Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Essen - Ideen fehlen

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Frage: Essen - Ideen fehlen

paula_26

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Hi, meine Söhne (beide normal groß und schwer und ganz selten krank) sind mittlerweile fast 7 und fast 4 Jahre alt, die Eßsituation finde ich nach wie vor aber unbefriedigend. Der Große aß sich durch alle HIPP`s, der Kleine "aß" bis zum 1. Geb. sowieso nur sein Flascherl, dann aber von einem Tag auf den anderen Fleisch etc. Ich finde, daß wir quasi immer daselbe essen, versuche schon lange da rauszukommen, koche ich aber mal was Neues, dann muß ich es sowieso allein essen. Und da ich sowieso ungern koche, trifft mich das doppelt. Beide essen gern Nudeln pur, Soße mag einer gar nicht, lieber Erbsen dazu, der andere ißt sie zeitweise. Erbsenreis bzw. Gemüsereis essen beide, auch Fasch. Laibchen, Hühner- und Schweinefleisch. Gehen wir essen, muß es immer ein Wr. Schnitzel mit Pommes sein. Kartoffeln werden nur in Form von Pommes oder Rösti gegessen. Pizza geht auch. Grüner Salat oder Bohnensalat auch manchmal. An süßen Sachen essen sie gern Palatschinken oder Süße Knödel. Habe schon 2 Kinderkochbücher, finde da auch nix. Ein paar Sorten Obst und Gemüse, Fleisch, Reis und das wars? Fisch leider nicht einmal als Fischstäbchen. Couscous oder Ebly kann ich sowieso allein essen. An kalten Sachen gehen Weckerl und rauhe Mengen an Joghurt. Bin wirklich unglücklich mit unsere Eßsituation. Essen andere Kids auch so wenig verschiedenen Sachen? Haben sie vielleicht einen Tipp bzw. ein paar aufmunternde Worte für mich? Der Ki-Arzt sieht das gelassen, ich möchte meine Kinder schon so gesund wie nur möglich ernähren. Vielen Dank im Voraus Paula


