Frage: Einjähriges Kind

Guten Tag, ich bin die Hauptbezugsperson von meinem Kind (1 Jahr), da ich momentan den ganzen Tag bei ihm bin und mein Mann arbeitet. Möchte ich das Kind abends meinem Mann abgeben um Haushaltssachen zu erledigen, so wehrt es sich, möchte nicht zu ihm und weint. Mir tut das sehr weh. Wie kann ich meinem Kind in der Situation helfen? Eine weitere Frage: Seit kurzer Zeit möchte mein Kind nicht mehr in den Hochstuhl. Es stemmt sich mit aller Kraft dagegen und schreit. Mit Gewalt möchte ich mein Kind natürlich nicht in den Stuhl zwängen und Ablenkung bringt auch nichts. Trotzdem wäre es angenehmer für mich, wenn mein Kind beim Essen im Hochstuhl wäre. Wie soll ich mit dieser Situation umgehen? Eine letzte Frage: Mein Kind schläft noch nicht in seinem eigenen Bett. In der Nacht schläft es bei mir im Bett. Dort ist zu beobachten, dass er ständig meinen Körperkontakt sucht. Beine auf meinem Bauch, Abtasten meines Gesichtes. Mich stört das natürlich nicht, ich genieße die Zeit mit ihm. Auch tagsüber schläft es nur auf mir. Meine Frage ist nun, tue ich meinem Kind damit etwas Gutes oder müsste ich es langsam etwas von mir entfernen, damit es selbstbewusster wird? Ich möchte ihm natürlich so viel Liebe als möglich geben und da ich noch über längere Zeit nicht arbeiten werde, habe ich damit kein Problem. Danke für Ihre Antworten!

von Regen100 am 10.01.2022, 14:54



Antwort auf: Einjähriges Kind

Guten Tag, Sie schreiben es ja bereits. Sie sind derzeit die Hauptbezugsperson, weil Sie die meiste Zeit mit Ihrem Sohn verbringen. Dadurch hat er auch an Sie die engste Bindung. Das merken Sie auch nachts, wenn er den engen Körperkontakt sucht. Für Ihren Sohn ist das gut und fördert sein Sichheitsgefühl und das Urvertrauen. Es kann (und soll) aber auf Dauer nicht so bleiben. Mit zunehmendem Alter und fortschreitenden Bewegungsmöglichkeiten wird Ihr Sohn Interessen entwickeln, die von Ihnen wegführen (und noch lange auch wieder zurück). Allmählich wird es dann auch Zeit, die Bedürfnisse von Kind und Eltern immer wieder neu auszutarieren. Dann dürfen nach der anstrengenden Kleinkinderzeit auch Ihre Bedürfnisse wieder mehr Raum einnehmen und Ihr Sohn kann dann auch lernen sich dem mehr anzupassen. Das sollte schriitweise und ganz allmählich geschehen. Um die Beziehung zum Vater zu fördern, ist es hilfreich, ihm den Sohn nicht abends zu übergeben, sondern gemeinsam etwas zu machen. Das können die üblichen Spiele auf dem Boden sein, nichts Besonderes. So lernt Ihr Sohn den Vater besser kennen und merkt, dass auch Sie gerne etwas mit dem Vater machen. Später wird dann der Vater eine eigene Ebene mit dem Sohn finden, wo die beiden Ihre Männersachen erledigen. Beim Schlafverhalten können Sie ebenfalls in kleinen Schritten vorgehen. So könnte Ihr Sohn tagsüber erstmal neben statt auf Ihnen schlafen. Das können Sie immer wieder probieren und zum Vertrauten zurückkehren, wenn er etwas Neues noch nicht toleriert. Auch Einjährige fangen bereits an, ihren Willen zu erproben und ihre (kleine) Macht einzusetzen. Auch hier empfiehlt sich behutsames Vorgehen, mit dem Ihr Sohn allmählich lernen kann, dass Essen an den Hochstuhl gekoppelt ist. Selbstbewusstsein entwickelt sich allmählich auf der Grundlage der vielen guten Erfahrungen von Bedürfnisbefriedigung und Angenommensein in den ersten Lebensjahren. In diesem Zusammenhang bedeutet "Liebe geben" auch, dass man mit den sich wandelnden Bedürfnissen des Kindes mitgeht und das eigene Verhalten damit abstimmt. Das heißt nicht, dem kindlichen Willen immer nachzugeben. Es bedeutet vielmehr, dem Kind aktuell das Beziehungsangebot zu machen, das ihm bei der Entwicklung hilft. Manchmal ist das dann später auch ein "nein". Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 10.01.2022