Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Ernährung

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Frage: Ernährung

Mitglied inaktiv

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Hallo, mein Sohn ist 3 Jahr und seit 1/2 J. im Kindergarten. Erist so gut wie gar nichts und probiert noch nicht einmal.Er mag nur Pommes, kartoffelpürree, Buchstabensuppe, Nudeln und Würstchen. Wir haben alles probiert.Fleisch wie z. B. Schnitzel oder Filet ißt er nicht-will er nicht. Er dreht sich um und macht bäh..Wir versuchen es spielerisch, wir kochen und backen zusammen, richten es schön an, aber nein-nichts hilft! Ich bin verzweifelt! ER nimmt kein Gemüse oder Salat in den Mund! Obst wiederum ißt er sehr gerne und viel!!! Was soll ich nur machen-Dazu kommt das ich sogar meine, dass er Kaufaul ist.Können Sie mr weiterhelfen!!! LG Mel


Birgit Neumann

Birgit Neumann

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Hallo Mel wie hat sich die Beikost seinerzeit gestaltet. War dein Kind damals schon zögerlich und mochte nur wenig? Wie war die Zeit der Familienkost? Seit wann hat er das Verhalten, dass er fast alles verweigert, ausser seinen Lieblingsspeisen? Manche Kinder sind sehr eigen in ihren Essgewohnheiten. Das Wichtigste wäre, dass euer Sohn neue Speisen probiert. Immer und immer wieder. Ausspucken erlaubt. da helfen erzieherische Massnahmen. Denn nur über das Probieren können neue Esserfahrungen gesammelt werden. Auf diesen Erfahrungen beruht genussreiches Essen und darauf basiert widerum die Appetisteuerung. Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben noch dazu eine sog. Neophobie. Eine Angst vor dem Neuen (essen). Auch hier wieder, evolutionsbiologisch betrachtet, eine gute Schutzfunktion. Gegessen wird nur das, was man kennt. Denn Unbekanntes könnte giftig sein. Besonders bittere Speisen sind oft giftig. Deswegen wird ein bitterer Geschmack von Kindern meistens abgelehnt. Grüne Paprika schmecken gekocht meist bitter. Aber auch alte Möhren können manchmal bitterer sein. Kinder sollten bis zu 10 mal etwas probiert haben, bevor sie es wirklich gut akzeptieren und sich an den Geschmack gewöhnt haben. Auch der Geruchssinn spielt eine große Rolle. Denn noch bis ins Erwachsenenalter (lebenslang) hinein sind solche Erinnerungen mittels Geruchssinn aktiv, und die Bereitschaft später im Erwachsenenalter eine Speise zu probieren, ist dadurch sehr gross. Somit nimmt die Geruchsprägung noch vor der Geschmacksprägung eine wesentliche Rolle ein. Die einmal erlernten Geschmacksmuster, in frühester Kindheit, werden treu bis ins Erwachsenenalter hinein beibehalten. Muttermilchersatzpulver bspw. enthält gewöhnlich den Aromastoff Vanillin. Das Münchner Sensorikunternehmen ASAP hat hierzu eine Versuch durchgeführt: 130 Jugendliche und Erwachsene erhielten zwei fast identische Proben Ketchup. Die Proben unterschieden sich in der Zugabe von Vanillin zu einer Ketchupflasche. Der vanillinhaltige Ketchup wurde von ehemaligen Flaschenkindern 4 mal so häufig bevorzugt, als von ehemals gestillten Personen. Eine neuere Studie ergab, dass Kinder, die häufig aromatisierte Fruchtjoghurts assen, sich so sehr an die Aromen gewöhnen, dass sie dann den im Testversuch selber angerührten Joghurt mit frischen Früchten, als Kunstprodukt zu identifizieren glaubten. Fazit: Das Aroma der echten Früchte war ihnen so fremd, dass sie die künstlichen, naturidentischen, natürlichen Aromen, jeweils als den Geschmack von "echtem Obst" abgespeichert hatten und künftig diesen "unechten" favorisieren. Wichtig zu wissen ist, dass bei der Appetitsteuerung viele Faktoren zusammenspielen. Eine ganz wichtige Rolle spielt auch die individuelle Verdauung der Speisen, die u.a. von der mikrobiologischen Darmbesiedelung abhängt. Jedes Kind hat seine Favoriten. Dieses Herauszufinden, ist schon mal was wert Dazu ist es wichtig, dass ein Kind ein möglichst breitgefächertes Repertoire hat, aus dem schöpfen kann. Das bedeutet, dass möglichst viel probiert werden sollte. Manchmal ist so eine Situation nicht der Essenstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant etc Die Verdauung ist individuell verschieden. Was dem einen gut bekommt, kann beim anderen zu Unwohlsein führen. Deswegen mögen viele Kinder Gemüse oft weniger gerne essen. Gemüse hat zwar Vitamine Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe aber bringt (im Vergleich zu Obst) keine Sättigung. Die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe sind manchmal schwerer verdaulich. Deshalb wird Gemüse oft akzeptiert, wenn es entsprechend zubereitet wurde, weil die Zubereitungsweise eine direkte Auswirkung auf die Verdauung/Verdaulichkeit hat. Mit viel Fett (z.B. Rahmspinat) werden Ballaststoffe verträglicher. Ketchup bspw. hat einen hohen Zuckeranteil. Die Säure wird abgemildert und Kalorien kommen hinzu. Erbsen haben von Natur aus einen leicht süßlichen Geschmack. Pizza ist auch fettreicher wegen dem Käse und Öl. Deswegen akzeptieren Kinder oft mit Gemüse belegte Pizza. Dein Sohn ist ja schon 3,5 Jahre. Da lässt sich doch schon manche Erziehungsmassnahme erfolgreich umsetzen. Du kannst mit deinem Sohn Kompromiss vereinbaren. Ein kategorisches "Nein" oder "bäh" akzeptierst du nicht mehr. So ein Verhalten kann sich nämlich verselbständigen und in Machtkämpfen enden. Vielleicht befragst du mal Frau Schuster, ob sie dir einen konkreten Tipp oder Vorschlag geben kann. Gruss Birgit eine kleine Zusatzinfo: Um Kindern eine Art Geschmackserziehung beizubringen, haben sich die sog. "Eurotoques" formiert. Sie haben sich zur Aufgabe gestellt, Kindern das Essen schmackhaft zu machen. Bei Interesse, folgender Link: http://www.eurotoques.de/index.php?id=9 Idee dabei sei es auch, dass Kinder differenzieren lernen, warum genau sie diese Speise nicht mögen. Ob es zu bitter sei, zu grün, zu scharf, zu salzig etc.


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