Birgit Neumann

Birgit Neumann

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Hallo Paula Als Mutter kann man schon daran verzweifeln, wenn die lieben Kleinen nicht so essen wollen, wie man sich das wünscht. Für dich besteht das Problem vor allem darin, dass es immer wieder die gleichen Sachen gibt. Dass du beim Versuch Veränderungen zu bewirken eher frustriert bist, weil du ohnehin nicht besonders gerne kochst und die Arbeit Neues auf den Tisch zu bringen nicht funktioniert hat. Wie wär´s wenn du das Problem gemeinsam mit deinen Kindern angehst. Kennst du vielleicht die Kochbücher von DIE MAUS? Kochbücher für Kinder, also Bücher die für Kinder geschrieben wurden, um ihnen Kochen und Backen beizubringen sind generell gut geeignet. Die Bücher sind optisch sehr ansprechend und die Rezepte einfach in der Zubereitung und im Klang und durch das Bild ansprechend. Erkläre deinen Beiden sie Situation, die dir nicht gefällt und plädiere an ihre Mitarbeit. An einem Tag in der Woche könntet ihr zum Beispiel zusammen kochen. Wenn ihr dabei chronologisch vorgeht, kann nicht schon zuvor mit einem etwaigen "bäh" geurteilt werden. Wenn das Essen aufgetischt ist, muss jeder probieren - das sollte als Regel gelten und mit Worten schildern warum es evtl nicht gemocht wird. Esserziehung kannst du durchaus auf diese Weise angehen. Es ist eine Bereicherung für das Leben. Neue Aromen können benannt und eingeordnet, neue Esserfahrungen gemacht werden. Kocht zum Beispiel einmal Rotkohl, frisch aus einem kleinen Kopf. Macht damit Farbenspiele in dem du ein Blatt vom Kopf im Ganzen abkochst. Den entstandenen Saft - kennst du wahrscheinlich - wird in verschiedene Behälter (Gläser) gekippt, in die du vorher Wasser mit verschiedenen Zusätzen gefüllt hast. Spülmittel, Soda (Backpulver), Essig, Zitrone, etcetc siehe Foto den Rotkohl werden sie anschliessend auch probieren. Dazu handgemachte Kartoffelknödel und Frikadellen. zwar viel Text, aber doch einfach in der Zubereitung sind Kartoffelknödel: Zutaten: 1 kg Kartoffeln 150 g Kartoffelmehl 2 kleine Eier 1 EL Salz, nimm viel weniger wegen Babykost Muskatnuss gerieben, nach Belieben 20 g Butter Die Kartoffeln mit Schale gar kochen. Mit kaltem Wasser abschrecken, schälen und durch eine Kartoffelpresse drücken. Diesen Kartoffelbrei mit Kartoffelmehl (ca 150 g, je nach Flüssigkeit der Masse) Eier, Salz, Muskat und Butter gut verkneten. Etwas quellen lassen. Den Teig zu einer Rolle formen und in 8-12 Scheiben schneiden. Daraus- mit mehlbestäubten Händen- gleichmäßige Knödel formen. Noch besser klappt es, wenn du Einmalhandschuhe dafür benutzt und zum guten Verteilen des Kartoffelmehls und zum ersten Kneten einen flachen und großen Teigschaber verwendest. Die Knödel müssen eine glatte Oberfläche haben, damit sie beim Garen nicht zerfallen. Risse ggf mit heissem Wasser ausbessern. Einen flachen Topf mit Salzwasser (1TL pro Liter Wasser) zum Kochen bringen. Die Kartoffelknödel ins Wasser geben, erneut zum Sieden bringen und darauf achten, dass sie nicht am Boden kleben. Mit halb aufgelegtem Deckel bei mittlerer bis schwacher Hitze15-20 min ziehen lassen. Die fertigen Knödel mit einer Schaumkelle herausheben und in eine vorgewärmte Schüssel geben. In die Schüssel einen umgedrehten Kaffeetassenteller legen, damit überschüssiges Wasser weiterhin abtropfen kann und die Knödel nicht zu matschig werden. Fertig Ob die Kinder mit Knetmasse kneten oder Knödel aus Kloßteig formen - Erlebnis ist das allemal. Über Umwege kann man langfristig manchmal viel erreichen. Hilfreich kann auch sein, wenn ihr Essevents startet. Jeder darf mit Beiträgen etwas zum Essenstisch beitragen. In guter Atmosphäre wird häufig auch mehr probiert als im normalen Alltag. Ein Kind könnte passend zum Menü die Deko richten (basteln, malen) und der Große darf die Speisekarte schreiben. Schon während der Vorbereitungszeit entsteht Neugier. Das wirkt langfristig nach, wenn auch erst in vielen Jahren... Und hier noch ganz allgemeine Infos. Jedes Kind is(s)t unterschiedlich. Manche Kinder essen gern und viel und einfach alles bis auf wenige Ausnahmen. Manche Kinder essen wenig und sind dabei oft noch sehr mäkelige Esser. Das wichtigste Element ist zunächst einmal einfach die Tatsache, dass ein Kind überhaupt isst :-) Das zu essen, was Kinder kennen und ihnen schmeckt, gibt ihnen Sicherheit. Sie lehnen vor allem den Geschmackseindruck "bitter" ab. Kinder sind sog. Supertaster. Geschmackseindrücke und Konsistenzen (das Mundgefühl) werden viel intensiver erlebt als bei anderen Personen. Kinder sind viel sensibler in ihrem Geschmacksempfinden. Das kann zu Ablehnung bestimmter Speisen führen. Kinder müssen oft über 10 mal von etwas probieren, bevor sie wirklich gut akzeptieren. Kleine Mengen reichen dafür aus. Essen ist überlebenswichtig. Da wir Menschen Allesesser sind, können wir aus einem großen Repertoire an Lebensmitteln schöpfen, die uns nähren. Was wir essen sollten, und welche Möglichkeiten der Auswahl wir haben, das gründet auf den Erfahrungen der Gesellschaft und Kultur, in der wir aufwachsen und leben. Wir Menschen sind recht anpassungsfähig. Allerdings muss man sich behutsam an neue Speisen heranwagen. *Besonders Kinder essen deshalb am liebsten immer das Gleiche! Nämlich das, was sie gut kennen und was sie am besten nährt. Essen hat nicht nur Geschmack, Konsistenz, Nährstoffe und Vitalstoffe, sondern auch andere Begleitstoffe, sog. sekundäre Pflanzenstoffe. Die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe sind manchmal schwerer verdaulich oder erfordern "Entgiftungsmechanismen". Deshalb wird Gemüse oft akzeptiert, wenn es entsprechend zubereitet