Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Kind (26 Mo.) will getragen werden statt zu gehen

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

zur Vita

Frage: Kind (26 Mo.) will getragen werden statt zu gehen

Storyx

Beitrag melden

Guten Tag Frau Henkes, meine Tochter (26 Monate) steckt mitten in der Autonomiephase. Sie rebelliert seit einiger Zeit gegen viele Dinge des Alltags, am schwierigsten zu handhaben ist aber, dass sie sich meistens weigert zu gehen. Wenn sie möchte, kann sie ganz problemlos laufen und Treppen steigen, aber in der Regel möchte sie seit Monaten einfach getragen werden. Zwischendurch ist das ja kein Problem, aber ich würde mir schon wünschen, dass sie wenigstens den kurzen Weg vom Parkplatz zum Haus geht (nur einige Meter) oder die Treppen in unserem Haus. Bei längeren Strecken bieten wir sowieso den Buggy an. Sie fordert aber fast durchgehend auch bei ganz kurzen Wegen, getragen zu werden und wenn man dem nicht nachkommt, setzt sie sich hin und brüllt. Mein Freund und ich haben schon viel versucht. Gesagt, dass sie bis Punkt X laufen soll und sie den Rest des Wegs getragen wird, versucht sie zu motivieren, indem wir sie z.B. beim Nachhauseweg daran erinnert haben, was wir gleich spielen werden, angeboten, sie ein bisschen zu tragen, wenn wir am Ziel sind etc. Der Kompromiss, sie einen Teil des Wegs zu tragen, wenn sie den anderen Weg geht, funktionierte eine Weile, mittlerweile nicht mehr. Alle anderen Strategien hatten auch keinen Erfolg. Auch nicht der Appell daran, dass sie doch kein Baby mehr ist, sondern doch schon selbst laufen kann. Das verfängt bei ihr nicht, sie sagt dann "XY Baby sein" und ist zufrieden damit. Letztlich bleibt sie einfach so lange auf dem Boden sitzen, bis wir einfach nicht mehr warten können und sie dann zähneknirschend doch tragen. Und wir haben schon lange gewartet, ich habe mich auch schon einmal 30 Minuten neben sie auf den Parkplatz gesetzt. Sie bleibt einfach stur, teilweise schreit sie, bis man sie trägt, teilweise beruhigt sie sich wieder, ist aber trotzdem nicht bereit zu gehen. Mitunter findet sie die Situation sogar lustig.  Auf dem Parkplatz ist es natürlich keine Option, schon einmal vorzugehen und sie alleine sitzen zu lassen. Ich habe nur einmal vorgegeben zu gehen, aber das hat auch nichts geändert. Im Treppenhaus könnten wir sie schon einmal alleine lassen, aber ich habe Sorge, dass sie sich alleingelassen fühlt und sie an Vertrauen uns gegenüber verliert. Wie schätzen Sie diese Gefahr ein? Oder ist es vielleicht am sinnvollsten sie zwar immer wieder zum Gehen zu motivieren, sie aber auch einfach zu tragen, wenn sie dies fordert, im Vertrauen darauf, dass sie mit der Zeit schon selber gehen wollen wird? Vielleicht würde das Getragenwerden an Reiz verlieren, wenn es für sie kein Thema mehr wäre, bei dem sie proben könnte, ob sie ihren Kopf durchsetzen kann? Andererseits befürchten wir aber, dass sie dann auf längere Sicht erst recht nicht gehen will, wenn sie es gewohnt ist, immer ganz selbstverständlich getragen zu werden. Ich bin gespannt auf Ihre Einschätzung, danke!


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Beitrag melden

Guten Tag, Ihre Tochter ist in der Trotzphase, in der Kinder ihren Willen erproben und gegen die Eltern behaupten wollen. Das ist eine wichtige Erfahrung, die Kindern zum Gefühl von Selbstwirksamkeit und zunehmender Autonomie verhilft. Für Eltern kann diese Entwicklungsphase sehr anstrengend sein. Ihre Tochter hat sich mit dem Nicht-Laufen-Wollen scheinbare Macht verschafft, denn sie "sitzt hier am längeren Hebel". Sie können Sie auf einem Parkplatz oder im Treppenhaus nicht sitzen lassen, weil das zu gefährlich ist. Da das überreden auch nicht hilft, können Sie es mit einer paradoxen Intervention versuchen. Tragen Sie sie eine Weile immer, wenn Sie das  Auto verlassen, auch wenn sie das gar nicht fordert. Sie müssen sich keinen Sorgen machen, dass Ihre Tochter dann später nicht mehr laufen möchte. Kinder wollen selbständig werden. Wenn Ihre Tochter merkt, dass Sie in diesen Situationen keinen Machtkampf beginnen kann, wird sie das Hinsetzen aufgeben. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Tochter (3J,4M), ich 33.SSW+BV, vorher Vollzeit berufstätig, Papa Vollzeit berufstätig (Schicht). Betreuung nur durch Mama u. Papa. Tagsüber wird Papa voll akzeptiert, aber beim zu Bett gehen nur ich. Wir wollten versuchen, To. abwechselnd von mir u. Papa ins Bett bringen, aber wenn Papa dran ist, dann weint sie ganz heftig, weil sie mich ja soo l ...

