Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Langeweile

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Langeweile

Rattenpack

Ich hielt mein Kind immer für ein recht ausgeglichen. Er ist ein kleiner Nerd, der Bücher liebt, gern Puzzle legt und fantasievoll spielt. Er kann sich hervorragend allein oder mit anderen Kindern beschäftigen. Aber er braucht ständig Input - und holt sich den auch selbstständig. Beim Vorlesen z.B. macht er immer noch etwas Stilles nebenbei, z.B. Lego oder seine Puppen umziehen. Wenn ich ihm dazu keine Möglichkeit gebe, werden es Kopfstände und Purzelbäume. Aktuell habe ich große Angst, wie das in der Schule laufen soll, denn die Probeunterrichtsstunden waren eine Katastrophe. Die Lehrerin erklärt etwas, er begreift sofort, was gefordert wird und erledigt die Aufgabe. Er ist fertig, während die meisten noch nicht mal begonnen haben - und langweilt sich. Beim Zusehen im Unterricht sitzt er 15 Sekunden, will dann alles im Raum anschauen, mit den Sachen spielen, die Schulkinder ansprechen. Oder langweilt sich. Er beginnt dann sofort, massiv zu stören, am Boden rumzukullern, zu blödeln, Geräusche zu machen. Auf alle Aufforderungen, bitte noch kurz still zu sein, provoziert er bloß noch mehr. Wir mussten die Stunden abbrechen, weil er die anderen so gestört hat. Was macht man da? Ich habe Angst, dass mein Kind nach wenigen Schultagen bereits seinen Ruf als Störenfried weg haben wird. Alternative Schulen gibt es leider nicht. Vielen Dank für eine Einschätzung


Hallo, ich merke bei Ihrer Frage wie es mir Leid tut, dass diese lebhaften und neugierigen Kinder in unserem Schulsystem so eingeschränkt werden. Wie war das denn im Kindergarten? Konnte er da ausreichend konzentriert und focussiert bleiben? Eigentlich wäre er tatsächlich in einer alternativen Schule (kleinere Klassen, andere Schwerpunkte) besser aufgehoben. Wenn es da gar keine Möglichkeiten gibt muß er es versuchen. Vielleicht versuchen Sie vorher mit ihm zu erarbeiten, welche Regeln es da gibt und auch im häuslichen Bereich seine Focussierung zu verbessern. Und dann muß man die entstehende Situation mit den zuständigen Leuten (Lehrerin, Eltern) besprechen. Ist ja auch eine Aufgabe von Pädagogen da Lösungen zu finden, aber meist sind die bei den Klassengrößen ziemlich überfordert. Es muß aber auch nicht so schief laufen. Es ist gut möglich, dass Klasse, LehrerIn und er gut passt und er einen ausreichenden Raum findet. Versuchen Sie es optimistisch, auch das hilft. Mehr weiß ich im Moment leider auch nicht. Aber fragen Sie ruhig in konkreten Situationen nach. Dr.Ludger Nohr


Rattenpack

Danke für Ihre mitfühlenden Worte. Tatsächlich ist das Kind an sich wirklich kein schwieriges - man kann in allen Situationen wunderbar mit ihm auskommen. Aber in den recht festen Strukturen der Schule wird er anecken. Die Erzieherinnen werde ich in jedem Fall um Rat bitten. Bisher gab es seitens des Kindergartens nie Grund zur Klage, er gilt als sehr unkompliziert. Die Kinder haben dort aber auch sehr viele Freiheiten, da es ein offenes Konzept ist. Da ist es erlaubt und gewünscht, nach Beendigung einer Aufgabe aufzuräumen und dann ein frei gewähltes Spiel zu beginnen.


Dann sind die Chancen auch gut, dass er nach einiger Zeit in der Lage ist, die neue Situation zu adaptieren und Wege zu finden. Gehen Sie es ruhig optimistisch an. Dr.Ludger Nohr


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