Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Radiojodtherapie einer Angehörigen

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

zur Vita

Frage: Radiojodtherapie einer Angehörigen

Glacially

Beitrag melden

Hallo Herr Dr. Paulus, eine nahe Angehörige hatte aufgrund einer gutartigen Vergrößerung der Schilddrüse am 22.04. eine Therapie mit Radiojod. Am 30.04. wurde sie, da der Strahlungswert unter der gesetzlichen Grenze von 3,5 lag, aus dem Klinikum entlassen, mit der Anweisung durch den leitenden Nuklearmediziner, noch eine Woche mindestens 2m Abstand von mir (aktuell 26. SSW) zu halten. Vorsichtshalber (vielleicht auch übervorsichtig) haben wir den Kontakt bis jetzt (3 Wochen nach der Entlassung) minimal gehalten, um die Entwicklung des Ungeborenen nicht zu gefährden. Strahlung und die körperliche Ausscheidung radioaktiver Substanzen sind für mich sehr abstrakt und ich habe mich viel über biologische und physikalische Halbwertszeiten und die Radiojodtherapie belesen. Der Strahlenwert ist ja in der Zwischenzeit kaum noch für Personen des Umfelds bedenklich, sodass man hierbei grundsätzlich keine Einschränkungen mehr beachten muss. Richtig? Radiojod wird ja allerdings auch in geringer Menge über die Körperflüssigkeiten ausgeschieden. Meine Frage wäre nun, ob und wie lange diese Ausscheidungen für mich und vor allem das Ungeborene gesundheitlich relevant sind. Kann ich davon ausgehen, dass ich zum Beispiel von der betreffenden Person zubereitete Speisen bedenkenlos zu mir nehmen kann, da der Großteil des Jods 131 bereits ausgeschieden ist? Gibt es sonst (nach dem bereits dreiwöchigen Zeitraum nach Entlassung) noch längerfristige Vorsichtsmaßnahmen zu beachten? Natürlich gehe ich davon aus, dass man den Angaben des Nuklearmediziners vertrauen kann und bin mir bewusst, dass der Strahlenschutz in Deutschland sehr hohen Anforderungen unterliegt, aber insbesondere in der Schwangerschaft, möchte man das Wohl und die Entwicklung des Kindes im Mutterleib natürlich keineswegs vermeidbaren Gefahren aussetzen. Vielen Dank im Voraus für ihre Antwort.


Dr. Wolfgang Paulus

Dr. Wolfgang Paulus

Beitrag melden

Das im Rahmen der Radiojodtherapie applizierte radioaktive Jod gelangt über die Blutbahn in die Schilddrüse. Es wird dort von den besonders aktiven Anteilen aufgenommen. Es zerfällt und setzt Strahlen frei, welche die Schilddrüsenzellen dauerhaft außer Gefecht setzen. Da sich das radioaktiv markierte Jod für den Körper nicht von normalem Jod unterscheidet, wird es fast ausschließlich in die Schilddrüse aufgenommen, dort gespeichert und gelangt kaum in andere Gewebe. Das nicht eingelagerte Jod wird innerhalb von wenigen Tagen über Blase und Darm ausgeschieden. Der in der Schilddrüse gespeicherte, wirksame Anteil verliert in den folgenden Tagen durch physikalischen Zerfall nach und nach seine Radioaktivität. Für die Therapie ist die Beta¬Strahlung entscheidend, sie macht etwa 90 – 95 % aus. Diese Beta-Strahlen haben nur eine geringe Reichweite von maximal 2 Millimetern, die mittlere Reichweite beträgt sogar nur 0,5 Millimeter. Sie bewirken somit keine Schädigung des Gewebes, das außerhalb der Schilddrüse liegt. Gamma-­Strahlen haben eine etwas größere Reichweite im Gewebe (etwa 5 – 6 cm) und können daher an der Körperoberfläche gemessen werden. Nach Entlassung Ihrer Angehörigen kann noch eine minimale Reststrahlung von ihrem Körper ausgehen. Dies hat keinerlei Auswirkungen für die Erwachsenen in Ihrem Umfeld. Sie sollte jedoch von Säuglingen, Kleinkindern und Schwangeren noch eine Woche lang etwas Abstand halten. Das bedeutet lediglich, dass sie nicht 24 Stunden engsten Körperkontakt suchen sollte. Das ist jedoch eine überaus vorsichtige Strategie. Bei einer Flugreise wäre Ihr Ungeborenes einer höheren Strahlenbelastung ausgesetzt.


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Meine Bekannte hatte am Dienstag die Radiojodtherapie. Donnerstags wurde sie entlassen. Sie bekam auf Nachfrage gesagt,das sie nach der Entlassung nix beachten müsse. Sie dürfte z.B.auch ihr Kind knuddeln. Stimmt denn das so? Sie durfte ab heute auch wieder arbeiten (Krankenschwester stationär).

Guten Tag Herr Paulus, ich muss aufgrund von Morbus Basedow eventuell eine Radiojodtherapie machen. Da werde ich dann einige Tage im Krankenhaus bleiben und wenn die Strahlung bis unter einen gewissen Grenzwert abgeklungen ist, werde ich entlassen. Nun steht auf der Internetseite der Klinik man solle noch bis zu einer Woche Abstand von Ki ...