Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

bis wann kann ich stillen??

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: bis wann kann ich stillen??

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Hallo! unsere "kleine" ist mittlerweile sechs monate alt und ich stille immer noch voll, sie nimmt an gewicht zu, sieht zufrieden und wohl ernährt aus( kam zur welt mit 57cm und 4070g kopfumfang 35,0 cm) hatte bei der letzten unters. beim kinderarzt u5 brchte sie stolze 7250g bei 68cm länge und kopfumfang 41,5 cm zusammen. sie entwickelt sich prächtig und unternimmt schon erste krabbelversuche, der erste zahn brach gestern( 08.08.2002) durch. nun zu meiner frage: reicht das stillen noch aus, von eisenwerten und so weiter und so fort wird immer geredet und gefaselt, dass nichts mehr wertvolles in der muttermilch sei, etc. steht bei manchem babybreihersteller geschrieben, doch was ist da dran, denn ich denke mir, mein kind würde es mir doch uz verstehen geben wenn etwas nicht in ordnung ist, oder??? und was machen denn die frauen in anderen erdteilen dieser welt, die nicht auf babybrei zurückgreifen können und dem kind weiterhin die brust anbieten?? ich habe vor so lange zu stillen, bis mein kind mir zu verstehen gibt, dass es nicht mehr mit der art der ernährung zufrieden ist (so ab dem 12-14. lebensmonat) unterstützten sie diese meinung. oder was empfehlen sie als fachfrau??? danke für ihre antwort


Biggi Welter

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Liebe Veronika, jedes Kind würde sich von selbst abstillen, wenn ihm der Zeitpunkt dazu überlassen würde. Nur stillt sich ein Kind so gut wie nie vor dem ersten Geburtstag ab, sondern in der Regel liegt der Zeitpunkt des selbstbestimmten Abstillens irgendwo zwischen dem zweiten und vierten Geburtstag. Es spricht nichts gegen das selbstbestimmte Abstillen des Kindes außer die Mutter will es nicht so. Die Muttermilch hat auch nach den ersten sechs Monaten noch unzählige Vorteile und das längere Stillen hat Vorteile für Mutter und Kind. Ich zähle Ihnen hier einmal ein paar Fakten auf: • längeres Stillen schützt die Frau vor späterer Osteoporose • längeres Stillen kann die Frau vor bestimmten Formen von Brustkrebs schützen • längeres Stillen schützt das Kind vor verschiedenen Erkrankungen sowohl jetzt als auch noch bis ins Erwachsenenalter (z.B. Diabetes, Morbus Crohn) und ein gesundes Kind verbessert die Lebensqualität der Mutter Die Qualität der Muttermilch nimmt keineswegs mit zunehmendem Alter des Kindes ab. Die Menge an Kalorien, Eiweiß, Fett usw. bleibt gleich während die Antikörpergehalte in bestimmten Alterstufen zunehmen (z.B. etwa mit einem halben Jahr, wenn das Kind zu krabbeln beginnt und so mit mehr Keimen in Kontakt kommt). Muttermilch ist und bleibt ein hochwertiges Nahrungsmittel für Babys und auch für das Kleinkind. Nicht umsonst empfehlen Organisationen wie UNICEF und WHO, dass jedes Baby die ersten sechs Monate ausschließlich gestillt und danach mindestens bis zum zweiten Geburtstag mit ergänzender Beikost weitergestillt werden sollte. Gerade erst vor einiger Zeit haben UNICEF, WHO, UNESCO, UNFPA, UNDP, UNAIDS, WFP und der Weltbank die neueste Ausgabe der „Facts for Life" herausgebracht, in denen im Abschnitt „Stillen" unter Punkt 7 steht: „Ab dem Alter von sechs Monaten brauchen Babys zusätzliche Nahrung, aber es sollte während des zweiten Lebensjahres des Kindes und darüber hinaus weitergestillt werden Die allgemeinen Leitlinien für die Beikost lauten: • ab sechs bis zwölf Monate: Stillen Sie häufig und geben Sie drei bis fünf Mal täglich andere Nahrung • von 12 bis 24 Monaten: Stillen Sie häufig und geben Sie fünf Mal täglich Essen vom Familientisch • ab 24 Monaten: Führen Sie die Stillbeziehung weiter, wenn Mutter und Kind dies möchten und geben Sie fünf Mal täglich Essen vom Familientisch. Wenn Babys anfangen zu krabbeln, laufen, spielen und anderes Nahrung als Muttermilch zu essen und trinken beginnen, werden sie häufig krank. Ein krankes Kind braucht viel Muttermilch. Muttermilch ist eine nahrhafte und leicht verdauliche Nahrung, wenn ein Kind den Appetit auf andere Nahrung verliert. Stillen kann ein aufgeregtes Kind beruhigen und trösten." Muttermilch sollte während des ganzen ersten Lebensjahres, die Hauptnahrungsquelle für das Baby sein. Im zweiten Lebensjahr verschiebt sich das Verhältnis Muttermilch - Beikost allmählich. Allerdings sollte nicht deshalb weiterhin ausschließlich gestillt werden, weil Stillen so bequem ist. Die Eisenreserven, die ein Baby bei der Geburt hat und das leicht zu verwertende Eisen aus der Muttermilch reichen zusammen gewöhnlich aus, um den Hämoglobinwert auch noch ins zweite Lebenshalbjahr des Babys hinein innerhalb des normalen Bereiches (10,2 bis 15 gm/dl) zu halten (McMillan 1976; Siimes 1984; Duncan 1985). Eine Untersuchung an gestillten Babys, die weder Eisenpräparate noch mit Eisen angereicherte Getreideprodukte erhalten hatten, ergab, dass die Babys, die sieben Monate und länger ausschließlich gestillt wurden, im Alter von einem Jahr deutlich höhere Hämoglobinwerte aufwiesen, als diejenigen Babys, die mit weniger als sieben Monaten bereits feste Nahrung bekommen hatten (Pisacane 1995). Die Forscher fanden bei den Babys, die sieben Monate lang voll gestillt worden waren, keinen Fall von Anämie während des ersten Lebensjahres und folgerten daraus, dass ausschließliches Stillen während der ersten sieben Lebensmonate das Risiko einer Anämie senkt. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine schöne Stillzeit :-). LLLIebe Grüße Biggi


