Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

35+5, erhoehter Zuckerwert, aber Kind im 50er Percentil

Frage: 35+5, erhoehter Zuckerwert, aber Kind im 50er Percentil

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Ich frage, weil ich im Ausland wohne und hier einige Sachen anders und vor allem weniger kontrolliert laufen. In der 24. SSW habe ich Zuckertest mit 50mg gemacht, nuechtern 71/nach 1h in der Armvene 100 mg/dl. Zu 35+5 (heute bin ich 36+ 2) war ich sowieso zum Ultraschall, Kind auf 2700g geschaetzt, ist auch sonst im 50er Percentil, meine beiden vorangegangenen Kinder waren mit vollem ET 3000/3500g. Ich habe niedrigen Blutdrucke, mit dem ich gut klarkomme, keine Wassereinlagerungen, ein sehr aktives Baby, also alles bestens. Nur weil ich wegen meines Zuckerkonsums -Asche auf mein Haupt- ein schlechtes Gewissen hatte, bat ich erneut um Zuckertest, dieses Mal ERgebnis beim gleichen Test: 72/174, also zu hoch. Wuerde man jetzt in Deutschland auf jeden Fall den 2h Test machen? Oder wuerde man sich in der Apotheke das Testgeraet kaufen und dann mit normaler Diaet ein paar Tage erst mal nur die WErte kontrollieren? Wie gesagt, Anzeichen am Baby gab es nicht. Vielen Dank


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, 1. der reguläre und von den deutschen Fachgesellschaften empfohlene orale Glucosetoleranztest läuft eigentlich über 2 Stunden. 2. zur endgültigen Diagnosestellung eines Schwangerschaftsdiabetes wird ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) durchgeführt. Dieses am sinnvollsten in einer diabetologischen Schwerpunkteinrichtung oder bei einem niedergelassenen Diabetologen. Hierzu muss die Schwangere vor der Testung 9-12 Stunden nüchtern sein. Zu Beginn bekommt sie erstmalig Blut abgenommen (Nüchternblutzucker), dann erhält sie 300 ml einer Zuckerlösung mit 75 Gramm Glukose zu trinken. Nach einer und nach zwei Stunden wird erneut Blut zur Bestimmung des Blutzuckers abgenommen. Nach den neuesten offiziellen Vorgaben, die auch von den deutschen Fachgesellschaften übernommen werden, liegt nach einer Belastung mit 75 Gramm Glucose ein Gestationsdiabetes (GDM) vor, wenn mindestens einer der folgenden drei Grenzwerte erreicht oder überschritten wird (Werte aus dem kapillärem Vollblut) nüchtern: größer/gleich 92 mg/dl (5,11 mmol/l) nach 1 Std.: größer/gleich 180 mg/dl (9,99 mmol/l) nach 2 Std.: größer/gleich 153 mg/dl (ca. 8,5 mmol/l) Die Therapie des GDM erfolgt nach dem Blutzuckertagesprofil mit Zielwerten von unter 90 mg/dl nüchtern und unter 120 mg/dl zwei Stunden nach dem Essen. Wenn Lebensstiländerungen nicht ausreichen, dann muss mit Insulin behandelt werden. In jedem Fall ist es ratsam, dass die betroffene Schwangere in einer diabetologischen Schwerpunktambulanz zur weiteren Abklärung und Therapieempfehlung vorgestellt und betreut wird. 3. das „1-Stunden-Verfahren“ mit einer Belastung von 75 Gramm Glucose ist nicht zuverlässig, wird von keiner Fachgesellschaft empfohlen, es führt bekanntermaßen zu unphysiologisch hohen Blutzuckerwerten bei der Frau mit vermehrt falsch positiven Werten (hohe Sensitivität, niedrige Spezifität), erfordert den oben geschilderten höheren logistischen Aufwand, wird auf eine geringere Akzeptanz stoßen und hat schlussendlich einen deutlich schlechteren positiven prädiktiven Wert gegenüber dem 2-Stunden-Verfahren. VB


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