Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

Ernährung für ein Kleinkind im Alter zwischen Baby und normalem Essen.

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

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Frage: Ernährung für ein Kleinkind im Alter zwischen Baby und normalem Essen.

Rudolf17

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Ab 1 nem Jahr alt sollen Kleinkinder ja schon normale Gerichte essen können. Aber wie ist es bis dahin nach dem Babyalter. Welche Gerichte und Ernährung sind da Empfehlenswert? Und wie weiß man wann das Kind soweit ist normal mit zu essen? Und kann man das auch sozusagen trainieren? Wie geht man da am besten vor? Danke :-)


Birgit Neumann

Birgit Neumann

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Hallo Rudolf17 hmm, deine Frage ist eher allgemein gehalten und ich weiß gar nicht richtig, wo ich anfangen soll. Ich versuche es mal so: Babys bekommen in den ersten 4 Lebensmonaten Milch. Ab dem 5. Lm und ab (spätestens) dem 7. Lm (nach 6. Lm) sollte man bei gesunden Babys mit Beikost beginnen. Die sog. Beikostreife ist ab diesem Zeitpunkt i.d.R. da. Beikost ist alles das, was keine Milch (Muttermilch oder Säuglingsmilch) ist. Ab dem 10. Lm machen Babys einen größeren Wachstumsschub und wollen ab diesem Zeitpunkt (spätestens) alles das haben, was andere essen. Sie greifen nach allem, was sie sehen und wollen es in den Mund nehmen. Manche Babys beginnen damit schon früh und manche Babys erst später. Um den Zeitpunkt des ersten Geburtstages herum wollen alle Babys Familienkost bzw selbständig (mit) essen. Das Saugbedürfnis lässt allmählich nach und sie wollen unbedingt auch selbständig essen. Viele Babys wollen nicht mehr gefüttert werden, obwohl sie es zuvor geliebt hatten. in dieser Zeit zwischen dem 10.-12. Lm gibt es somit als Nahrung: Milch, Beikost und Familienkost. Familienkost ist alles das, was die Familie isst und aufgrund der Zutaten, der Konsistenz, der Form, der Größe, Geschmack , u.a. für Babys und Kleinkinder geeignet ist. Es gibt nur ein paar wenige Dinge, die noch nicht geeignet sind.* Damit der Übergang von Milch und Brei /breifreien Speisen (= Beikost) hin zur Familienkost und weiterhin zu einer allgemeinen Kleinkindkost gut klappt, sind sanfte, langsame und allmähliche Übergänge gut und sinnvoll. Kleine Mengen sind für den Anfang zum Kennen lernen eines neuen Gerichtes, einer neuen Speise oder eines neuen Lebensmittels wunderbar und ausreichend. Beginne ab dem richtigen Zeitpunkt damit, dass ihr morgens bspw gemeinsam frühstückt. Brotstückchen (ohne Rinde) und weiche Obststückchen zum Beispiel. Lass dein Kind einfach von dir geeignete Dinge probieren. Das Probieren gibt deinem Kind Eindrücke und Erfahrungen. So könnt ihr bei jeder Mahlzeit weiter machen. Kleine Probierstückchen von der (geeigneten) Familienkost einfach in der richtigen Stückgröße zum Zugreifen anbieten. Es geht darum, dass ein Kind die prinzipielle Möglichkeit erhält, um Neues kennenzulernen. Dafür reicht es zunächst aus, wenn es immer wieder sieht was gegessen wird, und wenn es davon kleine Stücke probieren kann. Wenn es einen eigenen, kleinen Teller/Essmatte hat, um daraus zwanglos Verschiedenes, Geeignetes probieren zu können. Wenn es das Neue vorerst nur durch einen kleinen gustatorischen, also