine Tröpfchen. Gäbe es keine Flaschennahrung, müssten Mütter es ja auch weiter mit dem Stillen probieren und nach dem ich gelesen haben, das sogar Adoptivmütter stillen könnten, möchte ich nun noch weniger aufgeben. Es geht mir nicht unbedingt darum, sie allein mit Stillen satt zu bekommen, mit Teilstillen wär ich auch schon zufrieden, aber auch die Nähe dabei ist mir von Bedeutung. Können Sie mir sagen, wie ich weiter verfahren kann/soll?

Mitglied inaktiv - 11.05.2009, 14:49



Antwort auf: "Komplizierter Stillstar"

Liebe hobbittavaron, es gibt Frauen, (sogar mit absolut reichlicher Milchmenge), die beim Abpumpen keinen einzigen Tropfen Milch gewinnen können, denn nicht jede Frau ist in der Lage sich mit dieser Maschine zu arrangieren. Trotzdem muss jetzt nachgeschaut werden, ob das Kind überhaupt effektiv trinken kann und ob evtl. eine andere Pumpe sinnvoll wäre. Was das Pumpen betrifft, so wäre es am besten, wenn Sie durch eine Stillberaterin vor Ort eine individuelle Pumpberatung erhalten könnten. Die Stillberaterin kann Sie dann auch gleich weiter betreuen, bis Sie Sophia die Brust legen können und sie schließlich vielleicht sogar ganz stillen werden. Gerade eine Frühchenmutter braucht die direkte Unterstützung durch eine erfahrene Stillberaterin. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Abpumpen ist eine Fähigkeit, die gelernt und geübt werden muss. Um erfolgreich abzupumpen, muss die Frau nicht nur die geeignete Pumpe zur Verfügung haben und in der richtigen Pumptechnik unterwiesen werden. Der Schlüssel zum erfolgreichen Abpumpen ist das Auslösen des Milchspendereflexes. Um den Milchspendereflex anzuregen hilft es, wenn die Frau sich in eine angenehme Umgebung zurückziehen kann, in der sie so wenig wie möglich gestört wird und sich entspannen kann. Das Einhalten eines Rituals beim Abpumpen und Konzentration auf das Baby (vor einem Foto des Babys oder neben dem Kind abpumpen) tragen dazu bei, den Milchspendereflex auszulösen. Wärmeanwendungen und Massage der Brust stimulieren den Milchspendereflex ebenfalls. Es hat sich bewährt, nach dem Schema 7 Minuten pumpen - unterbrechen zum Massieren der Brust - 5 Minuten pumpen - massieren der Brust - 3 Minuten pumpen, vorzugehen. Eine Brustmassage kann auch dazu beitragen den Fettgehalt der abgepumpten Milch erhöhen. Die besten Erfahrungen habe ich mit vollautomatischen, elektrischen Pumpen mit Doppelpumpset gemacht. Diese Pumpen sind von den Firmen Medela und Ameda erhältlich und können auch in Apotheken und Sanitätshäusern ausgeliehen werden. Da eine Pumpe nicht die gleichen Gefühle auslöst wie ein Baby, müssen Sie - wie oben schon erwähnt - vor allem anfangs ihren Milchspendereflex anregen. Dazu können Sie einige der folgenden Methoden der physischen und psychischen Stimulation einsetzen: Abpumpen in einer vertrauten und angenehmen Umgebung, vielleicht immer am gleichen Platz, im gleichen bequemen Sessel (ideal wäre ein Stuhl, der ihre Arme in einer bequemen Haltung stützt und es Ihnen ermöglicht den ganzen Körper zu entspannen). Störungen so gering wie möglich halten. Sie sollten z.B. das Telefon aushängen, etwas entspannende Musik anschalten und alles was Sie brauchen könnten bei der Hand haben. Dazu können ein Glas Wasser oder Saft, ein gesunder Imbiss oder etwas zu lesen gehören. Einhalten eines Rituals vor dem Abpumpen. Das Einhalten eines bestimmten Ablaufs vor dem Abpumpen, kann ihren Milchspendereflex anregen und auch als psychologischer Auslöser dafür wirken. Einige der folgenden Vorschläge können eventuell auch Ihnen helfen: o Wärmeanwendungen auf den Brüsten, entweder trocken oder feucht. Dazu können feuchte, warme Kompressen oder ein Heizkissen verwendet werden, oder aber Sie duschen warm. o Da Wärme