Der Druck auf die Mütter heutzutage

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Der Druck auf die Mütter heutzutage

ist einfach nur enorm! Man soll stillen, stillen, stillen - auch wenn das Kind alle halbe Stunde kommt, man soll die Kinder nicht weinen lassen.... das alles macht für mich ja auch großen Sinn und ich praktiziere dies auch so, doch sollten auch die Mütter verständnisvoller behandelt werden und auch wieder etwas mehr auf ihren Instinkt hören. Es wird immer alles so leicht gesagt, halte durch, meist auch von der älteren Generation, die früher fast immer zugefüttert hat und die Kinder hat schreien lassen. Meine Kleine kommt am Tag inzwischen 28 Mal an die Brust - in 24 Stunden. Sie trinkt gut und nimmt auch gut zu - nur das sie an die Brust möchte häuft sich von Tag zu Tag. Ich lasse sie nun schon mit im Bett schlafen, damit mir das Stillen erleichtert wird, lasse mir von meinem Partner Häppchen zubereiten die ich essen kann - habe überall Wasser zu stehen, damit ich das Trinken nicht vernachlässige, doch irgendwie sagt mir mein Instinkt, dass da etwas nicht stimmt. Ich wiege 7 Kilo weniger als VOR der Schwangerschaft (jetzt 45 Kilo) und trotzdem wird gesagt, ich soll weiter durchhalten - ich würde mich durch diesen Druck auch schon gar nicht mehr trauen zuzufüttern aus Angst der Kleinen damit zu schaden. Eine Freundin hatte auch das Problem. Sie füttert nach jedem Stillen noch die Flasche und die Kleine lacht danach zufrieden und vor allem lacht ihre Mutter entspannt zurück. Das alles verwirrt.....

Mitglied inaktiv - 23.06.2010, 11:01



Antwort auf: Der Druck auf die Mütter heutzutage

Liebe mellimaus4, Du fühlst dich erschöpft und müde und erhoffst dir vom Abstillen oder Zufüttern eine Erleichterung. Dieser Gedanke liegt bei einer stillenden Frau oft nahe, wird ihr doch von der Gesellschaft ohnehin meist eingeredet, dass das Stillen und vor allem das längere Stillen, eine Frau auslaugt. Doch in Wirklichkeit ist es nicht das Stillen, das die Frau erschöpft, es ist schlicht und ergreifend die Tatsache, dass Du einen der härtesten Berufe der Welt gewählt hast. Mutter sein ist ein 24 Stunden Job, sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr, ohne Urlaubsanspruch. Diese Arbeit ist anstrengend, auch wenn nicht gestillt wird. Im Gegenteil, durch das Stillen bekommt die Frau oft die Gelegenheit, sich auch am Tage einmal hinzulegen oder zumindest sich hinzusetzen, die Füße hoch zu legen und ein paar ruhige Minuten mit dem Kind zu verbringen. Es wird zwar immer wieder behauptet, dass das Stillen die Frauen auslauge und "zehrt", doch in aller Regel liegt die Gewichtsabnahme nach der Geburt nur zum Teil am Stillen. Es kommt nur selten vor, dass eine Frau tatsächlich durch das Stillen so extrem abnimmt und ein Abstillen in Betracht gezogen werden sollte. Oft hat die Gewichtsabnahme ihren Grund zum Beispiel in einer Fehlfunktion der Schilddrüse, wie sie nach einer Schwangerschaft häufiger zu finden ist. Deshalb solltest Du Schilddrüse kontrollieren lassen. Allerdings kann es auch eine noch viel einfachere Erklärung geben: bei einem Baby, das mehr Aufmerksamkeit braucht als viele andere Babys, kann es dazu kommen, dass der Alltag insgesamt sehr hektisch verläuft und die Frau zwar zwischendurch mal eine Hand voll Chips in sich hineinfuttert, unter dem Strich aber doch zu wenig isst. Ehe Du nun wirklich wohl auch gegen deine innere Überzeugung - abstillst oder zufütterst, versuche doch einmal einen anderen Weg: Gönne dir selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Mach den Tragetest. Bügele etwas und trage es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügelst Du es nicht und trägst es für zehn Minuten. Dann vergleichst Du: ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Du kannst dann eine Hälfte einfrieren und hast damit schnell eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Versuche dir am Tag Freiraum für dich zu schaffen. Vielleicht kann dir dein Mann, deine (Schwieger)Mutter, eine Freundin oder ein verantwortungsbewusster Teenager dein/e Kind/er für eine Stunde oder so abnehmen, mit ihm spazieren gehen oder spielen und diese Zeit nutzt du für DICH. Selbst wenn Du nur in Ruhe in der Badewanne liegt, einmal um den Block joggst oder dich mit einer Zeitung und einer Tasse Tee in einen anderen Raum begibst, so ist das ein Weg aufzutanken und wieder neue Kraft zu schöpfen für den anstrengendsten Beruf der Welt: Mutter. Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese "gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Suche dir wirklich Hilfe und Unterstützung. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 23.06.2010



Antwort auf: Der Druck auf die Mütter heutzutage

Liebe mellimaus4, Ich hoffe ich darf mich hier mal einmischen!? ich kann dich gut verstehen, obwohl es bei mir nie so extrem war. Die Tipps von Biggi haben sicher Ihre Berechtigung, ich habe ähnliche damals von meiner Hebamme auch bekommen. Leider habe ich vorher auch nicht gebügelt, so dass da nicht viel Kapazitäten frei zumachen waren. Auch das mit der Entspannung ist richtig, aber schwer - entweder weil bei 28 mal stillen in 24 Stunden kaum Gelegenheit für die Badewanne bleibt, oder weil man einfach so unter Strom steht, dass selbst wenn man mal die Gelegenheit hat, der Kopf dafür nicht mehr frei ist. Soweit meine Erfahrung. Hast du mal versucht, dein Baby anders zu beruhigen? Stillen tröstet ja auch, vielleicht hat es gar nicht soviel Hunger sondern muss "nur" getröstet werden. (Ziehe ich mir hier den Ärger von LLL zu?) Ich hatte am Anfang Phasen, wo ich dachte, meine Kleinen werden nicht satt, und habe dann schweren Herzens nach 3 h Dauerstillen zugefüttert. Eine hat dann tatsächlich noch mal 100ml getrunken, die andere nichts. (Die beiden hatten im Krankenhaus eh schon mal Milchpulver bekommen). Jetzt weiß ich es zwar besser, nämlich dass das eine rel. normale Situation ist, und ich nicht hätte zufüttern müssen. Und letztendlich haben wir das meiste von der Packung dann doch weggeschmissen, aber es hat enormen Stress von mir genommen. Ich denke "mal" zufüttern ist durchaus eine Option, besonders wenn es deinen Stress reduziert. Vielleicht reicht es ja schon ein Packung für den Fall der Fälle dazu haben. Nach einer Weile legt sich allerdings das Dauerstillen in der Regel von alleine, daher stellt sich vielleicht auch noch die Frage, wie weit ihr schon seid...(d.h. wie alt das Baby)

Mitglied inaktiv - 23.06.2010, 14:13



Antwort auf: Der Druck auf die Mütter heutzutage

Meine Kleine ist jetzt 11 Wochen. Ich hoffe, das geht wirklich nicht ewig so....

Mitglied inaktiv - 24.06.2010, 12:31