geschmacklichen Eindruck im Mund spürt, dann ist das schon ganz prima. Der Mund ist quasi eine Eintrittspforte für Essen. Im Mund wird das Essen geprüft. Geprüft hinsichtlich der wahrnehmbaren Eigenschaften. Geschmack, Mundgefühl, Temperatur,. Und zwar mit den Geschmacksknospen und dem Tastsinn im Mundraum - was gefällt, das wird auch geschluckt. Alle Kinder mögen eine weiche, samtige Textur. Sie mögen lauwarm und süß. Diese Speisen wie bspw ein Grießbrei oder Haferbrei sind darum eine ideale Kost für Essanfänger. Damit dein Kind aber auch lernt andere Konsistenzen und Aromen, andere Temperaturen, anderen Geschmack zu mögen und zu akzeptieren, sollte sie andere Speisen mit vielen weiteren Eigenschaften (fester, knuspriger, kalt, rauh) in den Mund nehmen können und bewerten. Bei Nichtgefallen wird die Speise ausgespuckt. Aber: beim nächsten Mal gefällt ihnen die Speise häufig schon viel besser. Bereits kleine Mengen von neuen Speisen sind für den Anfang ganz prima. Wenn du die Essfreude bei einem Kind kultivieren kannst, dann schaffst du die besten Vorraussetzungen, damit es langfristig zu einem unkomplizierten Menschlein heranwachsen kann Man darf und sollte ein Kind in dessen ureigenen Bedürfnissen so unterstützen und begleiten, dass es Essen mit positiven Eindrücken und Erlebnissen und Empfindungen in Zusammenhang bringen wird. Lass dein Kind unbedingt selbständig essen und es dabei viel Handkontakt mit den Speisen erleben. Der haptische Eindruck verschafft deinem Kind einen ersten bzw zweiten, dritten Eindruck (optisch, geruchlich) einer Speise und gibt deinem Kind damit wichtige Impulse zum Handeln. Essen lernen erfordert viel Einfühlungsvermögen seitens euch Eltern. Vom Kind wiederum wird "Anpassung" verlangt. Und das klappt nonverbal besonders gut. Kinder ahmen einfach nach. Sie tun das ganz automatisch. Es ist ihr Weg, die Welt zu begreifen. Bevor das Essen aber in den Mund wandert, wird esvielleicht verschiedene Prüfstationen durchlaufen. Dafür ist das Anfassen mit den Händen zunächst sehr hilfreich. Setze also ruhig auf das Erlebnis ESSEN. Biete Geschmack, biete verschiedene Konsistenzen, biete gemeinsame Esserlebnisse. Mach den Esstisch zum Abenteuerspielplatz für alle Sinne. Biete alle Speisen so an, dass dein Kind diese gut und gefahrenfrei kauen und schlucken kann. Je Mehr Gefallen dein Kind an den neuen Speisen findet und diese isst, desto größer werden die Mengen. Je größer die Essmengen desto weniger Milch. Je weniger Milch (aus Gewohnheit), desto größer die Essmengen, wenn gefällt. Schau, wie sich die Dinger bei deinem Kind entwickeln und fordere es ohne zu überfordern. Hast du noch Fragen? Dann meld dich einfach wieder. Grüße Birgit N. * Es gibt ein paar wenige Punkte, die du noch ganz besonders beachten solltest. bspw kein roher unerhitzter Honig vor dem 1. Geburtstag, keinen Alkohol, keinen Kaffee und Co, und keine harten (kleinen) Sachen/Stücke. Man spricht von einer "verantwortungsbewussten Nahrungsauswahl!" Sicherheit ist immer oberstes Gebot. Sei sparsam mit Salz und Zucker. Komplett meiden musst du es im Rahmen der Familienkost aber nicht. Dein Baby bekommt dadurch ggf mehr Durst. Verwende Salz sparsam und würze euer Familienessen für euch Elten ggf nach. Dein Kind sollte alle angebotenen Speisen gut und gefahrenfrei kauen und