Leca
Liebe Frau Neumann, Ich habe 2 Kinder (3 und 6 Jahre). Bei uns gibt es täglich frisch gekochtes, vollwertiges Essen. Viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, 2 mal die Woche Fleisch. Ganz selten Fisch (ich habe eine Allergie). Meine Kinder rühren von dem Essen leider sehr wenig ab bzw essen nur Komponenten davon. Beide essen Karotte, Gurke, Paprika und Tomate roh. Gekochtes Gemüse überhaupt nicht. Sie essen nahezu alles Obst (auch roh). Ansonsten Nudeln, Kartoffeln, Brot, Wurst und die Kleine auch Frischkäse aus Ziegen oder Kuhmilch. Die Große isst leider nur Wurst als. Brotbelag. Morgens essen beide warmen Haferbrei oder Haferflocken mit Milch. Ist das genug was sie bekommen? Sie essen immer nur das gleiche und das seit Jahren. Wenn sie dürften würden sie Brezeln, weiße Semmeln, Nutella und Marmelade in sich rein stopfen und nichts an verlangen :-) Beide sind eher klein für ihr Alter, wachsen aber linear weiter. Zu trinken gibt es Wasser, Tee und fruchtschorlen. Vielen lieben Dank für Ihre Einschätzung. Leca
Hallo Leca Ein Frühstück mit Hafer ist auf jeden Fall ein guter Start in den Tag. Das Haferfrühstück ist vollgepackt mit Vitalstoffen und versorgt deine Kinder gut mit Allerlei wichtigen Nährstoffbausteinen. Studien haben gezeigt, dass Kinder durchaus auf ihre wöchentliche Ration Vitamine, Mineralstoffe und Co kommen, wenn sie sich ausgewogen ernähren können. Als Mutter ist es deine Aufgabe deinen Kinderrn gesundes und abwechslungsreiches Essen anzubieten. Deine Kinder dürfen und sollen sich aus diesem Angebot bedienen können. Du machst das nun auf jeden Fall schon gant richtig: es gibt frisch gekochtes Essen, wie du schreibst, ausgewogen und abwechslungsreich. Alle Kinder haben spezifische Vorlieben - und Abneigungen. Es gibt bestimmt einige Gerichte, die ihr alle mögt und Gerichte, die nicht von allen Familienmitgliedern gleichsam gemocht werden. Sicher fallen dir spontan ein paar Beispiele ein. Wenn du den Speiseplan deiner Kinder erweitern möchtest, solltest du dir ein paar Strategien überlegen, die deine Kinder dazu bringen Neues zu probieren. Denn nur wenn deine Beiden neue Speisen probieren, und das mehrere Male, werden sie neue Erfahrungen machen können und neue Leibspeisen kennen lernen. Die meisten Kinder (ca 75%) sind skeptisch wenn es darum geht, neue Speisen zu probieren. Bei manchen Kindern ist die sog. Neophobie stärker ausgeprägt als bei anderen. Normal ist sie aber auf jeden Fall, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Nur bei ca 25 % aller Kinder ist eine sehr stark ausgeprägte Neophobie sehr extrem und/oder eine Begleiterscheinung, gepaart mit anderen Auffälligkeiten. Manche Kinder sind ausser Haus mutiger und probieren ausser Haus häufiger neue Speisen. Andere Kinder sind mutiger beim Probieren, wenn sie in ihrem Alltagstrott Neues erlscmecken und erleben können - wenn die Situation ringsum vertraut ist. Manche Kinder probieren Neues gerne, wenn sie in Gruppen essen. Das ist besonders häufig bei KiTa/Kigakindern zu beobachten. Manche Kinder essen bei Oma oder Freunden alles mit. Kannst du deine Kinder hier bereits einordnen? Dann nutze die Gelegenheit, um deine Kinder mit neuen Speisen, mit neuen Aromen und Konsistenzen vertraut zu machen. Denn: der Appetit kommt mit dem Essen. Damit Kinder essen, müssen sie jedoch erst probieren. Alle Kinder dieser Welt haben eine Präferenz für Speisen mit den folgenden Merkmalen: süß, fettig, weich, mild gewürzt, bunt, kohlenhydratreich, klare Formen, u.a Merkmale Für Kinder haben Speisen mit den genannten Kriterien ein sog. gutes sensorisches Level Beispiele: Toastbrot = weich, tendentiell süßlich. Quetschie = süß, klare Form. Nudeln = weich, kohlenhydratreich. Alle typischen Kindergerichte stimmen mit diesen (und anderen) Eigenschaften überein. Kurz gesagt: Kinder