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danke für ihre antwort, nur weiterhelfen tut mir das weniger... denn auf der einen seite steht, dass stillen das beste fürs kind ist, auf der anderen seite steht, dass ab dem siebten monat bis uz fünfmal tägl. beigefüttert werden soll, was stimmt??? beides??? unsere tochter will definnitiv nichts anderes als muttermilch, zwischendurch trinkt sie mal etwas wasser, aber mit brei od. dergleichen kann man sie jagen... und das mit dem eisenwert macht mich etwas besorgt, ich nehme seit der geburt der kleinen zusätzlich eisen in form von ferro sanol dragees zu mir, immer noch .... was soll ich nun tun, ihr den brei "reinzwingen"?? danke nochmals für ihre antwort.


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danke für ihre antwort, nur weiterhelfen tut mir das weniger... denn auf der einen seite steht, dass stillen das beste fürs kind ist, auf der anderen seite steht, dass ab dem siebten monat bis zu fünfmal tägl. beigefüttert werden soll, was stimmt??? beides??? unsere tochter will definnitiv nichts anderes als muttermilch, zwischendurch trinkt sie mal etwas wasser, aber mit brei od. dergleichen kann man sie jagen... und das mit dem eisenwert macht mich etwas besorgt, ich nehme seit der geburt der kleinen zusätzlich eisen in form von ferro sanol dragees zu mir, immer noch .... was soll ich nun tun, ihr den brei "reinzwingen"?? oder soll ich es ihr nur anbieten??? oder warten bis sie es selber will?? danke nochmals für ihre antwort.


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danke für ihre antwort, nur weiterhelfen tut mir das weniger... denn auf der einen seite steht, dass stillen das beste fürs kind ist, auf der anderen seite steht, dass ab dem siebten monat bis zu fünfmal tägl. beigefüttert werden soll, was stimmt??? beides??? unsere tochter will definnitiv nichts anderes als muttermilch, zwischendurch trinkt sie mal etwas wasser, aber mit brei od. dergleichen kann man sie jagen... und das mit dem eisenwert macht mich etwas besorgt, ich nehme seit der geburt der kleinen zusätzlich eisen in form von ferro sanol dragees zu mir, immer noch .... was soll ich nun tun, ihr den brei "reinzwingen"?? oder soll ich es ihr nur anbieten??? oder warten bis sie es selber will?? danke nochmals für ihre antwort.