schlucken können. Die Kost sollte weitestgehend frisch und lecker sein. Die Kost sollte in der richtigen Portionsgröße angeboten werden. zu meiden sind AUCH bezüglich möglicher Keimbelastungen heikle LM (so wie du es sicher noch aus den Empfehlungen der Schwangerschaft kennst - bspw nicht durchgegartes Ei, rohen Fisch/Sushi, rohes Fleisch/Mett, Rohwurstsorten, Rohmilch(käse) etc auch nicht geeignet sind: Fertigprodukte (da zu salzhaltig, zu viel Zucker, sonstige Inhaltsstoffe, Aromen, Vitamine und Co): in großen Mengen eher meiden - probieren aber erlaubt Keine harten LM, kleine kleinen runden LM (bspw Nüsse, Nussstückchen, Saaten, Kerne, rohes Apfel rohe Möhre, ganze Erbsen (diese einfach plattdrücken), keine ganzen Johannisbeeren/Heidelbeeren (einfach platt drücken), keine sog. prall elastischen Lebensmittel wie bspw die Johannisbeeren im Ganzen - wegen der Aspirationsgefahr. Meide scharfe LM/Gewürze - das kann deinem Baby/Kind Schmerzen beim Essen verursachen und zu Ablehnung führen. Meide größere Mengen an stark quellenden LM (bspw größere Mengen Leinsamen oder Chiasamen) - damit sie im Darm nicht zu stark aufquellen und die Verdauung beeinträchtigen, kleine Mengen aber okay. Zu vermeiden sind auch: ganze Salatblätter und Co sowie Haut und Schale von manchen unzerkleinerten Früchten/Gemüse - weil das einfach beim Kauen und Schlucken ggf Probleme verursachen könnte. Wenn stark zerkleinert (Mixer, wie in Smoothies oder Suppen, Sossen), dann natürlich unproblematisch. Für die Vollständigkeit: !!! Achtung: niemals(!!!) harte Lebensmittel wie rohe Apfel/Möhrenstücke, trockene ungekochte Nudeln, Gummibärchen, Nüsse, Kerne, Saaten etc etc geben. schau ggf noch hier rein. https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Familienkost-Gemuese-und-Co_52235.htm P.S. Ab etwa dem 10.Lm beginnt eine Phase, in der die meisten Babys ihre Essgewohnheiten verändern und das Interesse an Brei und Milch abnimmt, das Interesse an stückigem Essen, am selbständigen Essen und allgemein das Interesse an Familienkost zunimmt. Genau dies markiert den Zeitpunkt, ab dem ein Baby einen wirklich großen Wachstumsfortschritt vollzogen hat. Das heißt, Babys wachsen in ihren ersten Lebensmonaten sehr schnell. Nicht nur das Längenwachstum geht sehr schnell, sondern die gesamte Entwicklung und Gewichtszunahme, wozu auch das Anlegen von "Fettreserven" zählt. Das erfordert die Aufnahme großer Kalorienmengen - Babys brauchen und trinken darum viel Milch und ab individueller Beikostreife schließlich auch noch kalorienreiche Beikost. Das Gewicht verdreifacht sich bis zum 1. Geburtstag und ab dann geht es sehr viel langsamer voran. Mit etwa 10 Lm verläuft die Gewichtszunahme nun weniger schnell, da die anfängliche, sehr schnelle Wachstumsphase nun vorbei ist. Das Saugbedürfnis lässt nach, das Gebiss will jetzt benutzt werden und ein Baby will selbständiger handeln. Ab dem 10. Lm sind Babys schon sehr viel robuster, auch im Verdauungssystem. Wenn du bemerkst, dass dein etwa 10 Monate altes Baby vermehrt nach Essen greift und nicht mehr Gefüttertwerden will, dann ist es definitiv Zeit, um vermehrt stückige Kost zum selbständigen Essen und Kauen und auch angepasste/adaptierte (Größe, Würzung, Konsistenz, ...) Familienkost anzubieten.


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