Sehr geehrter Dr Paulus,
ich habe im August letzten Jahres Morbus Basedow diagnostiziert bekommen. Seither nehme ich Propycil ein, gestartet mit 200mg täglich seit 3 Wochen nur noch 25mg täglich.
Gestern habe ich positiv getestet und befinde mich etwa in der 6. SSW.
Nun meine Fragen:
1. Mein Arzt möchte, dass ich das Propycil weiterhin täglich einnehme, obwohl meine Leberwerte bereits etwas auffällig sind und das Medikament ja nachweislich schlecht für den Fötus ist. Was meinen Sie dazu?
2. Ich soll kein Jod einnehmen. Braucht das Kind aber nicht dringend Jod für die eigene Schilddrüse?
3. Mein Tsh Wert ist immer noch < 0,01 und die TRAKS sind bei 19 (< 1,8). Wie wirken sich diese Werte auf das Kind aus? FT4 und Ft3 sind im oberen Normbereich.
Vielen herzlichen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen!
von
hani88
am 24.05.2019, 20:26
Antwort auf:
Morbus Basedow Propycil
Da Hyperthyreosen (Schilddrüsenüberfunktion) mit einer erhöhten Komplikationsrate in der Schwangerschaft (Aborte, Frühgeburten) verbunden sind, ist eine Einstellung der Hormonwerte im oberen Normbereich anzustreben. Carbimazol, Propylthiouracil oder Thiamazol sind prinzipiell geeignete Thyreostatika. Es sollte jedoch eine Kontrolle der mütterlichen Hormonwerte während der Schwangerschaft erfolgen. Die mütterlichen Hormonbefunde dürfen durchaus leicht über den oberen Normwerten liegen.
Da die Thyreostatika im Gegensatz zu den mütterlichen Schilddrüsenhormonen gut plazentagängig sind, sollte die Dosis möglichst niedrig gewählt werden, um eine fetale Schilddrüsenunterfunktion beim Ungeborenen zu vermeiden. Da die kindliche Schilddrüse ihre Funktion erst jenseits der 10.Schwangerschaftswoche aufnimmt, ist mit einer Beeinträchtigung der fetalen Schilddrüse durch Thyreostatika erst nach der 10.Schwangerschaftswoche zu rechnen.
Eine Schilddrüsenunterfunktion tritt beim Neugeborenen gelegentlich nach Behandlung mit Thyreostatika in der Schwangerschaft auf. Allerdings verschwinden diese Komplikationen nach wenigen Monaten. Auf eine entsprechende Hormonsubstition nach der Geburt muss jedoch zur Vermeidung von Entwicklungsstörungen geachtet werden.
Verschiedene Nachuntersuchungen zeigen, dass bei Kindern durch intrauterine Exposition mit Thyreostatika keine psychomotorischen Retardierungen ausgelöst werden.
Während bei thyreostatischer Therapie mit Imidazolderivaten wie Carbimazol und Thiamazol einige Fälle von Aplasia cutis (Hautdefekte) bekannt wurden, sind solche Veränderungen unter dem verwandten Präparat Propylthiouracil nicht beschrieben. Propylthiouracil wäre demnach zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion im I.Trimenon grundsätzlich vorzuziehen. Allerdings kann Propylthiouracil die Leberfunktion beeinträchtigen. Wenn die Leberwerte auffällig werden, sollte ggf. auf Carbimazol / Thiamazol in moderaten Dosen umgestellt werden.
Wenn Sie jetzt größere Jod-Mengen einnehmen würden, würde Ihre Schilddrüse wieder zur Hormonproduktion angeregt. Dann müssten Sie ggf. wieder höhere Dosen eines Thyreostatikums gegen die Überfunktion einnehmen. Das wäre für die Schwangerschaft insgesamt auch nicht günstig.
Jod wird heutzutage auch über das Speisesalz bei üblicher Ernährung in gewissen Mengen zugeführt, so dass das Ungeborene auch auf diesem Weg etwas Jod erhält.
TRAK sind plazentagängige Immunglobuline G. Hohe TRAK-Spiegel in der 22.–26. Woche sind Risikofaktoren für eine Schilddrüsenüberfunktion beim Neugeborenen, mit einem Risiko von 40 % ab einem 5-fach erhöhten Wert. Die TRAK-Antikörper sind beim Kind in den ersten 6 Wochen nach Geburt meist noch nachweisbar.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 27.05.2019