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Hallo, Veronika, Biggi kann am Wochenende nicht antworten, also schreib ich Dir schon mal etwas. Was gemeint ist, ist: Man sollte das Baby im 6. Lebensmonat und danach genau beobachten, ob es zusätliche Nahrung will. Deshalb heisst es BEI-Kost und nicht STATTDESSEN-Kost, sprich: die Beikost wird dem Kind zusätzlich zur Muttermilch angeboten. Im erste Lebensjahr sollte Muttermilch idealerseise die Hauptnahrungsquelle sein und die BEI-Kost eben BEI-Kost. Dein Kind zeigt Dir, wann es Beikost braucht und wann sie für das Kind nicht mehr ungesund ist. Ungesund ist Beikost für ein Baby, wenn sie zu früh gegeben wird (im 5. Monat, wie viele Hersteller, die ihre Produkte verkaufen wollen, empfehlen). Das Kind verträgt zusätzliche Nahrung, wenn es sitzen kann und andere Zeichen zeigt (guck mal unter Suchbegriff "Beikostbereitschaft" hier im Archiv, da findest Du die Faktoren). Dann ist es so, dass man weiterstillt, dem Kind aber zusätzlich eben diese Kost, idealerweise auf den sensiblen Organismus des Kindes abgestimmt, zwanglos anbietet. Die meisten Kinder wissen, was gut für sie ist. Mein Kind ist jetzt etwas älter als 10 Monate. Wir haben mit knapp 7 Monaten mit beikost angefangen, da sie uns signalisiert hat: jetzt ist es an der Zeit. Ich stille noch hauptsächlich und das Kind bekommt 5 Mal am Tag andere Nahrung (Obst und Gemüsebrei, seit 2 Tagen auch etwas Biopute) angeboten. Viel nimmt sie nicht, aber es wird mehr. Zusätzlich nac Bedarf zu stillen, also wenn das Kind die Brust nachfragt, ist das Beste und Gesündeste, was Du macchen kannst. Auch wenn es überall anders steht. Und das kannst du solange anbieten, bis das Kind entscheidet: jetzt will ich nicht mehr an der Brust trinken. Es ist für ein Kind ein grosses Glück, die Abstillentscheidung selbst treffen zu dürfen. Wenn Du das Deinem Kind gönnen möchtest, ist es eine schöne Sache, die auch Dir Freude bereiten wird. Ich mach es auch so :-) und viele Mütter nebenan im Stillforum, wo Du von Stillmüttern Rat und Hilfe erwarten kannst oder mal Trost, wenn nicht alles optimal läuft. Zu dem Eisenwert kann Biggi Dir nochmals Montag antworten, aber normalerweise ist das auch keinProblem. lg Doro