präferieren diese Speisen. An diese Speisen sind sie sozusagen genetisch angepasst. Auch angepasst bzw durch die Mutter via Schwangerschaft und Stillzeit geprägt sind Kinder auch an den Geschmack von Speisen, die die Mutter in dieser Zeit sehr häufig konsumiert hat. Auf diese Weise werden Kinder in Geschmacksfragen kulturell vorgeprägt. Kinder müssen ihren Erfahrungsschatz in Geschmacksfragen jedoch stetig erweitern, sie müssen quasi lernen auch andere Aromen und Eigenschaften als die oben genannten (mit dem guten, perfekten sensorischen Level) zu akzeptieren. Dies lernen sie in dem sie eine neue Speise immer wieder in kleinen Probiermengen kosten und sich an den neuen Geschmack und weitere Eigenschaften der Speise gewöhnen. Sie müssen durch wiederholtes Probieren lernen andere Speisen zu mögen. Der Geschmack ist zunächst nur ein Kriterium zur Bewertung einer Speise. Erst wenn das Lebensmittel im Körper verdaut ist und den Körper nährt, kann das Kind (unbewusst) über Gefallen oder Nichtgefallen entscheiden. Wenn der Körper Gutes mit der verzehrten Speise erfährt, wächst der Appetit darauf, die Lust auf Wiederholung. Betrachte den gedeckten Esstisch als Abenteuerspielplatz, den es mit allen Sinnen zu entdecken gilt. Beim Essen lernen sind alle Sinne beteiligt: der Sehsinn, Riechsinn, Geschmackssinn, Tastsinn (Hände und Mundraum, Zunge), Hörsinn, Gleichgewichtssinn und: Emotionen Erst das Zusammenwirken all dieser Sinneseindrücke ergeben für dein Kind ein Ganzes. Dieses Zusammenwirken hat einen großen Einfluss auf das Essverhalten und die Akzeptanz von (neuen) Speisen i.A. Beziehe deine Kinder in die Essensplanung - und zubereitung mit ein. Lass sie den Tisch decken, hübsche Gebilde aus Rohkost auf die Teller zaubern. Der erste haptische Kontakt mit den Händen ist ein erstes Hallo sagen. Lass deine Kinder mit Essen "malen". Lass sie aus geraspeltem Kohlrabi und Möhren Blumen auf die Teller legen. Ein Schnittlauchstängel dazu - perfekt. Macht Essen und Nahrungszubereitung doch machmal zum Hauptthema eures Tages. Bereitet zusammen Kleinigkeiten zu. Das wiederholte Anfassen und lkreative Gestalten mit Lebensmitteln lässt die Neophobie schrumpfen. Es ebnet den Weg für neue Essexperimente, ist Geschmackstraining. Ob spielerisch und liebevoll oder eher streng und mit klaren Ansagen - jedes Kind braucht indivduelle, unterstützende Signale seitens der Eltern, um neue Speisen zu probieren. Kinder sollten nicht nur ihre Leibspeisen bekommen, sondern immer und immer wieder die Möglichkeit erhalten, um kulianrisches Neuland zu betreten. Dafür brauchen sie (liebevolle) emotionale Unterstützung. Kinder lernen essen, lernen auch Neues zu akzeptieren, indem sie ihre Mitwelt, Mitesser bei Tisch beobachten.Hier leistest du bereits einen großen Beitrag zur Ernährunsgerziehung. Das ist wunderbar. Aber: Kinder testen auch beim Essen gerne ihre Grenzen und ihre Möglichkeiten. Darum: finde die für dich/euch passende Strategien. Nur so kannst du in authentischer Weise, deine Beiden nonverbal dazu bekommen, ihren Geschmackshorizont zu erweitern. ch "zitiere" an dieser Stelle immer wieder gerne Herrn Jesper Juul: Er bezeichnet Erziehung als "Osmose", Erziehung ginge vielmehr durch die Haut. Mehr als durch Worte gesprochen zähle die Haltung, die innere Einstellung - all das nähmen die Kleinen viel stärker wahr als Worte. Das Vorleben steht bei ihm an erster Stelle - persönliche Maßstäbe und Überzeugungen - unausgesprochen - prägten seiner Ansicht nach, die Kinder am meisten. Also dann Grüße Birgit Neumann P.S. siehe auch hier: https://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=45659&suche1=juul&seite=1
Leca
Liebe Frau Neumann, Ich möchte mich ganz herzlich für die ausführliche Antwort bedanken! Das ist wirklich nicht selbstverständlich, dass sie sich so viel Zeit nehmen! Liebe Grüße
danke