Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

"Dauerstillen" seit heut früh

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: "Dauerstillen" seit heut früh

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Liebe Frau Welter, ich habe am 16.03.05 einen 55 cm großen und 4430 g schweren Jungen zur Welt gebracht. Bereits im Kreißsaal wurde er angelegt und hat die Brust genommen. Die nächsten 2 Tage nach der Geburt hat er die Vormilch bekommen, ich habe ihn häufig angelegt und er hat gut getrunken. Zusätzlich haben die Schwestern ihm 2-5x 50 ml Maltodextion von Alete gegeben. Seit dem 3. Tag nach der Geburt habe ich sehr viel Muttermilch und er trinkt auch gut. Ich habe bisher ca. alle 2 Stunden angelegt und er hat die Brust leer getrunken. Er saugt sehr gut und trinkt 15 min. Meine Hebamme meinte heute zu mir, ich solle max. noch alle 3 Stunden anlegen, der Kleine habe gut zugenommen. Seit heute morgen ist er nicht zu beruhigen. Er will ständig die Brust, mittlerweile in Abständen unter einer Stunde. Der ist durch nichts zu beruhigen, strampelt wild um sich, fuchtelt mit den Ärmchen, schreit und saugt an allem was ihm in die Nähe kommt. Gebe ich die Brust, trinkt er sie leer. Was soll ich tun ? Ich habe doch genug Milch und er trinkt gut und wird trotzdem nicht satt. Fehlen meiner Milch vielleicht bestimmte Nährstoffe ? Kann es an meiner Ernährung liegen ? Ich weiß mir keinen Rat mehr. Soll ich auf Pulvermilch umsteigen ? Bitte anworten sie schnell, ich weiß nicht weiter. Vielen Dank Lena


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Liebe Lena, ganz sicher ist Ihre Milch nahrhaft genug und alles wird gut, wenn Sie nicht auf solche Ratschläge hören! Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte und Ihr Baby ist im klassischen Alter dafür. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Wird in dieser Situation zugefüttert, so wird in das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage eingegriffen und das kann der Beginn des unfreiwilligen, vorzeitigen Abstillens sein. Eine Kollegin von mir hat gerade einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht, den ich Ihnen hier anhänge. Ich denke, dieser Artikel wird Sie beruhigen. Möchten Sie vielleicht Kontakt zu einer Stillberaterin vor Ort? Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Woher kommt der Mythos vom "Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC \plain"Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." \plain"Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" \plain"Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede Stillberaterin ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten "damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die "Frische Milch auf halbverdaute Milch Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 - 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung "Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch "Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde - wie so oft - einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Babys.


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