Sehr geehrter Herr Dr. Posth, als bisher stille Mitleserin schätze ich Ihre Meinung sehr und möchte mich daher heute selber mit einer Frage an Sie wenden: Mein kleiner Sohn, nun fast 17 Monate alt, wäre durchaus schon in der Lage, einige Meter frei zu laufen. Manchmal gelingt es mir auch, ihn so frei laufend in meine Arme zu locken, meist jedoch mö ...

Lieber Dr. Posth, unser Sohn (gerade 4 geworden) war schon immer anäenglich, hochsensibel,es dauerte lang, bis er alleine in den Kiga ging. Nach 3 super Monaten, wo er auch mit anderenKindern spielte, gerne hinging, ist er wieder total zurueck gefallen,aber es ist laut Lehrerin nichts vorgefallen. Er hängt wieder sehr an mir, will nicht in den Kiga ...

L.H.Dr. Posth,vielen Dank f. Antwort letzte Woche. http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/Krippenbeginn-aeltester-u-groesster-muss-das-jetzt-koennen-Alle-anderen-koennen_52282.htm Leider habe ich mich missverständlich ausgedrückt.Entschuldigung.Erwarte keineswegs dass er Toil.drang beherrschen muss.Krippe übt Druck: sie sagen:muss das lernen, was ...

Tochter, 22 Mt.,wird zu Hause forumsgem. betreut. Achte sehr auf: nicht schlagen / wegnehmen. In Krabbelgruppe aber Kita Kinder: da wird geschlagen, weggenommen u.s.w., was das Zeug hält. (In der CH ist es normal, dass man sehr früh (Mutterschaftsurl.: 3 Mt.) in die Kita geht.) Ich sage Tochter bspw. immer: warte bis Spielzeug frei, sie gehorcht, d ...

Sehr geehrter Hr. Posth, Sohn (3,3) wird in KiGa seiner Schwester (5) eingewöhnt, gleiche Gruppe, 25 Kinder, 2 Erzieherinnen, 2 U3 Kinder. Am ersten Tag sollte ich bereits gehen, liess sich nicht beruhigen. Jetzt bin ich auf meinen Wunsch seit 3 Wochen mit im Raum. Sohn hat inzw. Freunde gefunden, spielt völlig frei, mag Erz., redet mit ihnen, ha ...

Guten Tag Dr. Posth,Sohn 39 M, Eingew seit 4 Wo. Sanfte Eingew mit BezErz lt. Konz. 1. Tag dabei, 2. Tag für 1 Std gegangen, 3. Tag für 2 Std, am 4. Tag (Freit) Bringen/Holen (3 1/2 Std), alles nach Absprache u ohne Tränen, nicht aus Überzeug sond. auf Druck der Erz. Montg totaler Rückschritt. Durfte nicht gehen, er wollte nichts mitmachen, war geg ...

Guten Tag Frau Henkes, ich hoffe Sie können mir etwas weiterhelfen. Wir sind seit 2020 Sterneneltern und circa ein Jahr später kam dann unser Regenbogenbaby zur Welt. Aktuell ist unser Sohn 2,5 Jahre alt. Vor ein paar Tagen wurde ich gefragt ob ich denn mit unserem Sohn auch zum Friedhof zu dem Sammelgrab von unserem Sternenkind gehe. Bisher da ...

Hallo Frau Henkes,  ich hane bereits bzgl der anfangs schwierigen Eingewöhnung unseres Sohnes geschrieben.  Er ist 29 Monate alt. Lange hat er nicht gesproschen, was er nun in 3.5 Monaten aber gut aufgeholt hat mit einem immensen aktiven / passiven Wortschatz. Er ist kognitiv fit, kann beim spielen mit seiner Schwester und ihren Freunden (4- ...

Sehr geehrte Frau Henkes! Mein 7jähriger Sohn, der an sich gut entwickelt ist, ein guter Schüler und hat viele Freunde, schafft es oft nicht rechtzeitig aufs WC. Eigentlich nur tagsüber, nachts funktioniert es ganz gut. Er verliert dann tröpfchenweise Harn und geht erst aufs WC wenn sich bereits ein nasser Fleck auf der Hose abzeichnet. Oft geh ...