wurde, weil die Zubereitungsweise eine direkte Auswirkung auf die Verdauunng/Verdaulichkeit hat. Mittels bestimmter Verarbeitungstechniken (kochen, schälen, säuern, raspeln, fermentieren etc) ist es der Menschheit insgesamt gelungen, viele Lebensmittel essbar und geniessbar zu machen. Wichtig ist wirklich, dass Esserlebnisse sich positiv auf das Gesamtempfinden auswirken. Und die Verdauung bzw solche Entgiftungsprozesse sind individuell (im Organismus) verschieden. Was dem einen gut bekommt, kann beim anderen zu Unwohlsein führen. Deswegen mögen viele Kinder Gemüse oft weniger gerne essen. Gemüse hat zwar Vitamine Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe (es gibt auch viele ,die als gesund gelten) , Ballaststoffe aber bringt (im Vergleich zu Obst) keine Sättigung. Mit viel Fett (z.B.Rahmspinat) werden solche Ballaststoffe verträglicher. Ketchup bspw. hat einen hohen Zuckeranteil. Die Säure wird abgemildert und Kalorien kommen hinzu. Erbsen haben von Natur aus einen leicht süßlichen Geschmack. Pizza ist auch fettreicher wegen dem Käse und Öl. Deswegen akzeptieren Kinder oft mit Gemüse belegte Pizza. Übrigens ist Obst deswegen beliebter, weil es im Vergleich zum Gemüse einfach nahrhafter ist. Es liefert auf kleinstem Raum viel Nahrungsenergie, d.h. Kalorien und sättigt besser, und : es hat viel weniger störende Begleitstoffe. Ein Saft ist nahezu frei davon. Da stört keine weiße Haut mehr von der Orange. Der Apfel hat keine harte Schale und man kann einfach geniessen :-) ohne zu kauen... Was du schreibst, beklagen übrigens nicht wenige viele Mütter: Das Kind möchte nicht das essen, was Mama will. Und das ist auch kein Phänomen der neueren Zeit. Nein, es war schon immer so. Auch zu Großmutters Zeiten, und auch während der sog. Hungerjahre, als Nahrung knapp war. Das zu essen, was Kinder kennen und ihnen schmeckt, gibt ihnen Sicherheit. Schau einfach mal, wie du deinen Kleinen ohne Zwang zum Familienessen bringen kannst. Hilfreich ist es, in kleinen Schritten vorzugehen. Einmal vom Apfel abbeissen, ein Stückchen Banane essen bspw - das wäre ein großer Erfolg. Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben eine mehr oder weniger stark ausgeprägte sog. Neophobie. Das ist eine Art Angst vor dem "neuen" Essen. Ursprünglich eine gute Schutzfunktion, denn gegessen wird nur das, was man kennt, denn Unbekanntes könnte giftig sein. Dieses Phänomen ist sogar in der Tierwelt vorzufinden - neue Dinge werden auch hier nur zögerlich von Jung und Alt gekostet. Und am besten wird das gegessen, was immer und immer wieder von allen nebenstehenden Personen auch verzehrt wird. Darum ist der gedeckte Familientisch so wichtig. Hier stehen immer wieder die gleichen Dinge und ab und zu etwas Neues. Aber auch das Neue wird wieder irgendwann angeboten werden und irgendwann frohlockt es doch, zuzugreifen. Je jünger die Kleinen sind, desto aufgeschlossener sind sie diesen neuen Angeboten. Mit etwa 18 Lm schränkt sich der Erfahrungshorizont in Essensfragen immer weiter ein, die Auswahl der gemochten Speisen meist (noch) kleiner). Erst mit 6-8 Jahren und später ab etwa 12 Jahren werden wieder gerne neue Essabenteuer angegangen. Um Essen zu lernen, d.h. Essbares von nicht Essbarem zu unterscheiden, hilft das sog. soziale Lernen. So kann die Neophobie am besten überwunden werden. Kinder lernen durch Nachahmung und Wiederholung. Sie suchen sich hierzu Vorbilder. Das kann Mama oder Papa sein. Aber auch ganz andere Weggefährten können als Vorbild dienen. Das kann Oma sein oder eine Freundin, auch Vorbilder aus den Medien. Langsam und unmerklich lässt sich die Palette der Gerichte erweitern. Den Zeitpunkt dafür bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht der Esstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant etc Kocht zusammen Marmelade. Gebt Früchte in einen Topf, hier dürfen deine Kinder rühren und riechen (!) probieren und die fertige Marmelade der Oma schenken. Wenn die Aprikosenmarmelade gemocht wird, schmeckt im nächsten Sommer auch die frische Aprikose aus der Hand. Gib deinen Kindern vertraute Speisen und erweitere spielerisch das Angebot. Meine Tochter war auch immer sehr skeptisch. Gefallen fand sie häufig an "exotischen" Dingen wie Litschis oder Physalis, Oliven, Falafel (Kichererbsenbällchen), Erbsensuppe, Couscous, etcetc. Dinge, die ich ihr nicht extra gegeben hätte, die sie aber durch vorsichtiges Probieren, für sich entdeckte. Weitere Erziehungstipps gibt dir bestimmt Frau Schuster in ihrem Forum, hier bei rub. Pflanzt auf der Fensterbank eine Bohnenpflanze**. Die darf dein Kind hegen und pflegen, schliesslich ernten, kochen (!!) und essen. Ladet zu diesem Schmaus das Kuscheltierchen ein... Presse frischen Saft - besser noch - lass ihn selbst einmal eine Mandarine auspressen und trinken. Macht zusammen Smoothies,die ihr vielleicht wegen der Konsistenz besser zusagen als Obst in Stückchen. Also dann Viel Erfolg Grüße B.Neumann * Die Maus - Mein erstes Kochbuch [Gebundene Ausgabe] Die Maus - Meine Partyrezepte [Gebundene Ausgabe] 4,99€ etc **Säe in einem Blumentopf (den dein Kind vorher bemalen durfte) drei Samen grüne Bohnen (Stangenbohnen). Gießt die zusammen immer gut, sie wachsen sehr schnell. Und alsbald, nach 4-6 Wochen, könnt ihr die Ernte kochen. Achtung! grüne Bohnen immer vor Verzehr kochen, die sind roh giftig). Diese 3 geernteten Bohnen werden vorne und hinten jeweils ein paar mm gestutzt und schliesslich ca 10 min in Salzwasser gegart. Wasser abschütten, Butter zu, fertig ist euer Festschmaus. Da wird, trotz grün, dein Kind wenigstens begeistert probieren.

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