Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Immer noch quasi voll stillen mit 10 Monaten?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Immer noch quasi voll stillen mit 10 Monaten?

Mitglied inaktiv

Liebe Biggi, Ich habe mich schon vor ca. 4 Monaten an dich gewandt, weil Jonas sich weigerte, etwas anderes als Muttermilch zu sich zu nehmen.Damals habe ich mir noch keine allzu großen Sorgen gemacht, inzwischen allerdings schon. Jonas ist jetzt 10 Monate alt und hat sein Verhalten eigentlich nicht sehr geändert. Meist verweigert er zusätzliche Kost. Nur während Wachstumsschüben isst er mal ganz gut zusätzlich für etwa 2 - 3 Tage und dann verweigert er sich wieder. Wenn er nicht wegen eines Magen-Darm-Infektes wieder auf 7 1/2 Kilo gerutscht wäre, und seit Wochen eigentlich kaum zunimmt, dann würde ich ihn einfach weiter voll stillen. Er ist auch ziemlich häufig krank zur Zeit. Allerdings finde ich es zu brutal, ihm einfach die Brust zu verweigern, damit er seinen Brei isst. Rein technisch kann er schon gut vom Löffel essen. Normalerweise probiert er ein, zwei Löffelchen, will aber dann an die Brust, und wehrt sich mit Kopfwegdrehen und im schlimmsten Fall mit Händen und Füßen und Geschrei, wenn ich versuche, ihn weiter zu füttern. Nachdem ich ihn dann gestillt habe, nimmt er manchmal noch einen "Nachtisch" (ein paar Löffelchen). Banane nimmt er in kleinen Stückchen, aber auch nicht viel. Ich habe immer gehofft, dass er eines Tages von selbst mehr Beikost essen möchte und das ist eigentlich auch immer noch meine Idealvorstellung. Allerdings mache ich mir Sorgen wegen seines Gewichtes und seiner Gesundheit. Stimmt es eigentlich, dass es mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird, die Kleinen von der Brust zu entwöhnen und sie an andere Kost heranzuführen? Das Gefühl habe ich nämlich bei Jonas. Wird er eines Tages von selbst zu essen anfangen oder muss ich ihn mehr heranführen? Wie kann ich das machen, ohne ihn zu zwingen? Petra


