Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Starke Wassereinlagerungen in der SS

Frage: Starke Wassereinlagerungen in der SS

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Guten Tag, Herr Dr. Bluni, ich hatte während meiner SS mit meinem Sohn (unser 1. Kind, mittlerweile 15,5 Monate alt) von Beginn an starke Wassereinlagerungen. Mir ging es bis zum Schluss der SS sehr gut und dies war quasi mein einziges Problem. Allerdings habe ich dadurch während der SS stark zugenommen (28kg!) und hatte ab der 37. SW Bluthochdruck (ca. 160/95). Dies wurde zunächst stationär, dann häuslich weiterbeobachtet und mit Presinol (nach meiner Einschätzung ohne Erfolg) behandelt. Es lag keine SS-Vergiftung vor und es ging mir bis zur normalen Spontangeburt bis auf Kreislaufprobleme unter der Geburt sehr gut. Das Wasser ging rasch zurück und der Blutdruck war nach 2 Wochen wieder normal (wie vor der SS auch). Mein Gynäkologe meinte nun auf meine Frage, ob ich dieses Problem bei einer weiteren SS wieder bekommen könnte, dass dies wohl so sein würde. Die Veranlagung liegt in unsere Familie vor. Allerdings meinte er auch, dass der Bluthochdruck nicht unbedingt von den starken Wassereinlagerungen kommen würde. Was meinen Sie dazu? Ich bin nun 35 Jahre alt und wir überlegen zaghaft, ob es noch ein 2. Kind geben sollte. Vielen Dank für Ihre Einschätzung. Beste Grüße JanMami


Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni

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hallo, zur Beanwortung bedarf es einiger Ausführungen: 1. das von Ihnen geschilderte Krankheitsbild beschreiben wir als Gestose. Der Begriff beschreibt die EPH-Gestose (früher auch Prä-Eklampsie/ pre-eclampsia oder "Schwangerschaftsvergiftung" genannt). Davon sind ungefähr fünf bis zehn Prozent aller Schwangerschaften betroffen. E= Edema=Oedeme/Wassereinlagerungen P=Proteinurie= vermehrte Eiweissausscheidung im Urin H=Hypertension=zu hoher Blutdruck Es gibt keine einzelne Ursachen für diese Erkrankung, sie wird z.B. nicht durch Bakterien oder Viren ausgelöst. Es gibt aber viele Hinweise darauf, daß die klassische Gestose mit den Symptomen Wassereinlagerungen in den Beinen und Händen (Ödeme), erhöhtem Blutdruck und Eiweiß im Urin durch akuten Nährstoffmangel entsteht. Deswegen wird sie auch zunehmend "Stoffwechselstörung der Spätschwangerschaft" genannt. Es gibt noch andere Erscheinungsformen, bei denen z.B. die Ödeme fehlen können, das Baby aber nicht ausreichend versorgt wird (Plazentainsuffizienz). Diese Form entsteht meist durch Nährstoffmangel zu einem frühen Zeitpunkt in der Schwangerschaft, manchmal sogar schon vor der Empfängnis. Man weiß seit kurzer Zeit, daß auch immunologische Ursachen bei manchen Frauen zu dieser Erkrankung führen können. Die EPH-Gestose ist bis zu 50 Prozent verantwortlich für Frühgeburten. Deswegen sollte es das größtes Ziel sein, eine zu frühe Entbindung so weit wie möglich zu verhindern. Manchmal muß aber trotzdem im Interesse von Mutter und Baby die Geburt vor dem Termin stattfinden. Eine besondere Variante ist das sog. HELLP-Syndrom , bei dem die Leberfunktion nachläßt und so zu Gerinnungsstörungen führen kann. Es macht sich sehr häufig durch massive Oberbauchbeschwerden bemerkbar. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß eine gute, ausgewogene Ernährung mit eiweißreicher, kalorienreicher und keineswegs salzarmer Kost, einen positiven Einfluß auf den Verlauf der Schwangerschaft hat und das Auftreten einer Gestose in vielen Fällen zu verhindern oder zu lindern hilft. Selbst bei schon bestehenden Beschwerden, vor allem Ödemen, können diese erheblich gemindert werden. Die bisher übliche Behandlung mit Reis-/Obsttagen, salzarmer und flüssigkeitsreduzierter Kost sollte von jeder werdenden Mutter strikt abgelehnt werden, da sie nicht hilft und die Erkrankung sogar noch verschlimmern kann. Entwässerungsmittel dürfen schon seit 1986 nicht mehr eingesetzt werden, auch pflanzliche Entwässerungsmittel, wie zum Beispiel Brennesseltee usw., sollten nicht statt dessen benutzt werden. Nicht zu vergessen ist die Magnesiumeinnahme,die sich erwiesenermaßen prophylaktisch erweist. 2.Die Zahlen der Literatur beziffern das Wiederholungsrisiko für eine Gestose (Präemklampsie) zwischen 19,5 -25,9%; es ist also nicht gerade gering. Nach einer Eklampsie ist das Wiederholungsrisiko etwa bei 21.9% bis 46.8% und nach einem HELLP- Syndrom zwischen 3-5% anzusiedeln. Nach einer Schwangerschaft mit einer Gestose sollte sicher vor einer erneuten Schwangerschaft nochmals der Hausarzt nach internistischen Symptomen, die von Herz-Kreislaufsystem ausgehen können oder auch die Niere betreffen können, schauen, um hier im Vorfeld entsprechende Risiken auszuschließen. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sind entsprechende Hinweiszeichen frühzeitig zu beachten. Auch ist über eine US-Doppleruntersuchung zu sprechen, bei der man schon früher, als mit anderen Methoden, Hinweiszeichen für eine Gestose erkennen kann. Vorbeugend ist auf eine nicht zu hohe Gewichtszunahme zu achten und die prophylaktische Einnahme von Magnesium hat hier erwiesenermaßen einen vorbeugenden Effekt. VB


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