entspannend wirkt, sollte Sie sich eine Decke oder eine Jacke über die Schultern legen, oder sich in die Nähe einer Heizquelle setzen. o Sanfte Brustmassage, entweder in der Dusche oder direkt vor dem Abpumpen. Das hilft besonders dann, wenn Sie angespannt sind. o Brustwarzenstimulation, durch sanftes Reiben oder Rollen der Brustwarzen. o Fünf Minuten Entspannung. Die Anwendung der Atemübungen aus der Geburtsvorbereitung oder einfach nur ruhiges Dasitzen und sich dabei etwas Angenehmes vorstellen (einen warmen Sandstrand mit Wellen, die ans Ufer plätschern, ein Gebirgsbach oder eine tropische Brise). Das Abpumpen mehrmals unterbrechen um die Brust zu massieren. Es sollte möglich sein, den Milchspendereflex mehrfach stimulieren, indem Sie das Abpumpen nach etwa zehn Minuten unterbrechen, ihre Brust massieren und dann wieder pumpen. (Bei der La Leche Liga Deutschland können Sie das Infoblatt "Die Marmet-Methode" über das Handausstreichen und Massieren der Brust bestellen) Rhythmische Bewegungen beim Abpumpen um das Saugverhalten des Babys nachzuahmen. Beim Saugen übt das Baby einen sanften, rhythmischen Druck auf die Milchseen aus während es einen Sog aufbaut. Um ihren Milchspendereflex möglichst wirkungsvoll anzuregen, sollte Sie versuchen, das Saugverhalten ihres Babys an der Brust nachzuahmen. Um die Milchproduktion richtig in Gang zu bekommen, sollten Sie häufiger als fünf Mal pro Tag pumpen. Ein Baby würde jetzt mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an Ihrer Brust trinken. Versuchen Sie etwa ebenso oft zu pumpen, wie ein Baby trinken würde, also etwa alle zwei bis drei Stunden. Ob Sie nachts eine längere Pause einlegen (etwa sechs Stunden) oder nicht, müssen Sie ausprobieren. Manche Mütter bevorzugen eine Nachtpause, andere kommen besser zurecht, wenn sie auch in der Nacht regelmäßig weiter pumpen. Insgesamt sollten Sie auf eine Pumpzeit von mindestens 100 Minuten innerhalb von 24 Stunden kommen. Es ist sinnvoller häufiger kürzer abzupumpen als seltener und länger. Frühchenmütter sollten auf Überschuss pumpen, damit Sie genügend Milch zur Verfügung haben, wenn Sarahs Bedarf steigt und auch, weil Sie damit rechnen müssen, dass es Einbrüche bei der Milchmenge geben kann, wenn Sie besonders unter Stress stehen, weil Sie mal entmutigt sind oder es unerwartete Probleme geben könnte. Solche Einbrüche erlebt fast jede Mutter eines Frühchens, doch sie sind nicht bleibend. Essen Sie genügend und ausgewogen (ausreichend kohlenhydrathaltige Nahrung) und trinken Sie entsprechend Ihrem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme wirkt sich nicht positiv auf die Milchmenge aus. Viel trinken mach NICHT viel Milch, im Gegenteil. Solange Sie sich nicht ausgedörrt fühlen, ihr Urin hell ist und Sie keine Verstopfung bekommen, trinken Sie genug. Es gibt keinen wirklichen Beweis für die Wirksamkeit von Milchbildungstees. Wenn Sie Milchbildungstee trinken wollen, dann bitte nicht mehr als zwei bis drei Tassen täglich, mehr kann Bauchprobleme beim Kind verursachen. Versuchen Sie so viel Ruhe und Entspannung wie es in Ihrer stressbeladenen Situation möglich ist zu finden. Mein Text ist jetzt schon sehr lang geworden und ich hoffe, es ist einigermaßen verständlich. Ich möchte Sie noch auf die Infobroschüre der La Leche Liga "Stillen von Frühgeborenen" hinweisen. Auf knapp 60 Seiten finden Sie in diesem Heft viele Informationen rund um das Stillen von Frühchen. Die Broschüre ist bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin oder über den Shop-Link auf dieser Seite erhältlich. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Tochter alles Gute und bin jederzeit für Sie da, wenn Sie Fragen haben. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 11.05.2009