Brauche glaube ich etwas Ermunterung

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Brauche glaube ich etwas Ermunterung

Liebe Biggi, liebe Kristina, vor rund zwei Monaten war ich besorgt, dass Anna so selten trinkt, kaum hatte ich hier nachgefragt hat sich das nach und nach ins Gegenteil verkehrt, inzwischen trinkt sie tagsüber alle 1,5 Std. bis 2 Std. und nachts wieder alle 3-4 Std. Leider nimmt sie in den letzten Wochen auch etwas zögerlich zu (ca. 80-100g in zwei Wochen) Erst dachte ich an die Zähne (es kamen auch zwei), aber es wird und wird nicht weniger.... Ich weiß ja, dass Baby jetzt öfter aufwachen und die Welt konkreter erleben, aber irgendwie habe ich eine kleine Stillkrise - es scheint als trinken alle Babys viel weniger als Anna... Kaum ist sie abgedockt ist sie mal ein bißchen zufrieden, aber kurze Zeit später fängt sie schon wieder an zu quengeln und sucht und versucht an meine Brust zu kommen (sie reißt schon richtig rabiat an meinem Shirt :-( ) Meine Augenringe hängen inzwischen in den Knien, weil sie auch nicht vor 23.00 Uhr abends schläft und tagsüber immer nur mal 10min. Sollte ich langsam mit Brei anfangen? Sie ist jetzt 5 1/2 Monate. Heute habe ich ihr vor lauter Ussel mal Karotte angeboten und sie hat direkt ein halbes Glas gefuttert (und als Nachtisch damit die Karotte nicht zu sehr stopft noch ein halbes Glas Apfel) und danach nur ganz kurz gestillt und sie war mal 2 Std. richtig zufrieden. Jetzt habe ich echt ein schlechtes Gewissen, ich wollte doch so gerne 6 Monate voll stillen - meinst du ich habe ihr jetzt geschadet? Sorry für mein Jammerposting, wie gesagt, ich hab eine kleine Krise. Wenn ich dann höre (und sehe), dass das Baby von meiner Freundin vier Wochen älter ist und nur noch zwei Mal pro Tag gestillt wird, dann werde ich schon mal wehmütig... Alles Liebe Katharina

Mitglied inaktiv - 17.11.2009, 17:14



Antwort auf: Brauche glaube ich etwas Ermunterung

Liebe Katharina, ich denke nicht, dass Du deinem Kind geschadt hast, allerdings solltest Du es langsam angehen lassen mit der Beikost. Es ist am günstigsten mit jeweils nur einem Nahrungsmittel zu beginnen, zunächst nur eine geringe Menge anzubieten (jeweils nur mit ein paar Löffeln beginnen) und diese dann langsam zu steigern. Am Anfang sollte nur eine neue Nahrung, ein oder zweimal am Tag gegeben werden und etwa eine Woche gewartet werden, bevor wieder etwas Neues angeboten wird. (Also nur Karotte, nur Kartoffel, nur Banane, nur geriebener Apfel usw.). Der Sinn dieser Vorgehensweise ist folgender: Falls sich eine allergische Reaktion zeigt, kann man auf diese Art leichter feststellen, was sie verursacht hat. Auch wenn das Risiko einer allergischen Reaktion nach dem ersten halben Jahr nicht mehr so groß ist, besteht die Möglichkeit dass eine Speise eine allergische Reaktion auslöst (Ausschlag, Durchfall, Erbrechen). Wurde immer nur ein neues Nahrungsmittel eingeführt, dann lässt sich leichter feststellen, welches Nahrungsmittel nicht vertragen wurde. Die betreffende Speise sollte dann aus dem Speiseplan gestrichen und erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder angeboten werden. Bereits eingeführte Nahrungsmittel, die gut vertragen werden, können miteinander gemischt werden. Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Ich habe meine Zweifel, ob dir das Abstillen wirklich eine Erleichterung bringen würde, denn sehen wir es doch einmal realistisch: Selbst wenn deine Tochter die Flasche bekommt, bedeutet das nicht, dass sie automatisch mehr schläft, am Tag weniger anhänglich an DICH sein wird und Du wirklich entlastet wirst. Es ist auch die Frage, ob es wirklich so sein wird, dass häufig jemand anderes da sein wird, das deine Tochter übernimmt und ihr die Flasche geben wird, denn in der Realität ist es doch so, dass dann vielleicht ein paar Mal eine Großmutter, eine Freundin oder der Partner einspringt, aber dann bleibt doch wieder alles an dir hängen und dann bist Du diejenige, die Flaschen zubereiten und reinigen muss, die nachts aufstehen muss usw. Ehe Du nun wirklich wohl auch gegen deine innere Überzeugung abstillst, versuche doch einmal einen anderen Weg: Gönne dir selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Mach den Tragetest. Bügele etwas und trage es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügelst Du es nicht und trägst es für zehn Minuten. Dann vergleichst Du: ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Du kannst dann eine Hälfte einfrieren und hast damit schnell eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Versuche dir am Tag Freiraum für dich zu schaffen. Vielleicht kann dir dein Mann, deine (Schwieger)Mutter, eine Freundin oder ein verantwortungsbewusster Teenager dein/e Kind/er für eine Stunde oder so abnehmen, mit ihm spazieren gehen oder spielen und diese Zeit nutzt du für DICH. Selbst wenn Du nur in Ruhe in der Badewanne liegt, einmal um den Block joggst oder dich mit einer Zeitung und einer Tasse Tee in einen anderen Raum begibst, so ist das ein Weg aufzutanken und wieder neue Kraft zu schöpfen für den anstrengendsten Beruf der Welt: Mutter. Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese "gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Suche dir wirklich Hilfe und Unterstützung. Ich schicke dir eine aufmunternde Umarmung! Biggi

von Biggi Welter am 17.11.2009