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? Liebe Veronika, der Beginn der Beikost bedeutet ja nicht automatisch, dass das Kind sofort große Mengen essen muss und dass kaum mehr gestillt wird oder sehr bald abgestillt werden sollte. Ab etwa einem halben Jahr, wenn das Kind seine Bereitschaft zur Beikost zeigt, sollte allmählich mit Beikost begonnen werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf „allmählich" und auf der wörtlichen Bedeutung des Begriffs „BEI-Kost". Der Zeitpunkt, zu dem die Einführung der Beikost beginnen sollte, sollte immer vom Kind abhängig gemacht werden und nicht vom Kalender. Es ist durchaus möglich, ein Baby deutlich länger als sechs Monate ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren, ohne dass es dabei zu Mangelerscheinungen kommt, doch die Initiative sollte immer vom Kind ausgehen. Anzeichen für die Bereitschaft zur Beikost sind: • das Baby ist in der Lage aufrecht zu sitzen, • der Zungenstreckreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, • es zeigt Bereitschaft zum Kauen, • es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken und interessiert sich dafür, • es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen läßt. Dies ist bei gesunden, voll ausgetragenen Kindern meist etwa mit sechs Monaten der Fall, bei wenigen Kindern früher, bei gar nicht so wenigen später. Ehe diese Zeichen nicht zu erkennen sind, sollte noch keine Beikost eingeführt werden. Eine zu frühe Einführung der Beikost ist nicht sinnvoll, da dadurch der Organismus des Kindes überfordert werden kann, vor allen der Darm und die Nieren des Kindes können überlastet werden und außerdem erhöht eine zu frühe Einführung der Beikost das Allergierisiko. Die Hauptsorge bei den „nicht essenden Kindern" ist in den meisten Fällen das Eisen. Eine finnische Studie ergab jedoch, dass bei neun Monate alten Kindern, die immer noch ausschließlich gestillt werden, ein Eisenmangel in weniger als 25 % der Fälle auftritt. Ohnehin ist der Zeitpunkt, wann ein Baby Beikost erhalten muss recht willkürlich gewählt und hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert, ohne dass es einen echten Beweis für die absolute Richtigkeit des jeweiligen Zeitpunktes gibt. Muttermilch enthält zwar weniger Eisen als zum Beispiel künstliche Säuglingsnahrung oder Kuhmilch, doch die Verfügbarkeit des Eisens in der Muttermilch ist um ein Vielfaches höher als die des in der künstlichen Säuglingsnahrung enthaltene Eisen. Der Eisengehalt der Muttermilch lässt sich durch die Ernährung und auch nicht durch die Einnahme von Eisenpräparaten beeinflussen. Wenn Sie Ihr Kind anschauen und auf seine Signale achten, dann werden Sie erkennen können, wann es so weit ist, dass es Beikost mehr braucht und will. Es ist auch hier so, wie bei den meisten Dingen: jedes Kind hat sein eigenes Tempo und seinen eigenen Zeitplan. LLLiebe Grüße Biggi Welter Mein Kind will nicht essen Vortrag von Dr. Carlos Gonzales auf der LLL-Europa-Konferenz 2000 in Nottingham zusammengefasst von Denise Both, IBCLC Dr. Carlos Gonzales ist Kinderarzt in Barcelona. In den letzten zwölf Jahren hat er Vorträge bei zahlreichen La Leche Liga-Konferenzen gehalten. Er gründete ACPAM (eine katalanische Stillorganisation), organisiert Stillkurse für medizinisches Fachpersonal in ganz Spanien, übersetzte Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins spanische und ist Mitglied des Medizinischen Beirates von LLLInternational. Dr. Gonzales ist Vater von drei gestillten Kindern. 1999 hat Dr. Gonzales sein Buch „Mi nino no me come" (Mein Kind will nicht essen) veröffentlicht und mit diesem Thema beschäftigte sich auch sein Vortrag in Nottingham. „Mein Kind isst nicht(s)" - das ist einer der Sätze, mit denen Kinderärzte fast täglich in ihrer Praxis konfrontiert werden. Besorgte Mütter berichten entsetzt, wie wenig ihre Kinder essen und schildern mit welchen Tricks sie versuchen, Nahrung in ihr Baby oder Kleinkind hineinzuzwingen. Der Kampf ums Essen spielt sich täglich ab und letztlich gibt es nur Verlierer. Dr. Gonzales erklärte in seinem Vortrag, dass er nun nicht ein Patentrezept liefern mag, mit dem erreicht wird, dass das Kind isst, sondern er will erklären, warum das Kind nicht isst. Zunächst einmal gibt es drei Gründe, warum ein Kind nicht isst: es gibt nichts zu essen, das Kind hat keinen Hunger oder das Kind ist krank. Der erste Grund ist in unserer Gesellschaft meist auszuschliessen. Ein gesundes Kind isst in der Regel wenn es hungrig ist, allerdings nicht immer das, was die Mutter möchte und schon gar nicht so viel wie es nach den Vorstellungen der Mutter essen müsste. Verwunderlich ist dabei, dass die Kinder noch nicht verhungert sind, obwohl sie laut Aussage der Mütter „nichts" essen. Gestillte Babys lehnen oft feste Nahrung über einen langen Zeitraum ab, nicht selten bis zum Alter von acht Monaten oder gar einem Jahr. Die Mutter verzweifelt und das Kind leidet, weil ständig versucht wird, es zum Essen zu überreden oder gar zu zwingen. Wie kommt es nun dazu, dass (anscheinend) immer mehr Kinder die Nahrungsaufnahme verweigern? Und ist es notwendig ein Kind zum Essen zu zwingen? Dr. Gonzales vergleicht, wie sich die Empfehlungen, wann das Baby feste Nahrung erhalten beziehungsweise wie lange es ausschliesslich gestillt werden sollte, im Verlaufe der letzten 100 Jahre verändert haben. Dann hat er das „Phänomen" der nicht essenden Kinder sowie die Sorge der Mütter, dass Ihre Kinder nicht essen, anhand der diesbezüglich in Kinderpflegebüchern auftretenden Ratschläge beleuchtet und einen erstaunlichen (oder vielleicht doch nicht erstaunlichen) Zusammenhang gefunden: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in spanischen Büchern zur Säuglingspflege eine Zeit von zwölf Monaten mit ausschliesslicher Muttermilchernährung empfohlen. Gleichzeitig findet sich nirgends ein Hinweis in diesen Büchern, wie mit einem Kind zu verfahren sei, das nicht essen will. Je weiter das Jahrhundert fortschreitet, um so jünger sollen die Kinder laut den Empfehlungen der diesbezüglichen Bücher sein und: um so mehr Ratschlage gibt es, was mit einem Kind zu tun sei, das nicht essen will. Wird zu Beginn der dreissiger Jahre noch nur ganz kurz auf dieses Thema eingegangen, so sind 30 Jahre später schon seitenweise Abhandlungen zu finden, was mit einem die Beikost (im Alter von drei bis sechs Monaten) verweigernden Kind zu tun sei und die Seitenzahlen zu diesem Thema werden von Jahr zu Jahr mehr. Wie viel Nahrung braucht ein Kind? Der Nahrungsbedarf eines Kindes hängt ab von seiner Körpergrösse, seiner Aktivität und vom Wachstum des Kindes. Allerdings ist es nicht so, dass das Kind wächst, wenn es isst, sondern umgekehrt, das Kind isst, wenn es wächst. Der Nahrungsbedarf des Kindes lässt sich daher nicht pauschal bestimmen. Am ehesten gelingt dies, wenn das Kind sich in einer Wachstumsphase befindet, dann lässt sich eine Relation zwischen Gewicht des Kindes und erforderlicher Nahrungsmenge herstellen. Ein Kind im Alter zwischen einem und vier Jahren benötigt etwa 1000 bis 1100 kcal pro Tag (das entspricht etwa 102 kcal pro Tag und kg Körpergewicht). Nun gibt Dr. Gonzales an, was ein „nicht essendes Kind" täglich nebenbei zu sich nimmt: 1/2 l Milch (335 kcal), einen Becher Joghurt mit Früchten (141 kcal), einen Schokoriegel (275 kcal) und 150 ml Apfelsaft (85 kcal). Zusammen ergibt das bereits eine Kalorienaufnahme von 836 kcal. Wie soll das Kind dann noch zwei komplette weitere Mahlzeiten essen können, wenn es seinen Kalorienbedarf bereits zu gut 80 Prozent quasi „nebenbei" gedeckt hat? Wie lange kann ein Baby ausschliesslich mit Muttermilch ernährt werden? Die derzeit verbreiteste Empfehlung lautet, dass ein Baby mit sechs Monaten zusätzliche Beikost ergänzend zur Muttermilch benötigt. Nun gibt es aber bekanntermassen viele gestillte Kinder, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Beikost akzeptieren. Dr. Gonzales hat deshalb eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiss: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ohnehin sind die Empfehlungen dazu, wie viel ein Baby benötigt meist zu hoch. Die Empfehlungen beruhen beispielsweise darauf, dass untersucht wird, welche Mengen gesunde, reif geborene Babys im Durchschnitt essen. Daraus werden Richtwerte berechnet, die sich immer an den Höchstmengen orientieren und zusätzlich noch Sicherheitszuschläge enthalten. Babys benötigen auch weniger Eisen, als meist angegeben wird. Dabei lässt sich beobachten, dass die meisten Kinder instinktiv das essen, was bei einem Mehrbedarf an Eisen sinnvoll ist. Babys sind Skeptiker, wenn sie neue Lebensmittel essen sollen. Dieses Misstrauen ist ein Schutzmechanismus, der das Kind davor bewahren soll, etwas zu essen, was ihm nicht bekommt. Bevorzugt isst ein Baby das, was auch seine Mutter isst, denn dieser Geschmack ist ihm durch die Muttermilch vertraut. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass ein Baby gekochte Karotten ablehnt, wenn die Mutter nie gekochte Karotten isst. Die meisten Babys mögen kein Gemüse, aber sie essen gerne Bananen, Nudeln und Süssigkeiten. Ein Vergleich der Kaloriendichte ergibt, dass Babys Nahrungsmittel mit einer grösseren Kaloriendichte bevorzugen und Muttermilch liefert mehr Kalorien als Gemüse und die meisten Nahrungsmittel, aus denen Mahlzeiten für Babys hergestellt werden. Um die gleiche Menge an Kalorien, wie sie in 100 ml Muttermilch enthalten sind, durch den Verzehr von Karotten aufzunehmen, müsste das Kind fast 400 g gekochte Karotten essen! Daraus lässt sich ein Zusammenhang zwischen Unterernährung und Nicht-Stillen erklären: da der Magen des Babys klein ist, benötigt es hochkalorische Kost. Gemüse kann nicht in so grossen Mengen gegessen werden, wie es notwendig wäre, um das Kind mit genügend Kalorien zu versorgen. Laut Dr. Gonzales weiss das Kind ganz genau, was und wann es essen muss. Deshalb lautete sein Schlusssatz, den er den Zuhörern mit nach Hause gab: Zwingen Sie ein Kind niemals zum Essen. NIEMALS!


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