Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Sie mag einfach nicht "richtig" essen

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Frage: Sie mag einfach nicht "richtig" essen

Mitglied inaktiv

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Hallo! Unsere Tochter (im Aug. 3 Jahre alt geworden) mag nicht "richtig" essen. Folgende Lebensmittel isst sie gerne (ist aber auch tagesabhängig): Warme Lebensmittel: - Nudeln ohne Soße nur mit gaaaaanz wenig Ketchup - Tortellini (ohne Fleischfüllung) - Gnocchi (solange sie noch denkt, dass es Nudeln sind) - Pommes nur mit gaaaaanz wenig Ketchup und Majo - Pfannkuchen mit Zucker, Puderzucker oder Marmelade - ab und zu mal 1-2 Fischstäbchen - manchmach Erbsen - Tomatensuppe (ohne was drin) Kalte Lebensmittel: - Brot/Brötchen (in allen Variationen, auch gerne mal Vollkorn) - Käse (am liebsten mittelalten Gouda schier) - Paprika, Tomaten (je kleiner desto besser), Gurke - Apfel, Apfelsine - Aufschnitt (Kinderwurst, Schinken, Leberwurst, Teewurst) Getränke: - stilles Wasser - Saftschorlen - Milch/Kakao (auch ruhig mal warm) Alles andere lehnt sie strikt ab - wenn es darum geht, es zu probieren (zum Beispiel eine Kartoffel) macht sie das nur unter absolutem Weinprotest!!! Mittlerweile sind wir dazu übergegangen, dass wir uns etwas kochen (unser kleiner Sohn, fast 9 Monate, probiert schon vieles vom Tisch) und sie isst ein Brot. Gibt es nicht noch irgendwelche Tricks und Kniffe, mit denen ich sie mal zum essen von einer Gemüsepfanne, Ofenkartoffeln oder änlichem überzeugen kann?!?! Sie wurde 9 Monate lang gestillt, ab dem 6. Monat mit Beikost. Bis sie 2 Jahre alt war hat sie fast ausschließlich die "So groß"-Menues gefuttert. Danach haben wir alles probiert, gekocht, teilweise sogar Kartoffeln und Gemüse in Sternchen-Form ausgestochen etc - nix ging... Sie wiegt bei 97cm 13kg - kränkelt nicht, lacht und spielt viel... Trotzdem macht es mich mürbe, dass sie einfach nichts von "unseren" Sachen mitessen möchte - auch nicht, wenn sie mitgekocht hat. Lieben Gruß


