Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Häufiges Ansetzen

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Häufiges Ansetzen

Mitglied inaktiv

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Meine tochter ist jetzt 9 wochen alt und wird von angang an nach bedarf gestillt. Als sie 2 wochen alt war musste ich zusätzlich ''künstlich'' zufüttern da sie nicht mehr zunahm sondern abnahm. Was mich sehr belastet hat. Habe aber nach einer woche wieder aufgehört und sie öfters gestillt und jetzt nimmt sie auch prima zu. Ist es ok wenn ich sie alle stunde stille? Alle um mich herum sagen mir so kriege sie nie einen normalen ablauf und schlafe aus diesen gründen über den Tag nicht. (Sie ist von morgens 5 Uhr bis abens 22 uhr hellwach) Sie schläft auch nur an der Brust ein was aber für mich in ordnung so ist da ich denke sie braucht das (und ich auch). Durch das stillen fühle ich mich sehr müde gibt es etwas ''natürliches'' um wieder etwas fiter zu werden? Herzlichen Dank für ihre Antwort


Biggi Welter

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Liebe Wasserfrau1, Sie machen es GENAU richtig :-). Alle Stillexperten sind sich schon seit sehr langer Zeit einig: bei einem gesunden, voll ausgetragenen und gut gedeihenden Baby ist Stillen nach Bedarf das Optimale. So wird sichergestellt, dass das Kind die Nahrung, die es braucht, immer dann bekommt wann es sie braucht. Eine Ausnahme stellen schlecht zunehmende Kinder oder kranke Kinder dar, da kann es sein, dass die Mutter regulierend eingreifen muss und das Baby eventuell zum Stillen wecken muss. Im Durchschnitt will ein kleines Baby wie Ihre Tochter in unregelmäßigen Abständen zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Solange das Kind gut gedeiht, können Sie es auch unbesorgt Ihrer Tochter überlassen, wie lange oder kurz sie an der Brust trinkt. Das Einzige, worauf Sie sich bei einem Baby verlassen können, ist, dass Sie sich auf nichts verlassen können. Der "Rhythmus" eines Baby ist ständigen Änderungen unterworfen und keineswegs eine feste Größe. Das Verhalten Ihrer Tochter entspricht schon fast "lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem "non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: "Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Stillen ist lange nicht so anstrengend wie vielfach behauptet wird. Dass Mütter müde sind, liegt weniger am Stillen als an der Tatsache, dass eine Mutter 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Wochen und das das ganze Jahr hindurch im Einsatz ist. Die Versorgung eines Babys oder Kleinkindes gehört zu den anstrengendsten Arbeiten, die es gibt. Gönnen Sie sich selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lassen Sie den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Machen Sie den Tragetest. Bügeln Sie etwas und tragen Sie es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügeln Sie es nicht und tragen es für zehn Minuten. Dann vergleichen Sie ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Sie können dann eine Hälfte einfrieren und haben damit schnelle eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Nehmen Sie ALLE Hilfe an, die Sie bekommen können. Möglicherweise kann Ihnen auch Ihre Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, den Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für die Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Sie in die sich hinlegen, spazierengehen oder sonst etwas für sich tun ... Vielleicht finden Sie einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit dem Baby zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit sollten Sie dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder SICH etwas Gutes tun. Achten Sie darauf, dass Sie genügend essen und trinken. Sie müssen keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparen Sie sich auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. Schauen Sie nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch Ihre beiden werden älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränken Sie viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Sie auf diese Weise mehr Zeit für sich bekommen. Diese "gewonnene" Zeit können Sie dann dazu nutzen, sich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Vergessen Sie sich selbst nicht: Gönnen SIE SICH etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. Ich wünsche Ihnen bald wieder ruhigere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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