Überängstlichkeit bei Kleinkindern

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Überängstlichkeit bei Kleinkindern

Guten Morgen Herr Dr. med. Nohr! Meine Tochter ist nun 17 Monate alt. Seit einigen Wochen fällt uns nun schon auf, dass sie übertrieben ängstlich geworden ist. Grundsätzlich ist sie ein sehr neugieriges Kind und findet vor allem Tiere sehr interessant. Auf der anderen Seite besteht dieses Interesse nur aus der Ferne. Sobald ein Tier (egal ob Hamster, Hund, Katze, Kuh, ...) sich ihr nähert oder man mit ihr auf dem Arm näher als 2m dorthin geht, bekommt sie direkt Panik und möchte schnellstmöglich weg. Über Tiere hinaus erstreckt sich diese Angst auch auf Menschen (außer den Großeltern) und Geräusche. Sobald sie von einem Erwachsenen direkt angesprochen wird, fängt sie bitterlich an zu weinen und möchte direkt weg. Bei Geräuschen kann dieses noch so leise sein. Manchmal ist es nur das Klopfen an unserer Haustür und schon läuft sie ins Wohnzimmer. Wir haben es bereits mit Rescue Globulis versucht, die uns von einer Heilpraktikerin empfohlen wurden. Doch auch nach 2 Wochen (2x2 Globulis täglich) wird es nicht besser. Natürlich ist uns klar, dass manche Kinder ängstlicher sind als andere. Aber diese Angst bei unserer Tochter empfinden wir als nicht mehr natürlich. Können Sie uns hier weiterhelfen? Bei der Kinderärztin kommen wir leider nicht weiter. Vielen Dank!

von dance0404 am 10.08.2020, 07:04



Antwort auf: Überängstlichkeit bei Kleinkindern

Hallo, Kleinkinder entdecken die Welt auf ihre Weise, je nach Entwicklung der Sinneswahrnehmung und der alterstypischen Möglichkeit zur Integration der Erfahrungen. Dabei muß man realisieren, dass sie sich den meisten Gegenheiten noch ausgesetzt erleben und die eigene Fähigkeit, Situationen und Kontakte zu gestalten, noch recht gering ist. Wenn es dann noch unangenehme Erfahrungen gab (die man als Eltern nicht registriert haben muß), kann es zu solchen Ängsten vor noch "unklaren" Wahrnehmungen und Kontakten kommen. Das ist nicht ungewöhnlich und muß Ihnen auch keine besonderen Sorgen machen, wenn Sie bereit sind, diese Phase gemeinsam zu überstehen. Wichtig ist, diese Ängste als vorhanden anzuerkennen und nicht zu versuchen, sie wegzureden. Worte helfen da wenig. Was Sie tun können und sollten ist, immer wieder an die Grenze gehen (und nicht darüber). Nähern Sie sich mit Ihrem Kind der "Gefahr" bis Ihre Tochter deutlich macht, dass näher nicht geht. Das reicht erstmal. Mit der Zeit, und wenn Ihre Tochter spürt und glaubt, dass Sie keine Hau-Ruck-Therapie machen wollen, sondern sie verstehen und schützen; wird sich die Grenze schrittweise erweitern. Akzeptieren, Grenzen beachten und sich einfühlend verhalten. Nur über die eigene Erfahrung, die Ihr Kind unter Ihrem Schutz machen kann, werden die Ängste abnehmen können. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 10.08.2020