Biggi Welter

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? Liebe Petra, Hast Du schon einmal versucht deinem Kind fingergerechte Nahrung anzubieten? Vielleicht mag es einfach keinen Brei und will auch nicht, dass ihm jemand etwas in den Mund steckt. Es gibt viel mehr Kinder als angenommen wird, die einfach selber essen wollen und einen Horror davor haben, dass sie gefüttert werden. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse- und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. Brot bietet sich im Alter deines Kindes an. Wichtig ist, dass ihr keinen Kampf um das Essen macht, denn da gibt es dann nur Verlierer. Ein Kind soll essen dürfen, nicht müssen. Mit Zwang erreichst Du gar nichts und legst im ungünstigsten Fall den Grundstein für eine Essstörung. Zur Beruhigung hänge ich dir den Artikel über den Vortrag von Dr. Carlos Gonzales auf der Europakonferenz der La Leche Liga in Nottingham an. Es ist wirklich schade, dass es sein Buch (noch) nicht auf deutsch gibt. LLLiebe Grüße Biggi Mein Kind will nicht essen Vortrag von Dr. Carlos Gonzales auf der LLL-Europa-Konferenz 2000 in Nottingham zusammengefasst von Denise Both, IBCLC Dr. Carlos Gonzales ist Kinderarzt in Barcelona. In den letzten zwölf Jahren hat er Vorträge bei zahlreichen La Leche Liga-Konferenzen gehalten. Er gründete ACPAM (eine katalanische Stillorganisation), organisiert Stillkurse für medizinisches Fachpersonal in ganz Spanien, übersetzte Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins spanische und ist Mitglied des Medizinischen Beirates von LLLInternational. Dr. Gonzales ist Vater von drei gestillten Kindern. 1999 hat Dr. Gonzales sein Buch „Mi nino no me come" (Mein Kind will nicht essen) veröffentlicht und mit diesem Thema beschäftigte sich auch sein Vortrag in Nottingham. „Mein Kind isst nicht(s)" - das ist einer der Sätze, mit denen Kinderärzte fast täglich in ihrer Praxis konfrontiert werden. Besorgte Mütter berichten entsetzt, wie wenig ihre Kinder essen und schildern mit welchen Tricks sie versuchen, Nahrung in ihr Baby oder Kleinkind hineinzuzwingen. Der Kampf ums Essen spielt sich täglich ab und letztlich gibt es nur Verlierer. Dr. Gonzales erklärte in seinem Vortrag, dass er nun nicht ein Patentrezept liefern mag, mit dem erreicht wird, dass das Kind isst, sondern er will erklären, warum das Kind nicht isst. Zunächst einmal gibt es drei Gründe, warum ein Kind nicht isst: es gibt nichts zu essen, das Kind hat keinen Hunger oder das Kind ist krank. Der erste Grund ist in unserer Gesellschaft meist auszuschliessen. Ein gesundes Kind isst in der Regel wenn es hungrig ist, allerdings nicht immer das, was die Mutter möchte und schon gar nicht so viel wie es nach den Vorstellungen der Mutter essen müsste. Verwunderlich ist dabei, dass die Kinder noch nicht verhungert sind, obwohl sie laut Aussage der Mütter „nichts" essen. Gestillte Babys lehnen oft feste Nahrung über einen langen Zeitraum ab, nicht selten bis zum Alter von acht Monaten oder gar einem Jahr. Die Mutter verzweifelt und das Kind leidet, weil ständig versucht wird, es zum Essen zu überreden oder gar zu zwingen. Wie kommt es nun dazu, dass (anscheinend) immer mehr Kinder die Nahrungsaufnahme verweigern? Und ist es notwendig ein Kind zum Essen zu zwingen? Dr. Gonzales vergleicht, wie sich die Empfehlungen, wann das Baby feste Nahrung erhalten beziehungsweise wie lange es ausschliesslich gestillt werden sollte, im Verlaufe der letzten 100 Jahre verändert haben. Dann hat er das „Phänomen" der nicht essenden Kinder sowie die Sorge der Mütter, dass Ihre Kinder nicht essen, anhand der diesbezüglich in Kinderpflegebüchern auftretenden Ratschläge beleuchtet und einen erstaunlichen (oder vielleicht doch nicht erstaunlichen) Zusammenhang gefunden: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in spanischen Büchern zur Säuglingspflege eine Zeit von zwölf Monaten mit ausschliesslicher Muttermilchernährung empfohlen. Gleichzeitig findet sich nirgends ein Hinweis in diesen Büchern, wie mit einem Kind zu verfahren sei, das nicht essen will. Je weiter das Jahrhundert fortschreitet, um so jünger sollen die Kinder laut den Empfehlungen der diesbezüglichen Bücher sein und: um so mehr Ratschlage gibt es, was mit einem Kind zu tun sei, das nicht essen will. Wird zu Beginn der dreissiger Jahre noch nur ganz kurz auf dieses Thema eingegangen, so sind 30 Jahre später schon seitenweise Abhandlungen zu finden, was mit einem die Beikost (im Alter von drei bis sechs Monaten) verweigernden Kind zu tun sei und die Seitenzahlen zu diesem Thema werden von Jahr zu Jahr mehr. Wie viel Nahrung braucht ein Kind? Der Nahrungsbedarf eines Kindes hängt ab von seiner Körpergrösse, seiner Aktivität und vom Wachstum des Kindes. Allerdings ist es nicht so, dass das Kind wächst, wenn es isst, sondern umgekehrt, das Kind isst, wenn es wächst. Der Nahrungsbedarf des Kindes lässt sich daher nicht pauschal bestimmen. Am ehesten gelingt dies, wenn das Kind sich in einer Wachstumsphase befindet, dann lässt sich eine Relation zwischen Gewicht des Kindes und erforderlicher Nahrungsmenge herstellen. Ein Kind im Alter zwischen einem und vier Jahren benötigt etwa 1000 bis 1100 kcal pro Tag (das entspricht etwa 102 kcal pro Tag und kg Körpergewicht). Nun gibt Dr. Gonzales an, was ein „nicht essendes Kind" täglich nebenbei zu sich nimmt: 1/2 l Milch (335 kcal), einen Becher Joghurt mit Früchten (141 kcal), einen Schokoriegel (275 kcal) und 150 ml Apfelsaft (85 kcal). Zusammen ergibt das bereits eine Kalorienaufnahme von 836 kcal. Wie soll das Kind dann noch zwei komplette weitere Mahlzeiten essen können, wenn es seinen Kalorienbedarf bereits zu gut 80 Prozent quasi „nebenbei" gedeckt hat? Wie lange kann ein Baby ausschliesslich mit Muttermilch ernährt werden? Die derzeit verbreiteste Empfehlung lautet, dass ein Baby mit sechs Monaten zusätzliche Beikost ergänzend zur Muttermilch benötigt. Nun gibt es aber bekanntermassen viele gestillte Kinder, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Beikost akzeptieren. Dr. Gonzales hat deshalb eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ohnehin sind die Empfehlungen dazu, wie viel ein Baby benötigt meist zu hoch. Die Empfehlungen beruhen beispielsweise darauf, dass untersucht wird, welche Mengen gesunde, reif geborene Babys im Durchschnitt essen. Daraus werden Richtwerte berechnet, die sich immer an den Höchstmengen orientieren und zusätzlich noch Sicherheitszuschläge enthalten. Babys benötigen auch weniger Eisen, als meist angegeben wird. Dabei lässt sich beobachten, dass die meisten Kinder instinktiv das essen, was bei einem Mehrbedarf an Eisen sinnvoll ist. Babys sind Skeptiker, wenn sie neue Lebensmittel essen sollen. Dieses Misstrauen ist ein Schutzmechanismus, der das Kind davor bewahren soll, etwas zu essen, was ihm nicht bekommt. Bevorzugt isst ein Baby das, was auch seine Mutter isst, denn dieser Geschmack ist ihm durch die Muttermilch vertraut. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass ein Baby gekochte Karotten ablehnt, wenn die Mutter nie gekochte Karotten isst. Die meisten Babys mögen kein Gemüse, aber sie essen gerne Bananen, Nudeln und Süssigkeiten. Ein Vergleich der Kaloriendichte ergibt, dass Babys Nahrungsmittel mit einer grösseren Kaloriendichte bevorzugen und Muttermilch liefert mehr Kalorien als Gemüse und die meisten Nahrungsmittel, aus denen Mahlzeiten für Babys hergestellt werden. Um die gleiche Menge an Kalorien, wie sie in 100 ml Muttermilch enthalten sind, durch den Verzehr von Karotten aufzunehmen, müsste das Kind fast 400 g gekochte Karotten essen! Daraus lässt sich ein Zusammenhang zwischen Unterernährung und Nicht-Stillen erklären: da der Magen des Babys klein ist, benötigt es hochkalorische Kost. Gemüse kann nicht in so grossen Mengen gegessen werden, wie es notwendig wäre, um das Kind mit genügend Kalorien zu versorgen. Laut Dr. Gonzales weiss das Kind ganz genau, was und wann es essen muss. Deshalb lautete sein Schlusssatz, den er den Zuhörern mit nach Hause gab: Zwingen Sie ein Kind niemals zum Essen. NIEMALS!


