Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Venlafaxin- Was für Komplikationen können auftreten?

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Venlafaxin- Was für Komplikationen können auftreten?

Rory123

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Ich würde mich gerne informieren welche Komplikationen mit Venlafaxin bei der Geburt auftreten können. Ist es notwendig, dass ich nach der Geburt in der Klinik bleibe oder könnte ich gleich nach Hause? Gibt es irgendwelche Besonderheiten/ Dinge auf die ich achten sollte auch schon während der Schwangerschaft? (Symptome; Sport; evtl. Ernährung; Ruhephasen?) Zudem habe ich ein bisschen Angst vor einer Depression nach der Geburt. Bin ich durch das Venlafaxin etwas geschützt? bzw. habe ich die gleichen Voraussetzungen wie Schwangere die nicht an einer Depression leiden? Vielen Dank


Dr. Wolfgang Paulus

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Nach Anwendung von Antidepressiva wie Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mirtazapin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin im letzten Schwangerschaftsdrittel weisen die Hersteller auf das Risiko von Atem- und Ernährungsstörungen, Krampfanfällen, Unruhe und anhaltendes Schreien bei den Neugeborenen hin. Diese Beschwerden (max. 2 Wochen nach Geburt) können einen verlängerten Krankenhausaufenthalt erfordern. Es kann sich dabei um direkte unerwünschte Wirkungen der Antidepressiva auf das Neugeborene oder um Zeichen eines Entzugssyndroms handeln. Eine Fortsetzung der Anwendung von Venlafaxin in der Stillzeit ist grundsätzlich möglich, so dass Sie auch vor einer Depression nach der Geburt geschützt wären. Ein Übergang von Venlafaxin und seines Metaboliten Desmethylvenlafaxin in die Muttermilch konnten in 29 publizierten Fällen nachgewiesen werden (I-lett et al 1998, Hendrick et al 2001, Berle et al 2004, Weissman et al 2003, Ilett et al 2002, Newport et al 2009). Eine Arbeitsgruppe berichtet von einem mittleren Milch/Plasma-Qotienten von 2,5 für Venlafaxin (Range 2,0-3,2) bzw. 2,7 (Range 2,3-3,2) für Desmethylvenlafaxin (Ilett et al 1998, 2002). Die mittlere Säuglingsdosis beträgt demnach gewichtsadaptiert 6,4% (5,5-7,3%) der mütterlichen Dosis. Die Muttersubstanz Venlaxin fand sich bei 1 von 7 Säuglingen im Plasma, für den aktiven Metaboliten Desmethylvenlafaxin wurden messbare Plasmaspiegel bei 4 von 7 Kindern registriert (Ilett et al 1998, 2002). In einer weiteren Studie konnten man Venlafaxin bei 1 von 3 Säuglingen im Plasma nachweisen, den aktiven Metaboliten bei allen drei Kindern. Die mittlere Serumkonzentration der aktiven Wirkstoffe betrug 10,2% (5,3 – 19,0 %) der mütterlichen Werte (Berle et al 2004). In all diesen Studien traten bei den Säuglingen keine Komplikationen auf (Ilett et al 1998, 2002; Berle et al 2004). Eine Publikation beschreibt die Exposition von zwei Säuglingen unter mütterlicher Therapie mit Venlafaxin (75 bzw. 225 mg/d) und Quetiapin. In beiden Fällen lag die Belastung der Kinder mit Venlafaxin unter 0,1 mg/kg/d. Im Alter von 12 Monaten wiesen beide Kinder eine unauffällige psychomotorische Entwicklung auf (Misri et al 2006). Eine Studie untersuchte die Pharmakokinetik von Venlafaxin und Desvenlafaxin bei 13 Mutter-Kind-Paaren (Newport et al 2009). Bei den Säuglingen wurden keine Komplikationen beobachtet. Messungen bei 5 Mutter-Kind-Paaren ergaben bei den Säuglingen einen mittleren Plasmaspiegel von 6,2% der mütterlichen Werte für Venlafaxin und immerhin 58% für den aktiven Metabo-liten Desvenlafaxin. In der Muttermilch fanden sich stark schwankende Wirkstoffspiegel. Bei mütterlicher Einnahme von Desvenlafaxin (250 mg/d) und Amisulprid (200 mg/d) registrierte man bei einem fünf Monate alten, teilweise gestillten Säugling eine Aufnahme von ca. 1,7% der mütterlichen Dosis über die Muttermilch (Ilett et al 2010). Der Säugling entwickelt sich unauffällig. In einer weiteren Studie wurden 10 Mutter-Kind-Paare unter mütterlicher Therapie mit Desvenlafaxin (50 – 150 mg/d) untersucht. Die mittlere Serumkonzentration der Säuglinge betrug 16 µg/l bei einer mittleren mütterlichen Serumkonzentration von 309 µg/l. Die mittlere Exposition der Säuglinge betrug 6,8% der mütterlichen Dosis. Die Entwicklung der Kinder zeigte keine Auffälligkeiten (Rampono et al 2011).


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