Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Fläschchenverweigerung

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Fläschchenverweigerung

Mitglied inaktiv

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Hallo Biggi! Ich habe folgendes Problem: Ich möchte meine knapp 5 Monate alte Tochter langsam abstillen, da ich das Gefühl habe, dass meine Milch nicht mehr ausreicht. Meine Tochter, die bis jetzt voll gestillt wurde, wacht nämlich nachts nun wieder alle 3 Stunden auf und möchte trinken, nachdem sie schon fast durchgeschlafen hat. Leider verweigert sie das Fläschen - wir haben schon alle Tricks probiert, aber sie saugt einfach nicht. Sie nimmt auch keinen Schnuller, und spuckt alle Sauger angeekelt wieder aus bzw. beginnt hysterisch zu schreien. Wie bekomme ich sie dazu, aus dem Fläschchen zu trinken? Danke für deine Hilfe, lg Jo1


Biggi Welter

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? Liebe Jo, es ist eine Sache, dein Kind dazu zu bringen, dass es aus der Flasche trinkt und eine andere, dass es nachts wieder vermehrt aufwacht. Wenn Du jetzt abstillen willst und die Flasche einführst, musst Du dir darüber klar sein, dass die Flasche keine Garantie für ruhigere Nächte sein wird und es sein kann, dass Du statt alle drei Stunden zu stillen, alle drei Stunden eine Flasche geben wirst. Abstillen nur weil Du hoffst, dass dein Kind dann besser schläft, könnte zu einer herben Enttäuschung führen. Es ist geradezu klassisch, dass ein Baby in diesem Alter anfängt nachts (wieder) häufiger aufzuwachen und auch wieder häufiger nach der Brust zu verlangen. Das liegt jedoch nicht daran, dass die Milch nicht mehr ausreicht, sondern ist entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen „Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn dein Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass ein Baby am Abend nur ausreichend „abgefüllt" werden müsse, um ruhigere Nächte zu erreichen. Wer auch immer das Gerücht in die Welt gesetzt hat, dass Beikost oder künstliche Säuglingsnahrung besonders lange „vorhalten" und Kinder dann länger schlafen, der hat vielleicht ein Ausnahmekind gehabt oder eventuell sogar gar keines. Ich will nicht behaupten, dass es nicht manchmal tatsächlich so ist, dass ein Baby länger schläft, wenn es am Abend einen Brei oder eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung bekommt, aber es ist keinesfalls die Regel (und vielleicht sogar einfach nur Zufall) und nicht wenige Kinder schlafen nach einer „Reichhaltigen Abendmahlzeit" sogar noch schlechter. Das heißt nicht, dass dem Kind die Beikost vorenthalten werden sollte, aber dass keine großartigen Erwartungen in Bezug auf das Schlafverhalten mit der Gabe von zusätzlicher Nahrung verbunden werden sollten. Die Fähigkeit länger zu schlafen, hängt nicht von der Art der Nahrung und auch nicht von der Menge der Nahrung ab. Das wurde inzwischen in Studien hinlänglich festgestellt und haben auch schon viele Eltern erkennen und erleben müssen. Es ist ein Reifungsprozess beim Kind, der von Kind zu Kind unterschiedlich schnell verläuft. Viele Stillkinder lehnen die Flasche ab, schlicht und ergreifend deshalb, weil die Technik an der Flasche eine ganz andere ist, als an der Brust. Dazu kommt, dass sich ein Flaschensauger ganz anders anfühlt als die Brust und so lehnen viele Stillkinder die Flasche ab. Wenn die Mutter die Flasche geben will kommt noch dazu, dass es sich denkt „Was soll denn damit? Ich kann doch die Milch meiner Mutter riechen und fühle ihre Brust und bekomme so etwas Seltsames in den Mund gesteckt". In einigen Fällen hilft es daher, wenn jemand Anderes die Flaschenfütterung übernimmt. Die Flasche ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, wie ein kleines Baby gefüttert werden kann. Es geht auch mit einem Becher. Es empfiehlt sich nicht, zu warten, bis das Baby sehr hungrig oder müde ist. Müde oder hungrige Babys sind nicht unbedingt daran interessiert etwas Neues auszuprobieren. Manche Babys wollen auch einfach nicht aus einer Flasche trinken. Bei diesen Kindern kann man dann versuchen, ob sie aus einer Trinklerntasse (Schnabeltasse) trinken. Viele Mütter berichten, dass ihre Babys die Trinklerntasse von Avent mit dem weichen Schnabelaufsatz gerne (oder zumindest lieber) annehmen. Unter Umständen kann man auch löffeln. Hier noch ein paar Tipps, wie das Baby die Flasche vielleicht besser annimmt: • die Flasche anbieten, ehe das Baby zu hungrig ist • das Baby beim Flaschegeben in ein Kleidungsstück der Mutter (Geruch) einwickeln • den Flaschensauger nicht in den Mund des Babys stecken, sondern die Lippen des Babys damit berühren, so wie die Mutter dies mit der Brustwarze tut • den Flaschensauger mit warmem Wasser auf Körpertemperatur bringen oder beim einem zahnenden Baby abkühlen, um die Zahnleisten zu beruhigen • verschiedene Saugerformen und Lochgrössen ausprobieren • verschiedene Haltungen beim Füttern einnehmen • versuchen das Baby im Halbschlaf zu füttern • geduldig bleiben und auch alternative Fütterungsmethoden in Betracht ziehen (z.B. Becher, Löffel) Die Becherfütterung ist mit der richtigen Technik keineswegs aufwändiger als die Flaschenfütterung und deshalb durchaus eine Alternative zur Flasche. Der nächste Punkt ist der, dass Babys Feinschmecker sind und künstliche Säuglingsnahrung schmeckt nun einmal ganz anders als Muttermilch. Deshalb ist es oftmals hilfreich, wenn zunächst die Flasche mit abgepumpter Muttermilch und erst dann die künstliche Säuglingsnahrung eingeführt wird. LLLiebe Grüße Biggi


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