Mitglied inaktiv

Hallo Petra! Ich hab auch so einen Busenliebhaber! Bin schon ziemlich ratlos, hab alles probiert, mein kleiner Busenzeck ist schon 11 Monate!!!! Er kostet maximal das was ich esse, und kann es überhaupt nicht ausstehen, daß ich ihm irgendetwas in den Mund stecke, schon gar keinen Löffel. Bin also doppelt gespannt auf Biggis Antwort. Liebe Grüße aus Wien Babs


Mitglied inaktiv

Hallo Petra! Ich hab auch so einen Busenliebhaber! Bin schon ziemlich ratlos, hab alles probiert, mein kleiner Busenzeck ist schon 11 Monate!!!! Er kostet maximal das was ich esse, und kann es überhaupt nicht ausstehen, daß ich ihm irgendetwas in den Mund stecke, schon gar keinen Löffel. Bin also doppelt gespannt auf Biggis Antwort. Liebe Grüße aus Wien Babs


Mitglied inaktiv

ich auch ich auch!!!!noch dazu schläft meine kleine nur am busen ein und läßt sich auch meistens nur mit busi beruhigen..... jedoch ist sie mit elf monaten schon ein ganz schönes bröckerl : 83cm und 9,8kg.. also biggi wir sind gespannt liebe grüße Sophie


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