Cosmopolitin
Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, leider bin ich noch nicht schwanger, würde es aber gerne dieses Jahr werden. Zurzeit nehme ich die o.a. Medikamente: Amitriptilin habe ich schon mit Erfolg abgesetzt. Da ich u.a. wenig bis keine emotionale Unterstützung in meiner Ursprungsfamilie und meinem sozialen Umfeld erfahre fällt es mir sehr schwer Cymbalta und Quetiapin ganz abzusetzen. Könnte ich die Medikamente trotzdem während der Schwangerschaft einnehmen? Welche gesundheitlichen Folgen könnten für das Kind bestehen? Danke für Ihre Bemühungen. Mit freundlichen Grüßen Frau Wagner
Bei Duloxetin handelt es sich um einen neueren Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer. Eine prospektive Multicenterstudie konnte bei 206 Schwangerschaften unter Anwendung von Duloxetin im ersten Trimenon keinen Anstieg der Fehlbildungsrate feststellen (Einarson et al 2012). Drei von 165 Neugeborenen (1,8%) wiesen Anomalien auf (Hydronephrose, Nierenagenesie, Klumpfuß). Allerdings nahmen nur 51 Patientinnen das Antidepressivum während der gesamten Schwangerschaft ein, während in 155 Fällen die Medikation im ersten Trimenon abgesetzt wurde. Wie bei anderen serotonergen Arzneimitteln können Entzugsymptome bei Neugeborenen auftreten, wenn die Mutter kurz vor dem Entbindungstermin Duloxetin eingenommen hat. Nach mütterlicher Medikation bis zur Geburt beobachtete man bei einem Neugeborenen Zittern, Krämpfe und Atemstörungen; die Symptomatik verschwand jedoch unter stationärer Behandlung in den ersten 7 Lebenstagen (Eyal et al 2008). Wir verfügen bisher über 79 Rückmeldungen nach Anwendung von Duloxetin in der Frühschwangerschaft: 11 Schwangerschaftsabbrüche (aus psychosozialen Gründen) 7 Spontaborte 56 unauffällige Neugeborene 5 angeborene Anomalien Ein bestimmtes Fehlbildungsmuster fiel nicht auf. Trizyklische Antidepressiva wie Amitryptilin oder auch SSRI wie Sertralin oder Citalopram wären in der Schwangerschaft grundsätzlich erprobter. Wenn diese Präparate nicht ausreichend wirken, wäre auch der Einsatz von Duloxetin vertretbar. Bei Quetiapin handelt es sich um ein neueres Neuroleptikum aus der Klasse der Dibenzothiazepine. In Tierversuchen mit Ratten und Kaninchen fand sich kein Anstieg der Fehlbildungsrate. In einer prospektiven Followup-Studie zur Anwendung von atypischen Neuroleptika in der Schwangerschaft registrierte man bei 151 exponierten Schwangeren im Vergleich zu einer Kontrollgruppe keine Zunahme von Aborten oder Fehlbildungen. Darunter befanden sich auch 36 Fälle mit einer Quetiapin-Medikation (McKenna et al 2005). Zuvor waren zwei Fälle publiziert worden, in denen Quetiapin während der gesamten Schwangerschaft in Dosen von 150 bis 300 mg/d verabreicht worden war. Die beiden Neugeborenen wiesen keine Anomalien auf (Tényi et al 2002; Taylor et al 2003). Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2001 und 2011 108 Schwangerschaftsausgänge nach Medikation mit dem atypischen Neuroleptikum Quetiapin in der Frühschwangerschaft dokumentiert. Ein Zusammenhang mit einem erhöhten Fehlgeburts- oder Fehlbildungsrisiko konnte nicht nachgewiesen werden. Wenn therapeutische Alternativen nicht ausreichend wirken, wäre der Einsatz von Quetiapin in der Schwangerschaft vertretbar, wobei eine möglichst moderate Dosis gewählt werden sollte.
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