Mitglied inaktiv
Liebe Biggi! Ich habe ein großes Problem. Meine fast 11 Wochen alte Tochter stellt zur Zeit alles auf den Kopf. Bis vor ein paar Tagen kam sie 5x in 24 h. Der Tag sieht so aus, daß sie in der Früh gestillt wird und dann bis zur nächsten Mahlzeit (gegen 12 Uhr) schläft. Danach schläft sie meist wieder ein und dann geht der Terror los! Ich hatte sie gegen 16 Uhr gestillt, hingelegt und sie fing an zu brüllen. Manchmal schaffte ich es, sie zum Spielen zu bewegen. Aber seit ein paar Tagen ist es so, daß sie Schreiattacken hat. Ca gegen 16:30. Sie wäre eigentlich müde, findet aber nicht in den Schlaf und wenn, dann nur für kurze Zeit (etwa eine halbe Stunde, wenn überhaupt).Außerdem biegt sie den Rücken so durch, wenn ich sie auf dem Arm habe. Ist das normal? Ca 19:30 h lege ich sie in ihr Bett nach oben und sie kommt noch mal gegen 22 h und 2 h. Aber seit 3 Tagen wird sie um 3:40 wach und brüllt. Sie ist nur mit Lefax ggt zu beruhigen und mit Schnuller. Dies hält aber nicht lange an und so kommt sie nochmals um 4:40 und 5:10. Ihr Verhalten ist so, daß sie mich nur anlächelt ( vor dem Brüllen) und gar nicht trinken will oder nur wenig und dann nuckelt. Ich hatte das Gefühl, wo ich mich nach ihren 5 Stillzeiten gerichtet hatte, ging es besser. Sie brüllte zwar auch am Nachmittag, aber die Nächte waren ruhiger! Kann man ein 11 Wochen altes Baby an einen Schlafrhythmus gewöhnen? Oder ist sie am Vormittag zu wenig auf? Wie sollen wir auf ihre frühmorgenliche Attacken reagieren? Ins Ehebett will sie auch nicht! Das Schlafdefizit unsererseits ist gewaltig am steigen! Ich weiß, etwas viele Fragen, aber die Verzweiflung (und auch ein bischen Wut) ist groß! Vielen Dank für Deine Hilfe im voraus. Liebe Grüße Yvonne
Liebe Yvonne, Sie haben ein noch recht junges Baby, ihr Verhalten entspricht schon fast "lehrbuchmäßig" dem eines 11 Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem "non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: "Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. Sie können sich und Sina das Leben sehr viel einfacher machen, wenn Sie sich auf Ihr Kind einlassen. Die oben erklärten Zusammenhänge machen es Ihnen möglicherweise einfacher, dem Bedürfnis des Kindes entgegenzukommen, zumal es erwiesen ist, dass es sich langfristig auszahlt, diese Bedürfnisse jetzt zu stillen. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa zwölf Wochen zu erwarten. Dazu kommt: Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ihr Kind nicht pausenlos schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Außerdem schlafen die meisten Babys sehr viel weniger als es von den Eltern angenommen wird. Babys sind soziale Wesen, die die Welt, in die sie hineingeboren wurden erkunden und kennen lernen wollen und das geht nicht im Schlaf. Lassen Sie Ihr Kind an Ihrem Leben teilnehmen. Integrieren Sie Ihr Kind in Ihr Leben und versuchen Sie nicht, Ihr früheres Leben einfach wieder aufzunehmen. In unserer Gesellschaft ist es üblich geworden, Babys bereits sehr früh "erziehen" zu wollen, damit sie nicht "verwöhnt" werden und ihnen ihre Grenzen gezeigt werden. Manchmal kann ich mich bei diesen Diskussionen nicht des Eindrucks erwehren, dass das ein richtiges Horrorszenario entwickelt wird, in dem Eltern und Baby sich als Feinde gegenüberstehen und einander bekämpfen (müssen). Ein so kleines Wesen kann man noch gar nicht verwöhnen. Ihr Baby hat noch keinerlei Zeitgefühl und deshalb ist es am besten, auf seine Bedürfnisse sofort zu reagieren. Ihre Tochter empfindet zum Beispiel jetzt ein Hungergefühl. Sie befindet sich damit in einer unangenehmen Lage, aus der sie sich nicht selbst befreien kann, und schreit deshalb. Sie hofft, dass dann jemand (also Sie) kommt und sie aus dieser unangenehmen Situation erlöst. Da sie noch nicht versteht was gleich, in ein paar Minuten oder nächste Woche bedeutet, ist die Jetzt Situation für sie bestimmend und erscheint ihr endlos. Ansprüche und Bedürfnis stimmen bei einem Baby überein. Wenn ihr Baby also aufhört zu weinen, sobald Sie es hochnehmen (und an die Brust legen), dann behalten Sie es einfach weiter in ihrem Arm und freuen Sie sich, dass Sie da sind, um auf dieses wichtige emotionale Bedürfnis einzugehen. Behandeln Sie ihr Baby unbedingt wie ein Baby, nicht wie die verkleinerte Ausgabe eines Erwachsenen. In einem amerikanischen Buch über die Entwicklung von Kindern (Aldrich: "Babys are Human Beeings"') habe ich einmal den wichtigen Satz gefunden "Damit Kinder sich gut entwickeln können, sind liebevolle Fürsorge und ein beständiges, direktes Eingehen auf ihre Bedürfnisse so ausgesprochen wichtig". Ich weiß aus eigener Erfahrung wie schwierig es manchmal sein kann, sich mit dieser Einstellung in unserer Gesellschaft zu behaupten. Immer wieder trifft einem der Vorwurf der "Sklave" seines Babys zu sein oder einen kleinen Tyrannen heranzuziehen. Aber: Kinder, die als Babys gelernt haben, dass sie sich auf ihre Mutter verlassen können, deren Bedürfnisse gestillt wurden, gehören später meist zu den Menschen, die in sich selbst ruhen, ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt haben (denn sie waren ihren Eltern etwas wert) und ausgeglichen durch ihr Leben gehen können. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter
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