Jano
Sehr geehrter Dr. Nohr, wir haben 2 Söhne (5 Jahre und 15 Monate) und der große Bruder liebt den Kleinen abgöttisch. Er war nie eifersüchtig und wir hatten diesbezüglich bisher keine Probleme ABER der Kleine scheint ihn teilweise abzulehnen. Ich hatte die Vorstellung, dass der Kleine den Großen anhimmeln würde und ihm ständig hinterher wäre...das hört und liest man ja auch überall. Bei uns ist es eher andersherum. Während wir Eltern von ihm ständig bekuschelt werden und auch gerne mal ein Küsschen bekommen, sagt er zum großen Bruder deutlich "nein", wenn dieser ihm zu nahe kommt. Der Große möchte mit ihm toben und spielen und der Kleine möchte das nur selten. Er schiebt ihn weg und meckert dann. Er kann es auch nicht haben, wenn der Große bei mir auf dem Schoß sitzt o.ä. Der Große ist dann verständlicherweise sehr traurig und ich ehrlich gesagt auch. Da haben wir die komfortable Situation, dass das Geschwisterkind so problemlos akzeptiert wurde aber der Kleine spielt nicht mit. Ist das noch ein normales Verhalten oder lässt es evtl. bereits Rückschlüsse auf die Geschwisterbeziehung zu? Können die beiden noch eine innige Geschwisterbeziehung entwickeln? Herzliche Grüße und vielen Dank, Jano
Dr. med. Ludger Nohr
Hallo, wie eine Geschwisterbeziehung ist, lässt sich nur zum Teil aus dem äußeren Verhalten ableiten. So kennen wir bei Kindern, die ihre jüngeren Geschwister immer nur herzen und kuscheln, dass das auch eine verdeckende Verhaltensweise sein kann. Ich halte es deshalb für gar nicht schlecht, wenn die Geschwister Beides miteinander haben können, Freude und Ärger/Abgrenzung. Der Große wird mit seinen Gefühlen auch schon vorsichtiger umgehen als der Kleine, der seine jeweiligen Emotionen eher ungebremst zeigt. Beide werden lernen müssen, wo sie sich brauchen oder den Kontakt wollen und wo nicht, und was Abgrenzung für Konsequenzen usw. hat. Sie sollten (und können) die Kinder nicht zu Gemeinsamkeiten zwingen. Was Sie aber tun können ist, in Ihrem Verhalten sichtbar machen, dass beide ihren Platz in der Familie haben, beide geliebt werden und Bevorzugung vermieden wird. Beide haben verschiedene Rollen in der Familie, was sichtbar sein darf und auch Auswirkungen hat (so darf der Große schon länger aufbleiben, der Kleine hat mehr Pflegezeit usw.). Gut wäre auch, wenn der Große genügend gleichaltrige Kontakte hat, b.Bed. auch zu Hause. Geschwisterbeziehung ist, wie Sie aus den familiären Beispielen schon sehen, eine lebenslange und nicht unkomplizierte Geschichte. Und es ist gar nicht einfach für Eltern, hilfreich damit umzugehen. Viel Erfolg dabei. Dr.Ludger Nohr
Jano
Vielleicht noch als Ergänzung und zur Einordnung, weshalb ich mir solche Sorgen mache: Mein Mann hat zu seiner (älteren) Schwester keine gute Beziehung. Ständig hatte sie das Gefühl, zu kurz zu kommen und buhlt noch heute sehr um die Gunst der Eltern. Meine Schwiegermutter meint, dass das schon immer der Fall war und dass auch sie sehr darunter gelitten hat. Dieser Neid in Geschwisterbeziehungen ist mir völlig fremd, da meine Schwester und ich ein sehr gutes Verhältnis haben. Können wir Eltern noch etwas tun, um die Situation zu verbessern?