Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Einleitung mit Cytotec

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Einleitung mit Cytotec

Anonym2

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Nachdem ich mich aufgrund eines Schadens mit Cytotec intensiv beschaftigen musste, habe ich hier mal eine Frage. Vorausschicken möchte ich, dass ich Beiträge der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie zum Thema Misoprostol/Cytotek mit der "off-label-use" Problematik intensiv gelesen habe. Auch sind mir Studien bekannt. Diese wurden im Ausland durchgeführt. Erstmals habe ich dieses Jahr eine Dissertation einer Ärztin aus Jena gefunden, die sich intensiv mit dem Thema Geburtseinleitung mit Cytotec auseinandersetzt Mehrere hundert Frauen in der Dissertation aus 2 Kliniken ausgewertet- man kann wohl in D von einigen tausend jährlich ausgehen, erhalten dieses Medikament zur Geburtseinleitung. Die Anwendung erfolgt in der Dosierung entsprechend der Erfahrungen, die der jeweilige Mediziner gemacht hat. Im Beipackzettel wird darauf hingewiesen, dass der Übergang in die Muttermilch nicht untersucht wurde. Misoprostol geht sowohl oral als auch vaginal angewendet ins Blut über und kann mittels Massenspektronomie nachgewiesen werden. Dazu bedarf es entsprechender Verfahren. Im Falle einer Uterusruptur durch evtl. Überdosierung könnte also theoretisch eine Untersuchung des Blutes Aufschluss über die Konzentration im Blut geben. Ich habe bei sehr (!) vielen Instituten/Toxikologie und Laboren angefragt, die über Massenspektrometrie LC-MC verfügen. Ich habe bisher nicht ein einziges Labor in D gefunden, welches eine Untersuchung auf diesen Wirkstoff vornehmen kann. Vielleicht kennt ja jemand ein Labor. Off-label-use bedeutet eine Einzelfallentscheidung, wenn weitere Medikamente zur Behandlung nicht vorhanden sind. Welche Frau, die kurz vor der Geburt steht, kann die Tragweite ihrer Unterschrift im Hinblick auf solche Gegebenheiten einschätzen?


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, wie auch immer der Verlauf bei Ihrer Einleitung und Geburt gewesen sein mag, in jedem Fall wünschen wir uns als klinisch tätige Geburtshelfer, dass mögliche Nebenwirkungen nicht eintreten. Wenn es bei Ihnen zu klinisch bedeutsamen Auswirkungen kam, dann ist das in jedem Fall sehr bedauerlich und ich kann Ihren Wunsch nachvollziehen, nun herauszubekommen, was die Intention ist, ein solches Medikament zum Einsatz zu bringen. Zwar handelt es sich bei der Anwendung von Misoprostol (Cytotec®) im Rahmen der Geburtseinleitung um einen so genannten „off-Label-use“, der außerhalb einer Zulassung stattfindet, jedoch wird dieses nicht grob fahrlässig und nur aus Einsparungsgründen durchgeführt. Die Entscheidung bezieht sich auch auf mittlerweile sehr große Studien, die die Vorteile dieser Methode belegen, wenn vorausgesetzt wird, dass Kontraindikationen (z.B. Zustand nach Kaiserschnitt, Lungenerkrankungen oder entzündliche Darmerkrankungen) und Vorgabe zur Dosierung beachtet werden. Aus diesem Grund spricht sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für den Einsatz aus. Und aus diesem Grund ist eigentlich in allen Kliniken mittlerweile ein etablierter Standard, dieses Mittel zur Geburtseinleitung zu verwenden und diesem Einsatz eine entsprechend umfangreiche Aufklärung vorauszuschicken, in der unter Beachtung der Kontraindikationen auf Restrisiken verwiesen wird. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass es dann dennoch zu möglichen Überstimulationen kommen kann. Dass Sie dann aber im Abschluss Ihrer Ausführungen daraus ableiten, „dass eine Frau, die kurz vor der Geburt steht, die Tragweite ihrer Unterschrift im Hinblick auf solche Gegebenheiten nicht einschätzen kann“ halte ich zumindest für vermessen. Denn dieses ist ja praktisch bei allen medizinischen Maßnahmen, die einer Aufklärung bedürfen der Fall. Auch dort kann es im Extremfall zu möglichen Auswirkungen von großer Tragweite kommen. Liebe Grüße VB Quellen http://apps.who.int/rhl/reviews/CD000941.pdf Vaginal misoprostol for cervical ripening and induction of labour (Review), The Cochrane Collaboration, Hofmeyr GJ, Gülmezoglu AM, Pileggi C, Abruf: 9.5.2012 http://www.stmom.com/pdf_files/Low%20Dose%20Misoprostol.pdf (Weeks, A. et.al, Misoprostol for induction of labour with a life fetus, International journal of gynecology and obstetrics, 2007 (99), 194-197, letzter Abruf: 9.5.2012 http://apps.who.int/rhl/pregnancy_childbirth/induction/CD000941_abdel-aleemh_com/en/index.html (The WHO Reproductive Health Library, Misoprostol for cervical ripening and induction of labour), letzter Abruf: 9.5.2012


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