Birgit Neumann

Birgit Neumann

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Hallo Igio es gibt nicht wenige Kinder, die ein solches Essverhalten haben. Gründe dafür können vielfältig sein. Es kann sich hierbei um eine ausgeprägte Neophobie* handeln. Es kann zum Selbstläufer geworden sein oder ein Machtkampf daruas resultiert sein. Auch können Nahrungsmittelunverträglichkeiten den Nährboden bilden oder bisherige häufige Krankheitsphasen den Appetit geschmälert haben. Auch schreibst du, dass deine Kleine bis sie 2 Jahre alt war, ausschliesslich mit "menüs" gefüttert wurde. Besonders hierin sehe ich eine Zusammenhang zu dem eingeschränkten Nahrunsgmittelrepertoire. Kinder sollten bis zu 10 mal etwas probiert haben, bevor sie es wirklich gut akzeptieren und sich an den Geschmack gewöhnt haben. Zum Probieren genügen oft schon mimimalste Mengen. Und ausspucken sollte erlaubt sein. Auch der Geruchssinn spielt eine große Rolle. Denn noch bis ins Erwachsenenalter (lebenslang) hinein sind solche Erinnerungen mittels Geruchssinn aktiv, und die Bereitschaft später im Erwachsenenalter eine Speise zu probieren, ist dadurch sehr gross. Somit nimmt die Geruchsprägung noch vor der Geschmacksprägung eine wesentliche Rolle ein. Die einmal erlernten Geschmacksmuster, in frühester Kindheit, werden treu bis ins Erwachsenenalter hinein beibehalten. Muttermilchersatzpulver bspw. enthält gewöhnlich den Aromastoff Vanillin. Das Münchner Sensorikunternehmen ASAP hat hierzu eine Versuch durchgeführt: 130 Jugendliche und Erwachsene erhielten zwei fast identische Proben Ketchup. Die Proben unterschieden sich in der Zugabe von Vanillin zu einer Ketchupflasche. Der vanillinhaltige Ketchup wurde von ehemaligen Flaschenkindern 4 mal so häufig bevorzugt, als von ehemals gestillten Personen. Eine neuere Studie ergab, dass Kinder, die häufig aromatisierte Fruchtjoghurts assen, sich so sehr an die Aromen gewöhnen, dass sie dann den im Testversuch selber angerührten Joghurt mit frischen Früchten, als Kunstprodukt zu identifizieren glaubten. Fazit: Das Aroma der echten Früchte war ihnen so fremd, dass sie die künstlichen, naturidentischen, natürlichen Aromen, jeweils als den Geschmack von "echtem Obst" abgespeichert hatten und künftig diesen "unechten" favorisieren. *Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben zuweilen eine sog. Neophobie. Eine Angst vor dem neuen, unbekannten Éssen. Auch hier wieder, evolutionsbiologisch betrachtet, eine gute Schutzfunktion. Gegessen wird nur das, was man kennt. Denn Unbekanntes könnte giftig sein. Besonders bittere Speisen sind oft giftig. Deswegen wird ein bitterer Geschmack von Kindern meistens abgelehnt. Grüne Paprika schmecken gekocht meist bitter. Aber auch alte Möhren können manchmal bitterer sein. Die Verdauung ist individuell verschieden. Was dem einen gut bekommt, kann beim anderen zu Unwohlsein führen. Deswegen mögen viele Kinder Gemüse oft weniger gerne essen. Gemüse hat zwar Vitamine Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe aber bringt (im Vergleich zu Obst) keine Sättigung. Die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe sind manchmal schwerer verdaulich. Deshalb wird Gemüse oft akzeptiert, wenn es entsprechend zubereitet wurde, weil die Zubereitungsweise eine direkte Auswirkung auf die Verdauunng/Verdaulichkeit hat. Mit viel Fett (z.B.Rahmspinat) werden Ballaststoffe verträglicher. Ketchup bspw. hat einen hohen Zuckeranteil. Die Säure wird abgemildert und Kalorien kommen hinzu. Erbsen haben von Natur aus einen leicht süßlichen Geschmack. Pizza ist auch fettreicher wegen dem Käse und Öl. Deswegen akzeptieren Kinder oft mit Gemüse belegte Pizza. Auch Gemüsepuffer zählen hinzu- Wichtig zu wissen ist, dass bei der Appetitsteuerung viele Faktoren zusammenspielen. Eine ganz wichtige Rolle spielt auch die individuelle Verdauung der Speisen, die u.a. von der mikrobiologischen Darmbesiedelung abhängt. Auch bestimmte Krankheiten/ereignisse können einen Einfluss auf die Speisenauswahl haben. Hat das Kind zum Beispiel etwas gegessen und bekommt bald darauf einen grippalen Infekt o.ä., gar den Magen-Darm-Trakt betreffend, dann wird diese Speise meistens danach gemieden. Das hat biologisch gesehen, einen evolutionsbiologischen Sinn. Die Kinder beurteilen das Essen auch nach der Verträglichkeit. Diese Veträglichkeit ist subjektiv und von Aussenstehenden nicht immer direkt nachvollziehbar. Ernährungsempfehlungen mit Plänen und Rezepten sind Theorie. Sie dienen als Basis und Orientierungshilfe. Ein gutes Gewissen kann daraus resultieren, wenn die Kleinen nach diesem Plan vorbildhaft speisen. Manchmal klappt das auch. Aber manchmal auch nicht. Als Mama ist man schnell irritiert und besorgt, wenn die Kleinen nicht nach Plan essen und trinken wollen. Kinder wissen instinktiv selber ziemlich genau, wieviel sie essen sollten. Das kann tageweise verschieden sein, aber in der Wochenbilanz durchaus stimmig. Vorraussetzung ist natürlich ein reichhaltig gedeckter Tisch mit ausgewogenem Speisenangebot. Was du scheibst, beklagen übrigens nicht wenige Mütter: Das Kind möchte nicht das essen, was Mama serviert. Als Mutter kann man schon daran verzweifeln, wenn die lieben Kleinen nicht so essen wollen, wie man sich das wünscht. Und vor allem wie es in den allgemeinen Ernährungsempfehlungen geschrieben steht. Kinder wissen nichts von Ernährungsempfehlungen und essen einfach dann, wenn es ihnen schmeckt, oder wenn sie hungrig sind. Vorraussetzung ist, das sie natürlich einiges kennen. Vor allem, dass alle Lebensmittelgruppen dabei sind. Einseitiges Essen, das aber trotzdem einigermassen ausgewogen ist und das Kind sättigt - kein Problem. Langsam und unmerklich lässt sich die Palette der Gerichte erweitern. Den Zeitpunkt dafür bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht der Esstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant etc Lass dein Kind aus dem Kochtopf probieren. Bereitet Mahlzeiten gemeinsam zu und lass deine Tochter schon mal vorher probieren. Dein Kind isst. Das ist erst mal das Wichtigste. Vielleicht kann dir Frau Schuster mit ein paar Tipps zum Umgang mit "Regeln" weiterhelfen. Oder wie du behutsam dein Kind dazu bringen kannst neue Dinge zu probieren. Denn nur übers Probieren können neue Esserfahrungen gemacht werden. Der Körper muss eine positive Wirkung spüren. Dann verlangt er nach mehr. Essen muss primär erst mal lecker sein. So wird das Geschmackszentrum "umami" (=übersetzt heisst das so viel wie: einfach lecker) gereizt. Das veranlasst zum Weiteressen. Grüsse B.Neumann


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Zum Frühstück isst sie "ihr" Fertig-Müsli (mit Haferflocken, Schokoladen-Flocken, fettarmem Kakaopulver, Weizenvollkorn-Schokobällchen, Haselnusskrokant) mit Milch


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Haben auch schon Pommes selber gemacht - die mochte sie überhaupt nicht. Und die Gnocchis aus dem Beutel schmecken ihr auch besser als die, die ich gemacht habe. Und: bloß kein FLEISCH... woher sie das hat wissen wir nicht, aber Fleisch mag sie bis auf Bockwurst und Aufschnitt überhaupt nicht (außer mal einen Hamburger, den es bei uns 1 - 2 x im Monat gibt). Pizza mag sie sonst auch - aber auch nur mit Tomatensoße und Käse. Alles, was wir frisch zubereiten lehnt sie ab! Deshalb bekommt sie zu den Nudeln schon immer Tomaten, Gurke und Paprika mit auf den Teller. (Klingt sehr nach Fast-Food-Kind, aber davon isst sie ja auch kaum was)


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