Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

@Biggi: Sensibilisierung

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: @Biggi: Sensibilisierung

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Hallo Biggi, mein Sohn ist jetzt 5 Monate und 10 Tage alt und wird voll gestillt. Ich habe aber langsam keine Lust mehr und würde gerne abstillen. Er selber schaut der Familie beim Essen auch schon genau auf den Mund und ich habe den Eindruck, dass er wohl auch mal etwas anderes probieren möchte (vielleicht auch Wunschdenken von mir?!). So, nun hat meine große Tochter aber Neurodermitis und Matthis gehört damit wohl zu den allergiegefährdeten Kindern, dass heißt, dass 6 Monate voll Stillen empfohlen wird. Die ersten drei Wochen seines Lebens hat er in einer Herzklinik verbracht und mangels genug abgepumpter Mumi hat er dort schon das ein oder andere Fertigmilchfläschen bekommen. Jetzt meine Frage: Wenn er schon Kontakt zu HA-Nahrung hatte, ist es dann für die Sensibilisierung egal ob ich nun 6 Monate voll stille oder vorher schon zufüttere? Ich hoffe, Du hast mich verstanden. Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar. Mit freundlichem Gruß Birgit


Biggi Welter

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Liebe Berki, es lässt sich niemals sagen "eine Flasche andere Nahrung und das Stillen war für die Katz". Das wäre schlicht und ergreifend Blödsinn. Erstens hat das Stillen noch eine Vielzahl anderer Vorteile als nur die vorbeugende Wirkung gegen Allergien und zweitens lässt sich niemals für den Einzelfall vorhersagen, wie das jeweilige Kind reagieren wird. Theoretisch ist es möglich, dass sich das Allergierisiko für ein Kind durch eine einzige Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung erhöht, doch in der Praxis lässt sich aus dieser statistischen Wahrscheinlichkeit nichts Definitives für dein Kind oder das deiner Nachbarin oder irgend ein anderes individuelles Kind herauslesen. Deshalb würde ich auch wirklich nur dann mit Beikost beginnen, wenn das Kind alle Anzeichen dafür zeigt. Es ist erst dann sinnvoll mit der Beikost zu beginnen, wenn das Baby die folgenden Anzeichen zu erkennen gibt: o es ist in der Lage aufrecht zu sitzen, o der Zungenstreckreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, o es zeigt Bereitschaft zum Kauen, o es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken und interessiert sich dafür, o es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen läßt. Dies ist meist etwa mit sechs Monaten der Fall, bei wenigen Kindern früher, bei gar nicht so wenigen später. Ehe diese Zeichen nicht zu erkennen sind, sollte noch keine Beikost eingeführt werden. Auch Babys, die mit künstlicher Säuglingsnahrung gefüttert werden, sollten in den ersten sechs Monaten keine andere Nahrung erhalten. Für den Organismus des Babys ist es besser, wenn es erst ab sechs Monaten etwas anderes als Milchnahrung bekommt, erst dann sind Darm und Nieren so weit ausgereift, dass das Kind andere Nahrung bekommen soll. Eine zu frühe Einführung der Beikost kann Darm und Nieren des Kindes überlasten und erhöht das Allergierisiko. Mit vier Monaten "kann" ein Kind Beikost bekommen und nicht jedes Kind wird (sofort) mit Problemen reagieren, aber leider sind nicht alle Probleme, die sich aus zu früher Einführung von Beikost ergeben sofort erkennbar. Es gibt Studien, die Zusammenhänge zwischen zu früher Einführung von Beikost und im Erwachsenenalter auftretenden Stoffwechselerkrankungen zeigen, das merkt man dann natürlich noch nicht mit vier oder fünf Monaten. Es gibt überhaupt eine Menge von Studien, die die gesundheitlichen Vorteile für das Kind belegen, wenn es das erste halbe Jahr ausschließlich gestillt wird. Bereits 1994 gab es eine Veröffentlichung von G. van Oost und M. Kersting mit dem Titel "Drei Jahrzehnte Beikost für Säuglinge in Deutschland. Pädiatrische Empfehlungen, industrielles Angebot und Praxis der Mütter" in der festgestellt wurde: "Im Vergleich mit den kinderärztlichen Empfehlungen bieten die Hersteller eine unnötig große Vielfalt von Beikostprodukten zu unnötig früh deklarierten Einssatzzeitpunkten an". Wenn Du nicht mehr stillen magst, dann stille dein Baby zur Flasche hin ab und ersetze damit die Stillmahlzeiten. LLLiebe Grüße Biggi


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